Altar - Das Portal zur Hölle

Eine Filmkritik von Martin Beck

Bis ins Knochenmark bekannt

„Bis ins Knochenmark erschütternd“ steht als Zitat auf dem Cover von Altar – das Portal zur Hölle, was auf jeden Fall stimmt – wenn unter ungeklärten Umständen ein Grundschulkind diesen Film sehen sollte. Dann nämlich ist die hier aufgetischte Haunted-House-Geschichte wirklich erschütternd, dann kann sich hier ein prägendes Filmerlebnis seine Furchen graben. Alles ist auf einmal neu, die knarzenden Türen, die von alleine aufgehenden Fenster und der auf dem Bauplan nicht verzeichnete Raum. Ohne Vorwissen kann Horror eigentlich nur gewinnen.
Oh wie schön wäre das, und leider auch wie fernab der Realität, denn selbst die Zuseher, die brav die „FSK 16“-Freigabe abwarten, werden bei Altar – das Portal zur Hölle ein einziges, großes Déjà-vu haben. Fast schon originell ist dabei zu nennen, dass diesmal nicht nur ein Teil einer frisch getrennten Familie in ein finsteres, altes Haus mit düsterer Vergangenheit einzieht, sondern eine komplette Familie – die dann allerdings sofort alle möglichen Risse offenbart. Die Mutter (Olivia Williams) muss sich alleine an die Renovierung des Gemäuers machen, weil der Vater (Matthew Modine) lieber nackte Frauen modelliert und ein Fan von Jack Torrance ist. Die Tochter starrt derweil nur auf ihr Smartphone und der Junge gibt sich desinteressiert. Höchste Zeit also für eine Frau im weißen Nachthemd.

Und oh ja, sie kommt, die Frau im weißen Nachthemd. Urplötzlich taucht sie auf und schon fühlt man sich irgendwie zuhause. Die Tapete wellt sich, es knarzt, die besagten Fenster klappen plötzlich auf, geheimnisvolle Schatten erscheinen und die Technik versagt. Erst jetzt stellt sich heraus, dass das Haus kein normales viktorianisches Landhaus in Yorkshire ist, sondern einen schnell überfordertern Geisterbeschwörer benötigt. Mit zunehmender Präsenz des Übersinnlichen wird es zunehmend gefährlich für die Familie, die zusätzlich auch noch von innen bedroht wird, weil der Vater immer mehr ausrastet. Wenn jetzt noch die Tochter ihr Asthma-Spray nicht mehr findet, ist alles zu spät.

Und oh ja, auch das kommt hier vor, genauso wie jeder andere bekannte Trick im Haunted-House-Buch. Für die einen mag das old school sein, ähnlich einem schon leicht angeranzten Ohrensessel, in den man sich trotzdem noch mit Wonne hineinkuschelt, wohingegen die anderen, die es leider auch gibt, hier lediglich einen überraschungsfreien Baukasten entdecken. Was Regisseur Nick Willing vorschwebte, war wohl tatsächlich Retro-Horror, mit mehr Atmosphäre als hektischen Jump-Scares, doch irgendwo zwischen Idee und fertigem Film schlich sich dabei bis ins Mark vordringende Langeweile ein. Wer weiß, vielleicht hätte es ja bereits gereicht, die Anfahrt zu dem Haus, als schwere Digitalwolken das Gemäuer wie das Portal zur Hölle erscheinen lassen, zur Abwechslung mal bei strahlendem Sonnenschein stattfinden zu lassen?

Oho, das wäre… auch nicht passend. Aber zumindest ein kleiner Ansatz für das, was Nick Willing völlig außer Acht gelassen hat: Dass nämlich die „klassischen“ neuen Haunted-House-Filme, wie zum Beispiel Die Frau in Schwarz (dessen Erfolg hier offensichtlich das Vorbild war), immer auch einen eigenen, quasi modernen Dreh einbauen. Sofern sie denn beim Publikum ankommen wollen… und eben nicht wie hier schneller in Vergessenheit geraten, als das verdammte WLAN in dem verdammten Haus endlich mal in Gang gebracht werden kann.

Altar - Das Portal zur Hölle

„Bis ins Knochenmark erschütternd“ steht als Zitat auf dem Cover von „Altar – das Portal zur Hölle“, was auf jeden Fall stimmt – wenn unter ungeklärten Umständen ein Grundschulkind diesen Film sehen sollte. Dann nämlich ist die hier aufgetischte Haunted-House-Geschichte wirklich erschütternd, dann kann sich hier ein prägendes Filmerlebnis seine Furchen graben.
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