Jimmy's Hall (2014)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

A Straight Story oder: Loachs Letzter

Sein letzter Film soll es sein, so zumindest hat es der inzwischen 78-jährige Ken Loach verkündet. Hoffen wir, dass dem nicht so ist, denn — und das ist leider auch ein wenig eine Bankrotterklärung an das derzeitige Kino — es gibt nur sehr wenige Filmemacher, die sich so rigoros aber niemals belehrend oder politisch verhärtet mit sozialen Themen auseinandersetzen wie Ken Loach.

Loachs Film spielt im Irland der 1930er Jahre, also nur zehn Jahre später als sein Gewinnerfilm (Goldene Palme, 2006) The Wind That Shakes The Barley. Jimmy (Barry Ward), der die letzten zehn Jahre im amerikanischen Exil verbracht hat, kehrt nach Hause zurück — zum Entzücken seiner Mutter und vieler anderer Bewohner der abgelegenen Gegend, aber auch zum Gram einiger rechtspopulistischer Bewohner und des örtlichen Priesters. War es doch Jimmy, der damals, bevor er fliehen musste, eine Gemeindehalle eröffnete in der jeder willkommen war. Und zwar nicht nur zum Tanzen, sondern auch um kostenlosen Unterricht in verschiedenen Künsten zu bekommen. Also Spaß und Bildung in Eigenregie und ganz ohne die Kirche? Das geht nun wirklich nicht. Das ist ja… das ist ja… Kommunismus!

Und was macht Jimmy direkt nach seiner Ankunft in dem inzwischen vom Bürgerkrieg zerrütteten Land? Er organisiert die Wiedereröffnung der Pearse/Connolly Hall (benannt nach den Anführern der Osteraufstände von 1916) — Jimmys Halle, wie man sie schnell im Volksmund nennt, denn ohne den charismatischen und inzwischen weltgewandten Mann gäbe es sie nicht. Und so bringt Jimmy nicht nur die Gemeinschaft wieder zusammen, er bringt auch Wissen und Musik mit; beides gibt er gern weiter. Und dachten die Rechtspopulisten und Priester die Gemeindehalle vor zehn Jahren wäre Blasphemie, so bleibt ihnen jetzt das Herz stehen, denn Jimmy besitzt einen Plattenspieler und Platten: Jazz! Doch im Grunde geht es nicht darum, dass dieser kleine Ort eine wirkliche Gefahr darstellt, gefürchtet wird er als Keimzelle für Widerständler, die die Republik Irland und natürlich die Kirche in Frage stellen. Wobei hier vor allem der herzlose Priester übersieht, dass es vor allem um eines geht: Armut.

Loach zeigt sich in Jimmy’s Hall von seiner ganz und gar klassischen Seite. Kein Schnickschnack, keine Extras, einfach die Geschichte in Aufrichtigkeit und mit Leidenschaft erzählt. Der Film ist Sozialdrama durch und durch und entwickelt vor allem durch seine Subtilität eine stille Stärke. Hier mag er auch manchen Zuschauer verlieren, denn das wird nicht jedem reichen. Einige mögen sich auch an Loachs unkaputtbarem Idealismus stören, der hier vor allem durch Jimmy selbst wieder zum Vorschein kommt. Aber mal ganz ehrlich, das ist eine wirkliche Erfrischung neben all den zynischen Filmen, den dystopischen und denen, die Reichtum zelebrieren, als sei er eine neue Religion. Gönnen wir uns selbst und Loach in seinem letzten Akt ein wenig Revolutionsromantik. Und warum nicht auch mal wieder auf die Geschichte schauen und diese mit der momentanen Lage in Europa vergleichen. Wie sagte einst Laurence Peter: „Die Geschichte lehrt vieles, nur hört niemand zu.“

(Festivalkritik Cannes 2014 von Beatrice Behn)

Jimmy's Hall (2014)

Sein letzter Film soll es sein, so zumindest hat es der inzwischen 79-jährige Ken Loach verkündet. Hoffen wir, dass dem nicht so ist, denn — und das ist leider auch ein wenig eine Bankrotterklärung an das derzeitige Kino — es gibt nur sehr wenige Filmemacher, die sich so rigoros aber niemals belehrend oder politisch verhärtet mit sozialen Themen auseinandersetzen wie Ken Loach.

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Meinungen

Martin Zopick · 10.11.2021

Nachdem der Wind die Gerste geschüttelt hat, Eric gesucht und gefunden wurde und die Engel ihren Anteil bekommen haben, stellt Ken Loach nun einen Tanzsaal auf dem Lande ins Zentrum seiner Auseinandersetzung mit der irischen Geschichte. Die verzwickte Geschichte des Landes bemüht er nur am Rande. Vielmehr nutzt er die unerfüllte Liebesgeschichte von Jimmy (Barry Ward) und Oonagh (Simone Kirby) und den Wiederaufbau eines Schuppens dazu, um gegen die Kirche und die Großgrundbesitzer zu Felde zu ziehen. In dieser wahren Geschichte wird das Weltbild, das lange Zeit das Denken der Menschen bestimmt hat (bei manchen vielleicht immer noch bestimmt), klar in Gut und Böse unterteilt. Die Bösen sind die Kommunisten und die Gottlosen, die Reichen paktieren mit den Faschisten und (sic!) mit der Kirche. Das differenzierte Drehbuch von seinem Freund Paul Laverty zeigt, dass der Tanzschuppen so etwas wie eine VHS und Turnhalle war. Beides lehnen Kirche und Reiche für das ‘gemeine Volk‘ ab. Die sollen ja auch nicht Yeats lesen oder sich beim Boxen körperlich ertüchtigen. Überraschend der Gesinnungswandel von Pfarrer Sheridan (Jim Norton), den Jimmy im Beichtstuhl aufsucht.
Um seine Botschaft rüber zu bringen, hat Ken Loach wieder einmal gehaltvolle Diskussionen und harte Action (hier das Durchgreifen der englischen ‘ Besatzer‘) gut gemischt. Zum Ausgleich dürfen sie sich aber auch zum Affen machen, wenn ihnen Jimmy entwischt. Ken ist einfach klasse!

@johannes · 06.08.2014

Und weshalb hat dir der Film nicht gefallen? Hat es nicht alle 30 Sekunden "boom" gemacht?

johannes · 05.08.2014

schlechtester film aller zeiten...selbst mandela war besser und der war schon scheiße...also so rchtig scheiße