Unter aller Augen

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Gewalt gegen Frauen als globales Phänomen

In diesem Dokumentarfilm von Claudia Schmid geht es um Gewalt gegen Frauen als eine weltweit praktizierte Form der Menschenrechtsverletzung. Sie ist oftmals gesellschaftlich akzeptiert und wird in vielen Kulturen sogar eingefordert, um Frauen in eine dem Mann untergeordnete Rolle zu zwingen. Anhand individueller Schicksale aus Bangladesch, Benin, der Demokratischen Republik Kongo und Deutschland zeigt der Film exemplarisch auf, wie Frauen in die Situation des Opfers geraten. Während das Martyrium seinen Lauf nimmt, verweigert das Umfeld Hilfestellung. Es dauert oft viele Jahre, bis sich die Frauen vom Täter lösen können und es ihnen gelingt, sich ein neues Leben aufzubauen.

Die Täter sind in diesem Film, mit Ausnahme der Beispiele aus der DR Kongo, die eigenen Ehemänner. Minara aus Bangladesch erzählt unter Tränen, dass sie schon mit 14 Jahren gegen ihren Willen verheiratet wurde. Das begabte Mädchen hatte ein Stipendium für die höhere Schule und wollte etwas werden, aber im Dorf hieß es, als uneheliches Kind müsse sie so schnell wie möglich an den Mann gebracht werden. Die Mutter wurde unter Druck gesetzt, es gab Drohungen. Drei Jahre lang schlug sie ihr Ehemann, dann kehrte Minara zur Mutter zurück, wurde jedoch bald wieder verheiratet, mit einem 45-Jährigen, vor dem sie sich ekelte. Obwohl sie Schreckliches durchmachte, fand Minara die Kraft, mit Unterstützung einer Hilfsorganisation ein neues Leben zu beginnen.

Weder in Bangladesch noch in Benin wird häusliche Gewalt in der Regel angezeigt und geahndet. Yolande aus Benin wurde von der Polizei, zu der sie in Todesgefahr lief, wieder nach Hause geschickt. Dort fügte ihr der brutale Ehemann schließlich mit einem Säureattentat schwere Verletzungen zu.

Schmid lässt die Frauen in ihrem heutigen häuslichen Umfeld erzählen, schaut ihnen bei ihren alltäglichen Tätigkeiten zu. Flankierend holt sie Stimmen von Männern über ihr Frauenbild ein. Dabei bekommt sie zu hören, dass in Bangladesch, Benin und der DR Kongo der Ehemann über seine Frau herrscht, der es oft sogar verboten ist, ihre Meinung, Wünsche, Bedürfnisse zu äußern. Aufgrund der verachtenden Einstellung Frauen gegenüber zeigt die Gesellschaft den Opfern von Gewalt dann auch die kalte Schulter. Das erlebten die Frauen aus der DR Kongo, die von Rebellen verschleppt und vergewaltigt wurden. In Aufnahmen, die Schmid bereits für ihren Dokumentarfilm Voices of Violence verwendete, erzählen Frauen, dass sie nach ihrer Rückkehr von ihren Ehemännern und zum Teil sogar von ihren Kindern nicht mehr akzeptiert wurden. Einige mussten außerhalb des Dorfs im Wald leben.

Das Beispiel aus Deutschland fällt etwas aus dem Rahmen, denn hier ist es nicht die Gesellschaft, die Frauen aktiv in solche Zwangslagen und Abhängigkeitsverhältnisse treibt. Aber wenn Maya erzählt, wie oft sie und ihre Kinder in Todesangst in ihrer Wohnung schrien, wundert sie sich auch, warum die Nachbarn nicht auf sie zugingen. Maya hat sich sehr lange emotional von ihrem Mann erpressen lassen, der mit Selbstmord drohte, um seinen Willen durchzusetzen. Und der ihr systematisch jegliches Selbstwertgefühl raubte.

Den betroffenen Frauen ist bewusst, dass ihre Misshandlung, Unterdrückung und Ausgrenzung auf einer absurden, immer zu ihren Lasten geführten Logik basiert. Dieses Bewusstsein des Unrechts aber bildet den Keim für die Emanzipation, für den Wunsch, Solidarität aus dem Umfeld einzufordern und sie aktiv zu suchen.
 

Unter aller Augen

In diesem Dokumentarfilm von Claudia Schmid geht es um Gewalt gegen Frauen als eine weltweit praktizierte Form der Menschenrechtsverletzung. Sie ist oftmals gesellschaftlich akzeptiert und wird in vielen Kulturen sogar eingefordert, um Frauen in eine dem Mann untergeordnete Rolle zu zwingen. Anhand individueller Schicksale aus Bangladesch, Benin, der Demokratischen Republik Kongo und Deutschland zeigt der Film exemplarisch auf, wie Frauen in die Situation des Opfers geraten.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen