Erbarmungslos

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Montag, 8. August 2011, WDR, 22:45 Uhr

Wyoming im Jahre 1880: Im Städtchen Big Whiskey, wo der ehemalige Gunman Little Bill Daggett (Gene Hackman) als Sheriff im Einsatz ist, geschieht eines Tages ein brutales Verbrechen. Die Prostituierte Delilah Fitzgerald (Anna Levine) wird von den Cowboys Davey Bunting (Rob Campbell) und Quick Mike (David Mucci), der ihr auch noch das Gesicht zerschneidet, brutal misshandelt, aber Sheriff Daggett lässt die beiden straffrei ausgehen, nachdem sie zur Entschädigung ein paar Pferde an den Bordellbesitzer Skinny (Anthony James) abgedrückt haben. Doch Delilahs erzürnte Kolleginnen fordern den Tod der Täter, legen ihre Ersparnisse zusammen und setzen tausend Dollar Prämie darauf aus. Die Geschichte der Gewalttat, die in zunehmend drastischen Versionen erscheint, macht ihre Runde weit über Wyoming hinaus, und das enorme Kopfgeld lockt einige schießwillige, mehr oder weniger fachkundige Abenteurer an. Darunter ist auch der junge Texaner Schofield Kid (Jaimz Woolvett), der sich bemüht, den in Geldnöte geratenen, einstigen Revolverhelden Bill Munny (Clint Eastwood) als Partner zu gewinnen, der noch seinen alten Freund Ned Logan (Morgan Freeman) mitbringt, und es ist dieses Trio, das ganz besonders in den erbarmungslosen Fokus von Sheriff Daggett gerät, der den Kopfgeldjägern den Kampf angesagt hat …
Die Liste der Nominierungen und Auszeichnungen, die sich dieser spektakuläre Western von Clint Eastwood erspielt hat, ist lang, wobei Erbarmungslos nach neun Nominierungen in vier Kategorien mit dem Academy Award prämiert wurde: Als Bester Film, für die Beste Regie, für Gene Hackman als Besten Nebendarsteller und den Besten Schnitt von Joel Cox. Das ebenso intensiv wie thematisch ambivalent inszenierte Werk, das letztlich eine Demaskierung der typischen Topoi und Charakterzeichnungen seines Genres präsentiert, wird vom American Film Institute als einer der hundert besten US-amerikanischen Filme sowie einer der zehn besten Western geführt und war seinerzeit auch an den Kinokassen ein immenser Erfolg. Schauspieler und Filmemacher Clint Eastwood ist damit eine beeindruckende, differenziert von einem hervorragenden Ensemble gespielte Geschichte als Absage an gängige Gewalt gelungen, die er der Italo-Western Legende Sergio Leone und seinem einstigen Förderer Don Siegel gewidmet hat.

Der so heißblütige wie naive junge Draufgänger, der abgetakelte alte Revolverheld, der kaum mehr trifft worauf er zielt und es doch noch ein Mal wissen will, der augenscheinlich gesetzestreue Sheriff sowie die weiteren Protagonisten: Die scharf gezeichneten Männer-Figuren, denen energische Frauen-Charaktere als eine Art moralische Instanz gegenübergestellt werden, repräsentieren in Erbarmungslos ein breites Spektrum aus Western-Welten, das nicht selten an die berühmten Klassiker des Genres erinnert, das hier eine gleichermaßen originelle wie tiefgreifende Abrechnung erfährt, die sich sowohl thematisch als auch in der formalen Gestatung niederschlägt. Wenn sich der Showdown bei heftigem Regen ereignet, vermeint der entsprechend vorbelastete Zuschauer beinahe, die Klänge von Bob Dylans A Hard Rain’s a-Gonna Fall aus der Ferne zu vernehmen, derart verdichtet erscheint hier die finale, unheilvoll angekündigte Eskalation, die endet, ohne wahrhaftige Helden zu hinterlassen.

Erbarmungslos

Wyoming im Jahre 1880: Im Städtchen Big Whiskey, wo der ehemalige Gunman Little Bill Daggett (Gene Hackman) als Sheriff im Einsatz ist, geschieht eines Tages ein brutales Verbrechen. Die Prostituierte Delilah Fitzgerald (Anna Levine) wird von den Cowboys Davey Bunting (Rob Campbell) und Quick Mike (David Mucci), der ihr auch noch das Gesicht zerschneidet, brutal misshandelt, aber Sheriff Daggett lässt die beiden straffrei ausgehen, nachdem sie zur Entschädigung ein paar Pferde an den Bordellbesitzer Skinny (Anthony James) abgedrückt haben.
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