Die Legende der weißen Pferde

Eine Filmkritik von Gregor Ries

Finstere Ritter auf Irlands Weiden

In ihrem zweiten Spielfilm versammelt Regisseurin und Co-Autorin Lisa Mulcahy zahlreiche bewährte Ingredienzien des Abenteuerkinos für junge Mädchen: Weiße Pferde in Not, unheimliche Schlösser vor malerischer irischer Landschaft und eine düstere Mär mit Auswirkungen auf die Gegenwart bestimmen Die Legende der weißen Pferde. Eigentlich kann dabei nichts schief gehen, doch einige holprige Momente bringen den Rhythmus gelegentlich ins Stocken und mitunter wirkt das Konzept wie anhand einer Strichliste entworfen. Doch das Ergebnis vermag immerhin leidlich zu unterhalten.
Die zwölfjährige Pferdeliebhaberin Micky Miller (Lucy Morton) lebt mit ihrem Bruder und ihrer Mutter Lisa (Thekla Reuten) in New York, ihr Vater ist seit Jahren auf einer Expedition verschollen. Nun plant Lisa einen Umzug mit ihren Kindern von New York in das verschlafene irische Städtchen Longwood. Hartnäckig stäubt sich Mickey zunächst gegen diese Pläne, aber sie kann sie nicht ändern. Dort angekommen, gerät Mickey schnell mit der arroganten Chardonnay Lemon (Anabel Sweeney) aneinander, deren ebenso überhebliche Mutter Caitlin (Fiona Glascott) längst ihre manikürten Hände nach der Grafschaft von Longwood ausgestreckt hat. Aber sie freundet sich mit ihrem Klassenkameraden Sean (Lorcan Bonner) an, dem eine ähnliche Außenseiterrolle wie ihr selbst zukommt – und natürlich erweckt die Pferdezucht des Grafen, im Hauptberuf Kinderarzt, sofort ihr Interesse. Besonders der Schimmel Silver hat es ihr angetan, zu dem sie eine innige Beziehung aufbauen kann. Bei ihren Ausritten wird Mickey jedoch mehrfach durch Visionen von einem schwarzen Ritter heimgesucht, dessen Erscheinen einer Legende zufolge von drohendem Unheil kündet.

Die Fantasy-Momente beschränken sich auf ein Minimum, gäbe es nicht eine kurze paranormale Einlage im Mittelteil, könnte man das Auftreten des schwarzen Reiters als Auswüchse von Mickeys Einbildungsvermögen auslegen. Den gruseligen Momenten stehen die karikaturhaften Zeichnungen der Schurken gegenüber, was ihnen die Bedrohlichkeit nehmen soll. Daher kann man die blonde Intrigantenzicke Caitlin und ihren Komplizen, den korrupten Bürgermeister, trotz ihrer Anschläge nicht wirklich ernst nehmen, da sie recht trottelig agieren. Ebenso werden die restlichen Nebenfiguren von Klischees geprägt.

Ohnehin werden manche Entwicklungen eher behauptet denn stimmig aufgebaut. Von einer Szene zur nächsten werden etwa die beiden gemobbten Außenseiter Mickey und Sean beste Freunde, auch Miriam Margolyes als aristokratische Nachfahrin des Ritters verschwindet recht unvermittelt aus der Handlung und das dramatische Finale findet ein abruptes Ende. Diesen sprunghaften Momenten stehen einige originelle Sequenzen gegenüber. Neben humorvollen Seitenhieben auf den amerikanisch-irischen Culture Clash kann eine animierte Rückblende zur unheimlichen Sage als zerlaufende Tinte in einem alten Buch überzeugen. Angesichts einer romantisch-mysteriösen Abenteuerfabel mit einigen Spannungsmomenten dürfte die junge Zielgruppe letztlich über manche Schwächen der Longwood-Legende hinwegsehen.

Die Legende der weißen Pferde

In ihrem zweiten Spielfilm versammelt Regisseurin und Co-Autorin Lisa Mulcahy zahlreiche bewährte Ingredienzien des Abenteuerkinos für junge Mädchen: Weiße Pferde in Not, unheimliche Schlösser vor malerischer irischer Landschaft und eine düstere Mär mit Auswirkungen auf die Gegenwart bestimmen „Die Legende der weißen Pferde“.
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Meinungen

Susanne LIndemann · 15.11.2015

Der Film hat mich sehr beeindruckt. Ein gut gemachter vorweihnachtlicher Familienfilm und sehr spannend. Kein Mädchenfilm mit Pferden. Evtl. hat hier das Marketing einige Fehler gemacht weil er nur bruchstückhaft in den Kinos in Deutschland gezeigt wird. Ggf. könnte man hier nochmals verstärkt aktiv werden. Sollte als Fernsehfilm gezeigt werden. Ich warte auf jeden Fall dringend darauf, dass die DVD käuflich zu erwerben ist.

Bewertung: Sehr gut!

@PollySees · 11.08.2015

Obwohl der Titel schnell auf einen kitschigen, reinen Pferde-Mädchen-Film schließen lässt, überrascht er durchaus positiv.
Natürlich gibt es die weichgezeichneten weißen Flattermähnen und die innigen Momente eines kleinen Mädchens mit einem wilden Pferd, das als unreitbar gilt, bis sie kommt. Auch die böse Zicke, die aus reiner Geld- und Machtgier versucht einen Hof an einen Immobilienhai zu verkaufen, während ihre noch zickigere Tochter der netten Mickey das Leben schwer macht, sind nicht gerade neue Motive, die allerdings gerade bei der angestrebten Zielgruppe immer wieder funktionieren.
(Wer hat eigentlich festgelegt, dass man fiese Mutter-Tochter-Gespanne immer an ihren passenden pinken Jogginganzügen erkennen kann?)
Aber schon der Originaltitel des Filmes „The Legend of Longwood“, deutet darauf hin, dass hier noch eine ganz andere Geschichte erzählt wird.
Zwischen all den wehenden Pferdeschweifen geht es nämlich um das Geheimnis des Ortes, um einen alten Fluch und nicht zuletzt um die geheimnisvolle Geistergestalt des schwarzen Ritters.
In stimmungsvollen Bildern, in denen sich Humor und Grusel gekonnt ergänzen, funktioniert diese Mischung aus „Das Hausgespenst“, „Das letzte Einhorn“ und „Bibi und Tina“ trotz kleinerer Ungereimtheiten erstaunlich gut.
Der Einstieg in den Film allerdings, der tragische Reitunfall von Mickey und ihre damit verbundene Angst vor dem Springen, wirkt als Motiv für ihre innere Entwicklung etwas platt und weit hergeholt und ihr immer noch verletztes Bein somit auch eher wie der wohlmeinende Rat eines Dramaturgen, ihr eine Schwäche mit auf den Weg zu geben, um sie noch sympathischer erscheinen zu lassen.
Dennoch: Kleine Mädchen werden den Film lieben und der Mystery-Faktor, der definitiv im Vordergrund steht, kann sicher auch den ein oder anderen Jungen begeistern, während die Eltern sich an den schönen Einstellungen und irischen Landschaftsaufnahmen erfreuen können.