Helena – Monumentalfilm in zwei Teilen

Eine Filmkritik von Falk Straub

Rekonstruiertes Heldenepos

Manfred Noas Helena läutete 1924 das Ende einer kurzen Epoche des deutschen Monumentalfilms ein. Das seinerzeit sehr erfolgreiche, heute größtenteils in Vergessenheit geratene Drama über den Untergang Trojas können Stummfilmfans in einer rekonstruierten Fassung bestaunen.
Man muss Helena nicht mögen. Der Filmtheoretiker und -kritiker Siegfried Kracauer zählte Manfred Noas Epos in seinem Buch Von Caligari zu Hitler zur „Mode historischer Schinken“ und bewertete es als „genau das Richtige für Kleinstädter und Ladenmädchen, die nichts als ein warmes Herz zu bieten hatten“. Auch 23 Jahre zuvor, bei dessen Kinostart, war Kracauer Noas Leinwandversion der Ilias wenig wohlgesinnt. In der Frankfurter Zeitung vom 7. Mai 1924 attestierte er dem 1930 mit nur 37 Jahren an einer Bauchfellentzündung verstorbenen Filmemacher aber immerhin einen „Triumph der Regiekunst“, was die detailverliebte Rekonstruktion der antiken Welt betrifft. Und auch aus heutiger Sicht muss man Noa – egal wie oberflächlich und plakativ seine Bearbeitung des Mythos auch ausfallen mag – zumindest einen Willen zum Monumentalen zugestehen. Das Wagenrennen etwa, zwei Jahre vor Fred Niblos Ben Hur entstanden, fasziniert bis heute durch seine Dynamik.

Die Geschichte, die der Berliner Regisseur, der seine Filmkarriere als Szenenbildner begann, im Januar und Februar 1924 in zwei Teilen in die Kinos brachte, ist aus dem Schulunterricht hinlänglich bekannt: Der schöne Paris (Wladimir Gaidarow), der noch nicht weiß, dass er der Sohn des trojanischen Königs Priamos (Albert Steinrück) ist, raubt Helena (Edy Darclea) von den Spartanern. Das lässt sich deren König Menelaos (Friedrich Ulmer) freilich nicht gefallen und zieht unter Agamemnons (Karl Wüstenhagen) Führung mit den restlichen Griechen in den Krieg. Zehn Jahre dauert der, eh ihn eine List entscheidet. Wir erinnern uns: der Trick mit dem Pferd. Und das alles nur wegen der Schönheit einer Frau. Doch spätestens seit Frank Millers Comic 300 und dessen Verfilmung durch Zack Snyder wissen wir ja auch, dass das alles kein Wahnsinn ist. „Das ist Sparta“, hätte Menelaos im Millerschen Universum wohl gesagt.

Der Vergleich mit (Superhelden-)Comics und deren Verfilmungen hinkt nur auf den ersten Blick. Denn Noas zweiteiliges Epos überzeugt mehr durch seine technische Brillanz, durch Ausstattung und Kulissen, durch Massenszenen und Stunts, denn durch psychologische Tiefe. Große Geste(n) statt feiner Figurenzeichnung, platte Materialschlacht statt dramaturgische Tiefe – damit sind die antiken Helden und Götter ihren Comicversionen näher, als ihnen lieb sein mag.

In einer gut sortierten Sammlung sollte Helena dennoch nicht fehlen. Eine deutsche Kopie des Films ist nicht erhalten. Filmjuwelen bietet eine vom Münchner Filmmuseum rekonstruierte Fassung, die auf einer viragierten Schweizer Verleihkopie basiert und 2001 erstmals im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Die Zwischentitel sind zweisprachig, auf Deutsch und Französisch. Die Bildqualität überzeugt und beeindruckt auch heute noch mit manch unerwarteter Nahaufnahme und manch ausgeklügelter Überblendung. Ein knappes, nicht ganz fehlerfreies Booklet rundet die DVD ab. Für den moderaten Preis stimmt das Gesamtpaket. Wer hingegen etwas mehr Geld investieren will, sollte zur Doppel-DVD der Edition Filmmuseum greifen. Diese bietet deutlich mehr Bonusmaterial und geht bei den Hintergrundinformationen deutlich weiter in die Tiefe.

Helena – Monumentalfilm in zwei Teilen

Manfred Noas „Helena“ läutete 1924 das Ende einer kurzen Epoche des deutschen Monumentalfilms ein. Das seinerzeit sehr erfolgreiche, heute größtenteils in Vergessenheit geratene Drama über den Untergang Trojas können Stummfilmfans in einer rekonstruierten Fassung bestaunen.
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