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Eigentlich wollen sie ein Kind miteinander, aber jetzt haben sich Marie und Sascha mit ihren jeweiligen Affären in derselben Berghütte verabredet. Das kann nicht gut gehen.

Maybe, Baby! (2017)

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Maybe Love, maybe Sex

Marie und Sascha wollen ein Kind. Oder vielleicht, diesen Eindruck bekommt man schnell, will eher Sascha (Marc Ben Puch) ein Kind und Marie (Julia Becker) spielt irgendwie mit. Auf der Geburtstagsfeier bei einer Freundin, haufenweise Kinder toben herum, wirkt sie eher irritiert als interessiert; und als Sascha freimütig erzählt, dass sie jetzt immer gezielt an Maries fruchtbaren Tagen Sex hätten und deshalb jetzt auch nach Hause müssten, ist ihr das unangenehm. Und streckt dann im Bett nach Saschas Orgasmus brav nach seinen Anweisungen die Beine in die Luft; das soll ja angeblich helfen.

So weit, so nachvollziehbar; Regisseurin und Hauptdarstellerin Becker zeigt in ihrem Debütfilm Maybe, Baby! in diesen ersten Sequenzen Elternschaft aber auch fokussiert auf die Art und Weise, die Menschen ohne Kinder gerne (und nicht zu Unrecht) irritiert; auf einmal sind bestimmte Körperlichkeiten, über die man vorher nicht spricht, dauerndes Gesprächsthema – nicht nur Kinderkotze und Exkremente betreffend: „Sie hat den Arzt nach dem Dammriss gefragt, ob er sie etwas enger nähen könnte.“ Und implizit erwarten alle, dass man doch bald ein Kind bekommen werde.

Marie will es aber unkomplizierter: Kaum ist Sascha zur Tür hinaus auf eine mehrtägige Reise, gönnt sie sich ein Bad und etwas Pause, schwingt sich dann aufs Fahrrad und fährt zu Lukas (Christian Natter), mit dem sie eine Affäre hat – noch etwas jünger als sie, leidenschaftlich und vor allem: auch ihre Leidenschaft weckend. Er will von ihr hauptsächlich Sex, ohne große Bindung, und weiß nicht einmal, wie alt sie wirklich ist. Und Marie will das gar nicht anders – die Tage von Saschas Abwesenheit will sie nutzen, um mit Lukas in die Berge zu fahren: Freunde haben da eine Hütte, die steht gerade leer.

Der Film positioniert seine Protagonistin so, ohne sie zu diskreditieren, als die Unehrliche in ihrer Liebesbeziehung: Sie mag Sascha nicht gestehen, dass ihr Kinderwunsch vielleicht nicht so ausgeprägt ist wie seiner, und ihre Affäre hält sie außerdem noch geheim. Wie soll das gutgehen?

Aber Beckers Maybe, Baby! macht es sich nicht ganz so einfach. Denn als Marie und Lukas in der Hütte ankommen – auf ein Wochenende dort festgesetzt, denn die Lifte ins Tal fahren erstmal nicht mehr – und sich schon auf der Veranda ihrer Kleider entledigen, treffen sie im Inneren der Hütte, nicht weniger splitternackt, auf Sascha und Birgit (Charlotte Crome), die sich denselben Ort für ein heimliches Stelldichein ausgesucht hatten.

So werden die moralischen Gewichte natürlich neu verteilt, und vor allem sind insbesondere Marie und Sascha gezwungen, sich damit auseinanderzusetzen, was sie eigentlich wollen: voneinander, miteinander. Ein Kind? Liebe? Das ist eine schöne Versuchsanordnung, gewissermaßen die Einsame-Hütte-Variante der stereotypen Vorstellung einer französischen Beziehungskomödie. Aber Maybe, Baby! fühlt sich eben auch ein wenig zu sehr nach Versuchsanordnung an, ein wenig zu bemüht, um ganz natürlich zu wirken.

Das liegt allerdings allein an der Grundkonstruktion des Plots, weder an den Dialogen noch an den ganz und gar überzeugenden Schauspieler_innen. Julia Becker nimmt man jederzeit die leicht verwirrt-planlose Frau ab, die sich schlichtweg noch nicht orientieren will; und Marc Ben Puch begibt sich mit Haut und Haaren in die Rolle des empörten Betrogenen, seiner eigenen Untreue zum Trotz, der sich furchtbar über Marie und ihren Liebhaber aufregt, ohne seine eigene Rolle wirklich reflektieren zu wollen – und damit vor allem Cromes Birgit sehr schnell auf die Nerven geht.

Birgit ist in dem ganzen Konstrukt die rätselhafteste wie interessanteste Figur – distanziert-ironisch beobachtet sie das Theater, das sich da vor ihren Augen abspielt; eine Frau, die wesentlich entspannter in ihrer eigenen Haut lebt als alle anderen um sie herum. Das Einzige, was dazu nicht besonders gut passt, sind die etwas schlichten Kalenderblatt-Ratschläge, die sie Marie in der Frage „Kind oder nicht“ mit auf den Weg gibt: „Manchmal verpasst man den richtigen Moment – was soll denn passieren?“

So differenziert das Drehbuch (von Becker verfasst) die Beziehung zwischen Sascha und Marie auch zu zeichnen versteht, so ambivalent ihr Verhältnis bis zum Schluss bleibt – da gibt es keine einfache Versöhnung und kein schmerzfreies Happy End –, bei der Kinderfrage macht es sich es womöglich etwas zu einfach, wird Maries Entscheidungsprozess, werden ihre Sorgen und Schwierigkeiten nicht wirklich sichtbar. Das schwächt den Film, weil sich sein letztes Drittel dann doch ganz erheblich um diese Frage dreht.

Aber es zerstört ihn nicht: Maybe, Baby! bleibt ein sehenswertes Debüt, dass sich – eher unüblich für deutsche Beziehungskomödien – nicht auf Platitüden und flache Scherze verlässt, sondern sich Zeit für tiefergehende Komik – und Traurigkeit – lässt. Man darf auf Julia Beckers nächsten Film gespannt sein.

Maybe, Baby! (2017)

Die Mittdreißigerin Marie steht vor der Frage aller Fragen: Endlich ein Kind? Ihre Freundinnen haben alle ihre individuellen Lösungen gefunden und auch ihr Freund ist ganz heiß drauf. Nur Marie möchte da am liebsten gar nicht drüber nachdenken und fährt zur Ablenkung erstmal mit ihrer Affäre in den Urlaub. Sexuell hoch motiviert reisen die beiden zu einer Hütte in den Tiroler Bergen. Nur um festzustellen, dass sie dort ganz und gar nicht alleine sind. Maries Freund mit wiederum seinem Seitensprung ist bereits da. Eine verrückte Konstellation, bei der natürlich alle Konflikte des Paares aufbrechen.

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