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Das ist der Anfang vom Ende. Dieser Satz ist nicht nur Leitmotiv in Til Schweigers neuem Film, sondern eine dystopische Verkündung über Schweigers Karriere.

Das Beste kommt noch! (2023)

Eine Filmkritik von Niklas Michels

Til Schweigers Bromance

Felix (Til Schweiger), der gerade eine seit kurzem schwangere Studentin datet, hat aufgrund seiner Schulden alles verloren. Arthur (Michael Maertens), wohlhabend und angesehen, ist Professor für Medizin und lebt getrennt von seiner Frau. Sporadisch besucht ihn seine Tochter (Emma Schweiger). Felix und Arthur sind alte Schulfreunde. Ein Sturz aus dem Fenster und ein schneller Aufenthalt im Krankenhaus bringen schlechte Nachrichten. Durch eine Verwechslung der Versicherungskarten erfährt Arthur von Felix’ Lungenkrebserkrankung. Es gehen folglich sowohl der behandelnde Arzt als auch Felix selbst davon aus, Arthur wäre derjenige mit Krebs. Ein Missverständnis, das leicht hätte aus der Welt geschafft werden können, wird zum Narrativ des Films. Felix kümmert sich fortgehend um den gesunden Arthur, um ihm dessen vermeintlich letzten 6 Monate zu versüßen.

Schweiger wächst – wie in Knockin’ on Heaven’s Door (1997) – in eine tonale Rolle zwischen Jesse Pinkman und Tyler Durden, um seinem zugeschnürten Freund von dem Spießertum zu befreien. Statt an Breaking Bad könnte man auch an Mephistopheles und Doktor Faustus denken. Anstelle von Arthurs Seele muss dieser jedoch nur seinen guten Ruf und seine Karriere aufgeben. Es geht auf die Suche nach den Freuden des Lebens, mit noch jüngeren Frauen; die Parallelen sind unheimlich. Emanzipation wird zum Hemd aufknöpfen.

Autos klauen, den Chef beleidigen und für 15 Sekunden geht es szenisch nach Marokko (gedreht in Dubai). Schweigers Film ist kurzweilig und nimmt während Alkoholeskapaden Fahrt auf. Unterlegt mit It’s my Life von Dr. Alban, machen die ungleichen Freunde Casinos, Sternerestaurants und den städtischen Park unsicher – die Ästhetik der Außenseiter, die trotzdem von allen bewundert werden. Zahnstocherkauend stolpert Das Beste kommt noch! immer wieder in den Roadmovie hinein.

„Wie viele Frauen hattest du?“, bleibt die Gretchen-Frage in Schweigers Œuvre. Die Oberfläche ist eine neue, der Kern bleibt der gleiche – Altbekanntes in (teils) politisch-korrekterer Sprache. Alte Kritikerurteile hallen nach: Das Beste kommt noch! ist ein Diskursfilm. Einerseits eine Gelegenheit, sich per Proxy mit dem Tod auseinander zusetzten, andererseits eine Chance für Til Schweiger, dem Zeitgeist zu folgen. In älteren Filmen wäre Arthur wohl eine Stripperin nach Hause bestellt worden – heute im Jahr 2023 ist es eine Repräsentantin einer Selbsthilfegruppe für Krebskranke. Gesellschaftliche Themen lassen sich nicht vollends ignorieren. Dass diese (Neda Rahmanian) zum Ende trotzdem das Objekt der Begierde wird, sollte man im besten Fall nicht im selben Atemzug erwähnen. Die Mühlen mahlen langsam.

In Filmen wie der Klassentreffen-Reihe inszenierte sich Schweiger bereits als der potente Held. Das reicht nun nicht mehr. Schweiger platziert sich in Das Beste kommt noch! in einer narrativen Doppelrolle. Einerseits ist er das Opfer – der Krebskranke –, dem Mitleid zusteht, anderseits ist er der Held, der aufgrund des Missverständnisses zum Retter seines Freundes wird. Ein selbstdarstellerischer Traum. Handwerklich fällt Schweigers Mitwirken im Schnitt auf, welcher solch absurde Ausmaße annimmt, dass selbst Gespräche zu Ansammlungen von Wortfetzen werden.

