Trust - Die Spur führt ins Netz

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Trügerisches Vertrauen

Trust ist einer dieser Filme, bei denen man in seinem Kinosessel hin und her rutscht und eigentlich gar nicht hinsehen möchte. Trust ist außerdem einer dieser Filme, über die man noch Tage später nachdenkt, deren Gefühlswelt sich in die eigene bohrt und eine ganze Weile anhält. Trust ist der zweite Langfilm von David Schwimmer, den die Mehrheit wohl als Ross Geller aus der US- amerikanischen Fernsehserie Friends kennt.
Der Film beginnt mit einer Konstellation, die von Anfang an erahnen lässt, welche schreckliche Wendung der Film bald nimmt. Annie (Liana Liberato) ist eine hübsches, intelligentes Mädchen, die mitten in der Pubertät steckt. Wie alle Teenager heutzutage ist sie viel online unterwegs und trifft dort als „Volleygirl13“ auf „Charlee“, einen Jungen aus Kalifornien, der wie sie Volleyball spielt. Die beiden teilen online ihre Sorgen, Ängste, Wünsche und Hoffnungen. „Charlee“ scheint der perfekte erste Freund zu sein und auch wenn sie sich noch nie getroffen haben, verliebt sich Annie in ihren Chatpartner. Dieser gesteht ihr jedoch bald, dass er doch etwas älter sei als sie, ein Schock, der noch viel schlimmer wird, als sich die beiden eines Tages wirklich Treffen. Denn „Charlee“ ist ein erwachsener Mann, der Annie mit einem Trick in ein Hotelzimmer lockt und sich dort an ihr vergeht. Genau an diesem Punkt, den man schon lange vorher erahnen konnte, denkt man, man wüsste wie der Film weiter gehen wird. Das Verbrechen, die Sexualität, die Scham – all dies wird ausgeschlachtet werden wie in einem dieser schmalzig-schmierigen US- amerikanischen TV Filme, die sich mit Tragödien aus dem „wahren Leben“ beschäftigen.

Doch weit gefehlt. Schwimmer überrascht mit einer mutigen Betrachtung, die nicht nur intelligent und warmherzig daherkommt, sondern das Thema Vergewaltigung mit unglaublichem Respekt und viel Raum für das Opfer ausstattet. Nicht eine Minute lang werden die Tragödie und ihr Potenzial für Pathos und Schaulust ausgebeutet. Viel mehr nimmt Trust eine Wendung in Richtung Annie und ihrer Eltern, deren Welten kollabieren. Während Annie die Vergewaltigung leugnet und verzweifelt versucht, sich das Geschehene damit zu erklären, dass „Charlee“ ihr so seine Liebe zeigen wollte, versucht ihre Mutter (grandios subtil: Catherine Keener ) alles, um dem Mädchen Halt und Wärme zu geben und nicht an der Tatsache zu verzweifeln, dass ihrer Tochter Leid zugefügt wurde. Annies Vater (Clive Owen) hingegen kann sich und seiner Tochter nicht verzeihen. Sein Vertrauen zu ihr ist erschüttert. Doch noch schlimmer, sein Bild von sich als schützender Vater ist für immer zerbrochen. Paranoid und rachsüchtig macht er es sich zur Aufgabe den Mann zu finden, der seiner Tochter Leid angetan hat und vergisst dabei seiner Tochter auch ein Vater zu sein.

Trust arbeitet behutsam auf zwei Ebenen. In der ersten betrachtet er wertungsfrei und mit respektvollem Abstand Annies Gefühlswelt. Annie wird Ernst genommen und darf mehr sein als nur ein stummes Opfer. Vor allem ihr Kampf durch pubertäre Gefühlswelten, durch den Missbrauch und dessen Folgen, die sich auch auf die Schule und Freundschaften auswirken, wird begleitet und gibt der Figur damit die Macht zur Selbstbestimmung zurück. Auf der zweiten Ebene beschäftigt sich der Film mit den Eltern, die eigentlich alles richtig gemacht haben und deren Hände doch gebunden sind, denn Kinder lassen sich – vor allem in einem so hoch technisierten Zeitalter – einfach niemals ganz beschützen. So dreht Trust endlich einmal den Spieß um und kümmert sich, so wie es eigentlich sein sollte, nicht um den Täter und dessen Perspektive, sondern um die Opfer.

Trust - Die Spur führt ins Netz

„Trust“ ist einer dieser Filme, bei denen man in seinem Kinosessel hin und her rutscht und eigentlich gar nicht hinsehen möchte. „Trust“ ist außerdem einer dieser Filme, über die man noch Tage später nachdenkt, deren Gefühlswelt sich in die eigene bohrt und eine ganze Weile anhält.
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