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In seinem letzten Film widmet sich Joseph Vilsmaier abermals einer Figur aus dem Repertoire des bayrischen Brauchtums und schickt ausgerechnet den Tod auf die Suche der der Liebe.

Der Boandlkramer und die ewige Liebe (2020)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Als der Tod sich verliebte 

Der Tod hat viele Namen: Gevatter Tod, Knochenmann, Sensenmann, Freund Hein — und in Bayern eben der Boandlkramer, zusammengesetzt aus den Begriffen „Boandl“ für Gebeine oder Knochen und Kramer/Krämer für einen Händler, der von Tür zu Tür zieht. In Joseph Vilsmaiers letztem Film (der Regisseur verstarb am 11. Februar 2020) „Der Boandlkramer und die ewige Liebe“, der nun statt ins Kino beim Streaming-Anbieter Amazon Prime Video erscheint (mit der Option auf Kinoeinsätze freilich), gibt Michael Bully Herbig den gar nicht so grimmigen Gesellen mit viel Freude an der Kauzigkeit dieser urbajuwarischen Gestalt.

Dieser hat es mal wieder nicht leicht mit den widerspenstigen Seelen, die er ins Himmelreich oder in die Hölle bringen soll. Da ist beispielsweise der kleine Maxl (Josef Staber), ein Bub, dessen Mutter Gefi (Hannah Herzsprung) beim Boandlkramer ganz seltsame, bislang völlig unbekannte Gefühle auslöst. Und genau deshalb bringt er es nicht übers Herz, den Jungen mitzunehmen, was freilich dafür sorgt, dass die himmlische Buchhaltung auf einen Schlag einen Fehlbestand aufzuweisen hat. Der Boandlkramer ist von diesem merkwürdigen Gefühl, das ihn hinterrücks angefallen hat („Als ob ich ein Herz hätt’ und im Bauch, da flattert’s richtig drin!“) So überwältigt, dass ihm nicht nur ein weiterer Fehler unterläuft, in dessen Verlauf er einen verstorbenen Heiratsschwindler statt in der Hölle in den Himmel bringt — nein, er lässt sich auch auf einen Pakt mit dem Teufel ein, um so Lebenszeit auf Erden verbringen und das Herz der Gefi für sich erobern zu können.

Diese aber hat ganz andere Sorgen als einen flirtenden Sensenmann, denn sie steht kurz vor der Hochzeit mit dem Sohn des Bürgermeisters, hängt aber immer noch an ihrem Mann Anderl, der sich in russischer Kriegsgefangenschaft befindet und den sie tot wähnt. Und auch sonst geht einiges drunter und drüber, bis am Ende die natürliche Ordnung im Himmel wie auf Erden wiederhergestellt ist, denn des Boandlkramers liebestolles wie tollpatschiges Agieren verschreckt nicht nur den Teufel, sondern auch einige Erzengel und bringt schließlich sogar den Herrgott dazu, sich wegen akuter Genervtheit eine kleine Auszeit zu nehmen. 

Wer die Filme von Joseph Vilsmaier kennt, dem ist die Gestalt des Boandlkramer schon seit längerem vertraut: 2008 kam Die Geschichte vom Brandner Kaspar auf die Kinoleinwand, und bereits hier war es Michael Herbig, der dem Tod seine Gestalt gab. Mehr als zwölf Jahre sind seitdem vergangen, viel hat sich aber nicht verändert: Noch immer ist der Humor eher rustikal, die Geschichte samt ihren Verwicklungen eher überschaubar, der Dialekt breit und die Darsteller*innen überwiegend aus dem Umfeld von Herbigs Dunstkreis sowie aus dem Repertoire bayrischer Heimatkomödien: Sebastian Bezzel, Eisi Gulp, Christian Tramitz und Rick Kavanian sowie Sigi Zimmerschied fügen sich nahtlos ein, hinzu kommen einige Besetzungen, die auf den ersten Blick eher unerwartet sind: Hanna Herzsprung etwa als Gefi und vor allem Hape Kerleling als der Teufel höchstselbst sorgen immerhin für ein klein wenig Abwechslung vom allzu Bekannten und Vorhersehbaren.

Darüber hinaus wirkt Der Boandlkramer und die ewige Liebe wie ein recht uninspiriert zusammengezimmertes Volkstheaterstück für die nicht ganz so große Leinwand, bei dessen Inszenierung die Oberammergauer Holzschnitzerfraktion eher mit dem groben Meißel als mit dem feinen Schnitzmesser zu Werke ging. Zwar gibt es durchaus einige Szenen und auch Auftritte, die immerhin auch Nicht-Bajuwaren ein kleines Lächeln entlocken können: Kerkelings gesamte Performance, der seine Teufelsgestalt statt in der Hölle im Ambiente einer trashigen TV-Gameshow der 1980er- oder 90er-Jahre ansiedelt und den Leibhaftigen mit dem öligen Charme eines Privatfernsehmoderators versieht (inklusive einer Musical-Nummer), aber auch Bezzels schmierige Verführertricks sind halbwegs komisch und sorgen immerhin für etwas Heiterkeit. 

Zwar ist Der Boandlkramer und die ewige Liebe nun wirklich kein großer Wurf geworden, doch der Publikumserfolg der Geschichte vom Brandner Kaspar mit rund einer Million Besuchern lässt erahnen, dass das dann vielleicht doch die Art von Film gewesen wäre, die nach der Wiedereröffnung der Kinos zumindest in Bayern für reichlich Zuspruch seitens des Publikums hätte sorgen können — leichte, seichte Unterhaltung ohne viel Anspruch und mit vielem, das vertraut und heimelig erscheint. Das spricht ebenso Bände für den Zustand des Kinos in postpandemischen Zeiten wie die Entscheidung der Produktion, die Auswertung nun überwiegend Amazon Prime Video zu überlassen. Ob das dem krisengebeutelten Kino hilft, ist indes ohne jeden Zweifel sehr fraglich.

Der Boandlkramer und die ewige Liebe (2020)

Der Boandlkramer oder anders gesagt: der Tod (Michael Bully Herbig), hat sich verliebt, doch die Angebetete für sich zu gewinnen, ist leichter gesagt als getan. So bietet ihm der Teufel (Hape Kerkeling) seine Unterstützung an, um das Herz der Frau für sich zu gewinnen. Ganz so selbstlos ist Luzifer aber nicht, denn im Gegenzug soll der Boandlkramer seine Arbeit einstellen – was die Welt in ein großes Unglück stürzen könnte. Vielleicht kann ein Wunder helfen?

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