The Tower - Tödliches Inferno

Eine Filmkritik von Stefan Dabrock

Und es soll schneien, sprach der Wirtschaftsboss

Hochmut gehört zum Katastrophenfilm wie die Katastrophe selbst. Denn oft lösen arrogante Menschen mit Macht die grausamen Ereignisse erst aus oder verstärken sie zumindest. Die Motive dahinter können sich unterscheiden.
Der mächtige Wolkenkratzer „Tower Sky“ ist der größte Stolz seines Investors. Die zwei Türme, die in schwindelnder Höhe mit einer Glasbrücke verbunden sind, bieten jeden Komfort, den sich die Bewohner wünschen können. Aber technische Finesse und Luxusausstattung reichen dem Kopf hinter dem Bauwerk nicht aus, die anstehende, exklusive Weihnachtsfeier soll mit einem ganz besonderen Showspektakel aufgepeppt werden. Der Plan sieht vor, dass um die Zwillingstürme kreisende Hubschrauber zu nächtlicher Stunde Kunstschnee herunterrieseln lassen. Wenn die Natur auf weiße Weihnacht verzichtet, dann will der mächtige Wirtschaftsboss für seine Gäste in die Bresche springen und die Bürger Seouls zum Staunen bringen, die sich auf den Straßen der Stadt befinden. Warnungen aufgrund zu starker Windböen werden abgewiegelt, die Flugerlaubnis per Beziehungen eingeholt und damit die Katastrophe heraufbeschworen. Einer der Hubschrauber stürzt in den Wolkenkratzer, sodass eine gigantische Explosion entsteht. Zeitgleich mit dem Feuer bricht auch die Panik unter den Menschen im Gebäude aus. Während sie versuchen, nach unten zu gelangen, rückt die Feuerwehr an, um sich dem Inferno zu stellen.

Ein Katastrophenfilm ist immer dann besonders wirkungsvoll, wenn die Fallhöhe zwischen Normalität und anschließender Todesgefahr besonders hoch ist. Auf diesem Gebiet leistet The Tower — Tödliches Inferno wahrhaft Großes. Der Auslöser für die dramatischen Ereignisse hängt nicht nur mit der Arroganz zusammen, mit der ein Machtmensch begründete Warnungen in den Wind schlägt, das Ziel des Investors ist die eigene Überhöhung. Der prachtvolle Bau, dessen Größe und Höhe alleine schon Dominanz ausstrahlt, weil er mit Herrschaftsanspruch über der Stadt thront, reicht nicht aus. Die Natur muss zusätzlich symbolisch zurechtgewiesen werden, indem künstlicher Schnee für das sorgt, was sie nicht schafft: Weiße Weihnacht. Es geht letztlich um den Anspruch göttlicher Macht, der mithilfe wirtschaftlichen Kapitals erreicht werden soll. Die totale Hybris löst den Zusammenbruch des eigenen Werks aus.

Parallel dazu entwickelt Ji-hoon Kim ein unglaublich kitschig-friedliches Heile-Welt-Szenario unter den Angestellten und den meisten Bewohnern des Gebäudes. Das kann auch ein bisschen Stress mit dem Chef nicht trüben, wenn in der Küche ein Gasherd in Brand gerät. Eine Liebesgeschichte zwischen zwei Mitarbeitern inklusive süßem Kind bahnt sich ebenso an, wie einer der Küchenangestellten einen Heiratsantrag vorbereitet. Dazu kommt die makellose Inszenierung der exklusiven Weihnachtsfeier für spezielle geladene Gäste, die bis zur Katastrophe umschmeichelnde Musik mit dem Glanz perfekter Ausleuchtung, sowie der Schönheit luxuriösen Designs verbindet. Hier findet das Drama seine Anknüpfungspunkte, um brachial zuzuschlagen.

Und das geschieht mit der ganzen Wucht, die das Actionkino in die Waagschale werfen kann, um aus Todesgefahr, ein bisschen Heldenmut, Angst und Verzweiflung sowie wuchtigen Effekten eine aufwühlende Mischung widerstreitender Emotionen heraufzubeschwören. Wenn bei der Rettung per Befehl wohlhabende, wichtige Bewohner gegenüber denjenigen bevorzugt werden sollen, die direkter vom Tod bedroht sind, dann stellt sich Wut ein. Wenn eine weibliche Angestellte um die Sicherheit eines kleinen Mädchens kämpft, das in dem unübersichtlichen Chaos verloren wäre, dann stellt sich Hoffen und Bangen ein. Wenn ein Feuerwehrmann völlig verrückte Sachen macht, die sein eigenes Leben bedrohen, aber das anderer retten können, dann stellt sich eine Mischung aus Bewunderung, Angst und dem Wunsch ein, er möge vielleicht auch mal an sich selbst denken.

Kim setzt die Möglichkeiten des Katastrophenszenarios souverän ein, indem er ein breites Spektrum menschlicher Emotionen verwendet. Das kann man formelhaft nennen, aber er nutzt das Reservoir der Gefühle, die den Menschen als Wesen ausmachen. Deswegen bedient der Film im makellosen Sinne die Funktion, die das Erzählen dramatischer Geschichten hat. Es führt stellvertretend in Grenzsituationen, deren Bewältigung Fragen und Konflikte aufwirft. Die Einbettung in ein Netz aus politischem sowie wirtschaftlichem Dominanzanspruch verleiht dem Werk eine zusätzliche Dimension, auch wenn sie über weite Strecken nur angedeutet wird.

The Tower - Tödliches Inferno

Hochmut gehört zum Katastrophenfilm wie die Katastrophe selbst. Denn oft lösen arrogante Menschen mit Macht die grausamen Ereignisse erst aus oder verstärken sie zumindest. Die Motive dahinter können sich unterscheiden.
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