Pretty Little Liars (Staffel 4)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

#TellMeLies

Pretty Little Liars ist ein Mix aus Mystery und Drama. Die von I. Marlene King konzipierte TV-Serie basiert auf der gleichnamigen Young-Adult-Buchreihe von Sara Shepard und erzählt von einer High-School-Girl-Clique in der fiktiven US-Kleinstadt Rosewood. Das Suburbia-Setting sowie die verblüffende Fülle von düsteren Geheimnissen erinnern an Desperate Housewives (2004-2012), während das Teen-Milieu und die starke Einbeziehung mobiler Endgeräte in die intrigenreiche Handlung an Gossip Girl (2007-2012) denken lassen. In Rosewood herrscht nicht das Diktat der Logik – hier gelten die Regeln der Guilty-Pleasure-Unterhaltung. Das wichtigste Gebot – „Du sollst nicht langweilen!“ – wird dabei stets eingehalten.

Im Zentrum der Serie stehen die Schülerinnen Aria (Lucy Hale), Hanna (Ashley Benson), Spencer (Troian Bellisario) und Emily (Shay Mitchell), die einst mit der rücksichtslosen „Queen-Bee“ Alison (Sasha Pieterse) einen Freundeskreis bildeten – bis Alison nach einer gemeinsamen Pyjama-Party spurlos verschwand. Die vorliegende DVD zur vierten Staffel bietet als Bonus die Rückblick-Episode „So lügt man in Rosewood“, in welcher im Schnelldurchlauf die wichtigsten Stationen der ersten drei Staffeln präsentiert werden. So kann man sich ins Gedächtnis zurückrufen, was es zum Beispiel mit der „Jenna-Sache“ auf sich hat oder wann „Roter Mantel“ zum ersten Mal auftauchte – und selbst als Pretty Little Liars-Neueinsteiger wird einem auf diesem Wege ein Zugang zu Staffel 4 ermöglicht.

Was man wissen sollte: Ein Jahr nach Alisons Verschwinden begann eine Unbekannte (oder ein Unbekannter?) namens „A“, den übrigen vier Mädchen bedrohliche Textnachrichten zu schicken – und im Garten von Alisons Familie wurde eine Leiche gefunden, die als Alison identifiziert werden konnte. Aria, Hanna, Spencer und Emily wurden seither von „A“ mit ihren ängstlich gehüteten Geheimnissen – etwa den Gefühlen für den neuen Englischlehrer (Ian Harding), für den Freund der älteren Schwester oder für Personen des eigenen Geschlechts – konfrontiert; mehrere Male mussten sie um ihr Leben fürchten – und waren trotzdem immer wieder bestrebt, hinter die Identität von „A“ zu kommen. Im Finale von Staffel 2 glückte eine Demaskierung – ehe die ganze Sache dann rasch noch komplizierter wurde. Es folgten Psychiatrieaufenthalte, ein Hüttenfeuer samt Rettungsaktion (die die Frage aufwarf, ob Alison vielleicht doch noch lebt) – und diverse Tote, darunter der korrupte Polizeibeamte Darren Wilden (Bryce Johnson).

In der vierten Staffel setzt sich das Whodunit-Rätselraten fort; „A“ webt das Intrigennetz unbeirrt weiter, wodurch beispielsweise Hannas Mutter Ashley (Laura Leighton) ins Gefängnis wandert, bis das falsche Mordgeständnis einer anderen zentralen Figur sie wieder nach Hause bringt. Die Methoden von „A“ werden zunehmend rabiater; so kracht etwa ein Auto mit Vollgas in ein Familienhaus – und eine fiese Botschaft wird in Form einer höchst unangenehmen „Zahnarztbehandlung“ überbracht.

Das mag alles ziemlich abstrus klingen – dabei war noch gar nicht von dem Papagei, dem zwielichtigen Maskenbildner, der heimtückischen Bienenfalle, dem Geheimbunker im Haus einer Studentinnen-Verbindung, der Wahrsagerin mit den verrückten Augen oder dem ominösen Kontrollraum die Rede. Zu den Highlights der Serie gehören seit jeher die Mottofolgen. In der Halloween-Episode führt etwa ein Ausflug in den obskuren Vorort Ravenswood zur Teilnahme an einer Friedhofsfeier in edwardianischer Garderobe – woraus eine gehörige Portion an amüsant-schickem Grusel-Kitsch resultiert. In einer schön gestalteten Film noir-Episode zeigen sich die Figuren wiederum in edlem Schwarzweiß (ein Lob an das Set- und Kostüm-Design-Team!).

Der Look der Serie ist (ebenso wie die musikalische Untermalung) reizvoll, die Dialoge zeugen zuweilen von Witz und Selbstironie. Aria, Hanna, Spencer und Emily sind keine strahlenden Heldinnen; nicht selten verhalten sie sich völlig kopflos und bringen sich (sowie andere) unnötig in Gefahr – dennoch kann man durchaus mit ihnen mitfühlen. Aus dem insgesamt solide agierenden Ensemble ragen ein paar Talente heraus.

So verleiht Ashley Benson (bekannt aus Spring Breakers) der chaotischen Hanna etwas zutiefst Sympathisches; in dieser Staffel hat sie intensive Momente mit Laura Leighton (als Mutter) sowie mit Tyler Blackburn (als boyfriend Caleb) und der erstaunlich abgebrüht auftretenden Janel Parrish (als Ex-„BFF“ Mona). Während Hanna von sich behauptet, seit Die kleine Raupe Nimmersatt kein Buch mehr zu Ende gelesen zu haben, heißt es über Spencer, sie könne auswendig ganze Passagen aus dem Werk Dostojewskis zitieren – gar in zwei Sprachen. Troian Bellisario verkörpert die ehrgeizige, psychisch labile Spencer mit beachtlichem Ausdruck – und harmoniert zudem wunderbar mit Keegan Allen, welcher als Spencers Freund Toby die interessanteste Männerfigur der Serie spielt (die einst als „Weirdo“ eingeführt wurde, sich allerdings bald äußerst positiv entwickelte).

Die Jungs sind in Pretty Little Liars eher unterbeschäftigt – was aber nicht allzu schlimm ist, da es immer noch zu viele Filme und Serien gibt, in denen es den weiblichen Figuren so ergeht. Eine hübsche Idee ist, dass sich Caleb und Toby in einer Episode zusammentun, um „A“ auf die Schliche zu kommen, indem sie mit Aplomb und zu einem schmissigen Song Zettelchen an eine Mind-Map kleben, Internet-Recherche betreiben und sich später einen little liar auf dem Flugplatz vorknöpfen. Ian Harding darf indes in dieser Staffel als Lehrer (und große Liebe von Aria) nun auch die dunkle Seite seiner Rolle ausloten.

Alles in allem ist Pretty Little Liars auch in der vierten Runde eine suchterzeugende, herrlich abgefahrene Crime-Soap, die Fernseh-Vergnügen zu bereiten weiß. Und für Nachschub ist gesorgt: Staffel 6 startet im Juni in den USA; eine siebte, finale Staffel ist bereits in Planung.
 

Pretty Little Liars (Staffel 4)

„Pretty Little Liars“ ist ein Mix aus Mystery und Drama. Die von I. Marlene King konzipierte TV-Serie basiert auf der gleichnamigen Young-Adult-Buchreihe von Sara Shepard und erzählt von einer High-School-Girl-Clique in der fiktiven US-Kleinstadt Rosewood.

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