The Ballad of Genesis and Lady Jaye

Eine Filmkritik von Lida Bach

Burleske Beziehungs-Ballade

Neben Großproduktionen und Arthouse-Filmen wäre die Berlinale nicht komplett ohne so manches irritierendes und bizarres Werk. Zu diesen zählt das filmische Porträt, welches die französische Regisseurin Marie Losier dem Selbstinszenator, Performance-Entwickler und Musiker Genesis P-Orridge (Throbbing Gristle, Psychic TV) widmet. An Filmen wie The Ballad of Genesis and Lady Jaye scheiden sich die Geister. Ob geliebt oder gehasst – ohne eine skurrile Note wäre die Berlinale nur halb so spannend, wie sie ist. Wer neugierig auf den realen Genesis ist, kann den Sänger bei seinem Konzert im Programm von Forum Expanded live erleben.
Gäbe es auf der Berlinale einen Preis für den verheißungsvollsten Filmtitel, wäre The Ballad of Genesis and Lady Jaye ein heißer Anwärter. Allein die Formulierung „The Ballad of“ weckt Assoziationen mit epischen Western (The Ballad of Jesse James and the Coward Robert Ford) oder tragischen Dramen (The Ballad of the Sad Cafe). Vage beschleicht einen beim Ansehen das Gefühl, dass Losiers eher unfreiwillig komisches Werk auch episch und tragisch sein soll. Das cineastische Kuriosum aus persönlicher Dokumentation und Experimentalfilm ist eine Hommage an Genesis und seine verstorbene Lebenspartnerin Lady Jaye.

Kennengelernt hat sich das ungewöhnliche Paar in den wilden Jahren von Genesis, der damals nach eigener Aussage „auf Parties ging, Ecstasy schmiss, eine nette Zeit hatte“. Da Parties feiern unter Drogeneinfluss nicht unbedingt erholsam ist, „bemerkte ich irgendwann, dass ich schlafen musste“. Zufällig landete er bei Lady Jaye, die damals als Domina arbeitete und über einen eigenen Folterkeller verfügte. Gastfreundlich erlaubte sie ihrem neuen Bekannten, bei ihr zu nächtigen: „Aber du musst im Folterkeller schlafen“. Ein wenig klingt dies nach dem Märchen „Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen“. Wie der Grimmsche Held ließ sich Genesis nicht schrecken.

Nach einer Nacht im Folterkeller erblickte er beim Aufwachen Lady Jaye. Beide hatten „das tiefe, tiefe Gefühl, keine Individuen mehr sein zu wollen, sondern ein Wesen“, erklärt Genesis im Hintergrundkommentar. Damit jeder das Geschilderte nachfühlen kann, besingt The Ballad of Genesis und Lady Jaye die Beziehung der Protagonisten in Bildern. Der Großteil der Dokumentation, die von bizarren Performance-Clips von Genesis unterbrochenen wird, besteht aus Heimvideos des Paares. Vielleicht gibt es Menschen, die ihre Partnerin noch mehr lieben, wenn sie in der Küche mit Kräuterbündeln anstelle von Pompoms Cheerleader spielt. Für die meisten wäre dergleichen jedoch ein Trennungsgrund.

Die beiläufigen Kommentare, die der Hauptcharakter dazu liefert, werfen nicht selten ein ungewollt ironisches Licht auf die Handlung: „Voll von nutzlosen Informationen“, „was sollen wir nur mit all dem Kram anstellen?“. In einer Szene holt der Sänger eine seiner alten Schallplatten hervor und lobt einen selbst ausgedachten Sinnspruch, den er auf die Hülle drucken ließ: „Wir haben nichts zu sagen und wir sagen es“. Dem ist eigentlich kaum noch etwas hinzuzufügen.

The Ballad of Genesis and Lady Jaye

Neben Großproduktionen und Arthouse-Filmen wäre die Berlinale nicht komplett ohne so manches irritierendes und bizarres Werk. Zu diesen zählt das filmische Porträt, welches die französische Regisseurin Marie Losier dem Selbstinszenator, Performance-Entwickler und Musiker Genesis P-Orridge (Throbbing Gristle, Psychic TV) widmet.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen