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Madam CJ Walker hat das Leben zahlreicher afroamerikanischer Frauen verändert. Nun ist ihre Lebensgeschichte mit Octavia Spencer in der Hauptrolle verfilmt worden. Das klingt nach guter, inspirierender Unterhaltung – oder?

Self Made: Das Leben von Madam C.J. Walker (Miniserie, 2020)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Haare bedeuten etwas

Gute Unterhaltungsserien sind ein schwieriges Unterfangen: sie sollen, nun ja, unterhalten, also Vergnügen bereiten, auf entspannte und auch ein wenig anregende Weise Zeit vertreiben. Manchen Serien gelingt das mit Spannung und Action, andere setzen auf Romantik und Eskapismus – die erste Staffel von Downton Abbey wäre ein perfektes Beispiel für letzteres. Self Made ist keine Serie, die man als Meisterwerk feiern würde. Aber sie funktioniert als Unterhaltung, in dem sie über eine sehr spezifische Zeit in einem sehr spezifischen gesellschaftlichen Rahmen erzählt.

Self Made: Inspired by the Life of Madam CJ Walker ist eine historische Serie, die von einer afroamerikanischen Frau erzählt, die allen Widerständen zum Trotz ein Imperium aufbaut, das bis heute Bestand hat. Geboren 1867 als Sarah Breedlove (Octavia Spencer) lebt sie als freie Frau mit sehr wenigen Möglichkeiten: sie arbeitet als Wäscherin, das ist harte, körperlich anspruchsvolle und schädigende Arbeit, die schlecht bezahlt ist. Ihre Haare sind ihr ausgefallen, ihr gerade aus dem Gefängnis entlassener Mann schlägt sie und lässt sie sitzen. Doch dann tritt – als märchenhafte Erscheinung – Addie Monroe (Carmen Ejogo) in ihr Leben. Sie hat ihr eigenes Haar-Produkt entwickelt, das insbesondere afroamerikanischen Frauen helfen soll, ihre Haare zu pflegen. Sarahs Haare wachsen wieder, sie findet in CJ Walker (Blair Underwood) einen guten Mann und schöpft neue Kraft. Deshalb will sie mit Addie zusammenarbeiten, Addies Produkte vertreiben. Aber Addie macht Sarah unmissverständlich klar, dass sie nicht der richtige Typ ist: ihre Haut ist zu dunkel, sie entspricht zu wenig den vorherrschenden weißen Schönheitsnormen. Aber Sarah lässt sich nicht bremsen: Sie entwickelt ihr eigenes Produkt, macht Addie Konkurrenz und wird schließlich zu der ersten Self-Made-Millionärin der USA.

Es ist eine wahre Geschichte, die unwiderstehlich ist: eine Frau, die sich nicht unterkriegen lässt, immer wieder aufsteht, weiterkämpft und durch den unbedingten Glauben an ihre Vision erfolgreich ist. Und nicht nur sie findet zu neuem Selbstbewusstsein, sondern sie schafft unzählige Arbeitsplätze insbesondere für afroamerikanische Frauen, sie hilft ihnen, mehr und neues Selbstbewusstsein zu finden. Das ist inspirierend und mitreißend, aber leider springt in der vierteiligen Miniserie dieser Funke niemals über.

Die vier Folgen sind konventionell inszeniert, sie haben klar formulierte Konflikte und Hindernisse. Besonders interessant sind die Themen, die in Serien, die so wie diese auf Mainstream ausgelegt sind, bisher nur selten erzählt wurden: wie sehr Schönheitsstandards von weißen Frauen geprägt sind; der colorism unter Afroamerikaner*innen; die Bedeutung, die Geschäfte hatten, die Afroamerikaner*innen gehörten; die Auseinandersetzungen und Kämpfe um Selbstbestimmung afroamerikanischer Frauen, auch gegen Widerstände von afroamerikanischen Männern. Hier macht die Serie sehr deutlich, dass systemische Hürden bis heute nicht überwunden sind.

Leider aber finden diese Themen am Rand statt, stattdessen erinnern insbesondere die dritte und vierte Folge eher an eine Soap Opera, in der es um Eifersucht, verbotene Lieben und Intrigen geht. Dazu kommen inszenatorische Missgriffe. Die einzelnen Folgen bekommen einen märchenhaft-verklärten zeitlichen Rahmen, beispielsweise wird der historische Boxkampf zwischen Jack Johnson und Jim Jeffries in der ersten Folge durch einen imaginierten Kampf zwischen Walker und Monroe aufgegriffen. Die Ausstattung und Kostüme wirken seltsam lieblos, erstaunlich ist auch, wie unspektakulär mit den Frisuren umgegangen wird – obwohl sich doch letztlich alles um Haare dreht und sie insbesondere für afroamerikanische Frauen auch in der Gegenwart eine wichtige Rolle spielen sowie hochpolitisiert sind. Die Dialoge stecken voller Plattitüden, manche Sätze werden sogar mehrfach wiederholt. Die Gegenspieler sind auf den ersten Blick zu erkennen, ebenso vorhersehbar sind die Konflikte. Blair Underwood als Ehemann ist in den ersten zwei Folgen gut, danach aber wird er zu der Karikatur eines betrügenden Ehemanns. Auch ist Tiffany Haddish als Walkers Tochter nicht überzeugend – sie ist eine viel zu zeitgenössische Schauspielerin, die in diesem historischen Rahmen nicht überzeugen kann und schlichtweg eine Fehlbesetzung.

Bleibt Octavia Spencer, die mit viel Engagement spielt, sie ist der Hauptgrund, warum man diese Serie weiterguckt, aber auch sie kann die Schwächen kaum vergessen machen. Das liegt schon daran, dass sich das Drehbuch offenbar nicht entscheiden kann, wie ambivalent ihre Figur sein darf. Sie ist deutlich als Sympathieträgerin angelegt, aber sie stellt eben auch Erfolg über Beziehungen und war daher eine durchaus widersprüchliche Person. Doch trotz der vier Folgen bleibt hierfür kein Platz.

Das ist schade, weil die Geschichte, die hier erzählt wird, so wichtig ist. Wahre Geschichten über erfolgreiche afroamerikanische Frauen werden allzu selten verfilmt und es ist grundsätzlich eine gute Idee, sie in einem breiten Mainstream-Rahmen zu erzählen. Zumal nicht nur hierzulande nur wenige überhaupt schon einmal von Madame CJ Walker gehört haben. Dennoch bleibt am Ende der Eindruck, dass diese Geschichte und diese Themen einen weitaus besseren Rahmen verdient hätten.

Self Made: Das Leben von Madam C.J. Walker (Miniserie, 2020)

In dieser Serie nach wahren Ereignissen avanciert eine mittellose afroamerikanische Wäscherin als Gründerin eines Haarpflege-Imperiums zur ersten Selfmade-Millionärin.

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