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Emmanuel Mouret ist ohne Zweifel ein Spezialist für heiter-melancholische Dreiecksgeschichten um Sex und Liebe. In seinem neuen Film sind es genau genommen sogar zwei Dreiecke, die die Beteiligten in Verwirrung stürzen.

Tagebuch einer Pariser Affäre (2022)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Diese kurzen Momente des Glücks

Leidenschaft oder Liebe gar? — Für die alleinerziehende Mutter Charlotte (Sandrine Kiberlain) gehört das keinesfalls notwendigerweise zu einer Affäre dazu  – im Gegenteil. Solche Gefühle und Emotionsausbrüche sind ihrer Meinung nach eher hinderlich. Und das äußert sie auch ganz offen und unverblümt, als sie sich zum ersten Mal mit dem verheirateten Simon (Vincent Macaigne) trifft. Dem kommt diese Einstellung ebenfalls bestens zupass, denn auch er will seine Ehe nicht gefährden und sucht nach 20 Jahren lediglich den Kitzel des Anderen, Neuen und Aufregenden. Und sieht genau das in der erfüllenden Begegnung mit Charlotte erfüllt.

Derart befreit von gegenseitigen Erwartungen stürzen sich die selbstbewusste Charlotte und der immer etwas tapsig wirkende Simon in ihre Affäre, teilen die Freuden des Heimlichen und des gemeinsamen Entdeckens, verstehen sich im Bett und außerhalb prächtig und so könnte es für beide gerne weitergehen. Bis dann aber doch etwas passiert, was ihrem Vorhaben gänzlich widerspricht. Doch das sei an dieser Stelle nicht verraten.

Wer die Filme von Emmanuel Mouret kennt, weiß, was eine/n hier erwartet – schließlich hat der Regisseur diese Liebeswirrungen schon in etlichen seiner Filme durchgespielt. War es in Küss mich bitte! (2007) ein befreundetes Paar, das sich auf eine Affäre miteinander einließ und dabei dachte, dass sich Sex und Liebe voneinander trennen ließen, sind es hier zwei zunächst einander völlig Fremde, die in genau die gleiche Falle tappen.

Trotz des sehr leichten, tatsächlich in eine Art Tagebucheinträge gegliederten Erzählflusses, pointierter Dialoge und einer schwebenden, bei aller Erotik durchaus diskreten Kamera, bei der das vermeintlich Zentrale dieser Beziehung (der Sex) stets zwischen den Bildern stattfindet, ist Tagebuch einer Pariser Affäre aber keineswegs nur eine reine Liebeskomödie. Der Film schlägt mit zunehmender Dauer immer wieder auch nachdenklich-melancholische Zwischentöne an. Nicht allein deshalb, sondern auch, weil erneut Vincent Macaigne eine der Hauptrollen spielt, fühlt sich Tagebuch einer Pariser Affäre an wie eine Variation zu Mourets vorherigem Film Leichter gesagt als getan. Und möglicherweise erinnern die Filme Mourets nicht allein darin an die Werke eines anderen Festivallieblings, des Südkoreaners Hong Sang-soo, bei dem es ebenfalls auffällt, wie sehr dessen Werke einander ähneln, wie sehr sie sich variieren, kommentieren und wie sehr sie sich am immer selben (oder zumindest sehr ähnlichen) Themenkomplex abarbeiten.

Was an Tagebuch einer Pariser Affäre zudem auffällt, ist, wie sehr der Film dran an seinem Figurenensemble bleibt, wie sehr er sich bei allen kleinen und großen Fehlern der Liebenden sich bedingungslos auf deren Seite schlägt und deren Blick auf die Welt übernimmt – was man dem Film durchaus auch zum Vorwurf machen könnte. Denn niemals sind Charlottes Kinder im Bild und auch von Simons Ehe und Familie hören wir zwar, sehen sie aber nie. An einer Stelle thematisiert der Film dann eben genau diese Leerstellen, dieses Fehlen und bewusste Ausblenden. Charlotte gesteht, dass sie schon neugierig wäre, wie die Frau ihres Geliebten wohl aussieht, um dann im nächsten Moment einzugestehen, dass es vielleicht doch ganz gut ist, wie sie es unausgesprochen miteinander verabredet haben. Weil sie dann doch instinktiv wissen, dass die Zeit, die ihnen bleibt, keine Ewigkeit dauern wird, sondern nur kurze Momente des Glücks, bei denen Gewissensbisse und Liebeskummer nur stören würden. Ach, wäre das Leben und das Lieben doch immer nur so einfach!

Tagebuch einer Pariser Affäre (2022)

Eine alleinerziehende Mutter und ein verheirateter Mann verlieben sich ineinander. Beide sind fest entschlossen, nur eine sexuelle Affäre miteinander zu beginnen und dabei romantische Gefühle außen vor zu lassen. Mit der Zeit werden aber beide von den starken Gefühlen füreinander überrascht.

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Meinungen

Anita · 08.04.2023

Mir hat der Film sehr gut gefallen. Ich kann ihn allen Geliebten von verheirateten Männern empfehlen. Die Geliebte behält ihre Stärke gegenüber dem feigen Ehemann.