Felix und Arthur nähern sich über den Verlauf des Films immer mehr an. Das Interessanteste an Das Beste kommt noch! sind Schweigers Anstrengungen, dies zu verhindern; sich eine Bromance eigen zu machen und dabei trotzdem stets im – für ihn – sicheren Raum der Heterosexualität zu bleiben. Einem versuchten Kuss zwischen den beiden wird Ekel entgegnet – Schweiger nimmt es sich in derselben Szene heraus, die Restaurantgäste – in welchem der Annäherungsversuch stattfand – als diskriminierend zu bezeichnen. Moral, wie es gerade passt. Andere Umwege, die der Film geht, sind bspw. Rollenspiele als Frau, um sinnlich miteinander flirten zu können oder ein halbherziges „Schwuchtel“ hinter dem freundschaftlichen Liebesbekenntnis.

Dabei ginge es doch anders: in stillen Momenten der Trauer skizziert Schweiger tatsächlich eine berührende Aufrichtigkeit. Mal bevormundend, um aus dem Alltagstrott zu reißen, mal zurückhaltend: Felix und Arthur bilden ein Abziehbild der modernen Männerfreundschaft, über Gefühle wird nicht geredet und trotzdem wird stets die helfende Hand ausgestreckt.

Zu selten gestehen die beiden sich Stille zu. Zu viele Seitenhiebe gegen Gewerkschaften, starke Frauen und gewisse Parteien. Unter all dem Diskurs wirkt die Geschichte blass. Was in Erinnerung bleibt, ist ein Film voller Skurrilitäten, Szenen wie vermeintlichem Product-Placement für Autos in der Wüste, einem oberkörperfreien Kondolenzbild von Schweiger oder pointierte Abhandlungen über Jugendsprache. Zuschauer:innen können während des Abspanns die absolute Selbstbeweihräucherung verfolgen, wenn Schweiger sich noch einmal für Manta, Manta auf die Schulter klopft. Verfolgt man die Marvel-Dialektik, so wurde soeben das Manta Manta-Prequel angekündigt.

Ob das Beste wirklich noch kommt, bleibt abzuwarten. Fest steht aber, dass in Til Schweigers neuem Film mehr zu beobachten ist, als die Geschichte anmuten lässt. Beinahe wie eine Entschuldigung, der Versuch eines Neubeginns nach der reichlich schlechten Presse über die Person Schweiger. Ob Anfang vom Ende oder tatsächlicher Neubeginn; auch in Das Beste kommt noch! kann sich Schweiger nicht von seinem Misstrauen gegenüber der restlichen Welt trennen.

Das Beste kommt noch! (2023)

Obwohl sie unterschiedlicher kaum sein könnten, sind Arthur (Michael Maertens) und Felix (Til Schweiger) beste Freunde, gefühlt schon immer – der eine ein pedantischer Spießer, der andere ein auf der Überholspur lebendes Schlitzohr. Um seinem abgebrannten Freund zu helfen, leiht Arthur ihm seine Krankenkarte für eine Untersuchung im Krankenhaus und erfährt so, dass Felix todkrank ist. Weil Arthur es nicht übers Herz bringt, Felix geradeheraus die Wahrheit zu sagen, verheddert Arthur sich so sehr, dass schließlich Felix denkt, sein bester Freund liege im Sterben! Und so beginnt Felix, sich um den kerngesunden Arthur zu kümmern. Am Ende lernt Arthur das Leben (neu) kennen und Felix begreift, was es heißt zu lieben.

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Meinungen

And · 27.12.2023

Schaut euch lieber das Original von 2019 (Frankreich) an und verschwendet hier keine Zeit... Das Beste kommt noch - Le meilleur reste à venir... Komödie mit Fabrice Luchini und Patrick Bruel ⭐⭐⭐⭐⭐

SuJo · 20.12.2023

The original movie is the best. Why does Til think he can do a remake better? He should do something original or take a break.