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Martha soll trotz ihrer Differenzen ihren todkranken Vater zur Sterbehilfe in die Schweiz bringen. Wenn die beste Freundin mit dabei ist, könnte das eine erträgliche Reise werden. Und ganz nebenbei bringt das infernalische Trio noch einen Italien-Urlaub unter. Doch kann man unter der betonten Lässigkeit südlicher Sonne alle seine Lebensfragen klären?

Töchter (2021)

Eine Filmkritik von Melanie Hoffmann

Aber die Aussicht stimmt!

Martha (Alexandra Maria Lara) hatte noch nie ein besonders gutes Verhältnis zu ihrem Vater Kurt (Josef Bierbichler). Nun aber ist er sehr krank – so krank, dass er sich zur Inanspruchnahme von Sterbehilfe in der Schweiz entschieden hat. Und ausgerechnet Martha soll ihn dorthin fahren.

Die gesamte Idee widerstrebt ihr sichtlich. Dass Kurt sich umbringen lassen will, auch noch in der Schweiz und sie obendrein als Komplizin. Dabei möchte sie gar nicht mehr Auto fahren – seit einem Unfall verfolgt sie da ein gewisses Trauma. Nun, sie hat ja noch ihre beste Freundin Betty (Birgit Minichmayr)… die hat Zeit und kann Auto fahren und für diesen Trip scheint sie genau die Richtige. Kaum aus der Stadt, merken die beiden, was sie sich da aufgebürdet haben – oder vielmehr, was Kurt ihnen da zugemutet hat. Schnell kommen die ersten Wortgefechte auf und der Zuschauer begreift, wieso es bei Martha und Kurt nie so recht mit der Vater-Tochter-Chemie klappen wollte. Bei der ersten längeren Pause überlegt sich Kurt noch dazu, dass ein Abstecher zum Lago Maggiore doch eine schöne Idee wäre. Sterben kann er ja nächste Woche auch noch.

Nachdem Kurt zufrieden am Lago Maggiore angekommen ist, packt auch die beiden Freundinnen ein gewisser Freiheitsdrang. Betty erinnert sich an den einen Stiefvater, den ihre Mutter niemals in den Wind hätte schlagen dürfen. Wenn man schonmal in Norditalien ist, könnte man ja auch einen Abstecher an dessen Grab im Süden Italiens machen. Gesagt, getan! Eine leichte Erinnerung an Thelma & Louise lodert in den Augen der beiden als sie sich aus dem Staub machen.

Lucy Fricke schrieb vor drei Jahren den gleichnamigen Roman und bekam dafür viel Lob. Die Ausgangssituation ist durchaus eine gute Idee und ein literarischer Roadtrip muss natürlich auch zum Roadmovie werden. Doch bei der Verfilmung ging leider so einiges schief. Insbesondere das Timing ist nicht so sicher, wie es bei den messerscharfen Dialogen sein müsste und bedauerlicherweise sind beinahe alle gelungenen Gags bereits im Trailer verarbeitet. Das sommerliche Roadmovie verzettelt sich in allzu vielen großen Problemen und findet nicht zur Lässigkeit zurück.

Auch wenn man auf der einen Seite etwas mehr Straffung erhofft, so ist auf der anderen Seite jedoch die Figurenentwicklung einfach zu sprunghaft. Die von Alexandra Maria Lara verkörperte Martha wirkt mitunter geradezu erratisch bis manisch. Erklärt wird das leider gar nicht und diese Sprunghaftigkeit trägt auch nur wenig zur Handlung bei. Eine Menge offene Baustellen wie ihre beinahe langweilig perfekte Ehe, die sich nicht erfüllende Familienplanung und ihr Job werden angesprochen, aber nichts folgt daraus. Birgit Minichmayr in der Rolle von Betty wirkt ebenfalls etwas seltsam, was wenigstens nach einer Weile mit entsprechendem Medikamentenkonsum erklärt wird. Die Rolle von Kurt ist stoisch und prollig angelegt und gibt dem versierten Josef Bierbichler damit eigentlich schon zu wenig Raum um sein Können auszuspielen.

Der rote Faden ist, dass je schlechter die allgemeine Stimmung ist, umso herrlicher die Landschaft wird. Das fällt sogar den Filmfiguren auf: „Hauptsache, die Aussicht stimmt!“ Sonnendurchflutete Räume, herrliche Szenerien, leichter Weichzeichner – als hätte man den Bildgestalter bei Til Schweiger ins Praktikum geschickt.

Insgesamt schafft es die Tragikomödie dennoch, leidlich zu unterhalten. Bleibt allerdings mit der schwachen Figurenentwicklung und den allzu schnell dargebotenen Lösungen nur knapp über dem Niveau von durchschnittlichen Fernsehfilmchen. Die Urlaubskulissen sorgen hier noch für einen Rest Traumschiff-Feeling.

Töchter (2021)

Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Lucy Fricke erzählt „Töchter“ von zwei Freundinnen, die sich auf die Reise mit dem sterbenskranken Vater der einen in die Schweiz machen, die sie schließlicht bis nach Griechenland führt.

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Meinungen

Claudia · 16.03.2022

Aus meiner Sicht ein echter Lichtblick am Kino-Horizont! Ich sah ihn im Flugzeug - leider ist er nirgendwo „ auf der Erde“ anzusehen, abzurufen oder zu haben! Schade!
Der Film beschreibt echte, jedem von uns tief innen bekannte Krisenmomente, -Kreuzungen mehrerer Leben - und zwar so, wie man sie aus seinem eigenen Leben kennt: zufällig, ungeplant, hektisch, tragisch und das Beste in allem findend, sobald man zustimmt zu dem, was IST. Dass viele Fragen offen bleiben, öffnet meiner Ansicht nach gerade die Kisten der Phantasieräume von Zuschauern, ( !) (Endlich: da sicher nicht nicht alle Sinnsucher verblödet im Traumschloss gefahren werden möchten)….Gedachte Räume mit der Frage na h dem „ Wer bin ich?“ , Räume, die zugänglich sind für alle, die gerne auch einmal etwas eigene Lebenserfahrung dazudenken möchten… nichts scheint zu passen und es gibt kein HappyEnd- doch im Grunde macht eben dies eben die Genialität des Filmes aus. Die Gestalten spiegeln ein Stück jeden Lebens, Augenblicke wirken wie aus dem echten Dasein, besondere Momente, filmisch datailgenau festgehalten, zeigen alle Stimmungen, die „ ein Mensch im Zweifel“ durchschreiten kann- abgebildet im Rahmen von Licht und Schatten.
Ein herrliches Seelenvergnügen, diese 121 Minuten anzuschauen, ein großes BRAVO auch zur erfrischenden Un-Perfektheit auf ganzer Linie.
Lange nicht mehr eine solch berührende Szenerie angeschaut!
Hoffentlich kann dieser Film bald in der Öffentlichkeit gesehen werden !