Maps to the Stars (2014)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Hollywood Babylon

David Cronenberg also wieder. Zwei Jahre ist es her, dass in Cannes dessen letzter Film Cosmopolis gezeigt wurde. Dort hatte er das Publikum und die Kritik ziemlich gespalten und teilweise auch regelrecht entsetzt, was zu einem Gutteil auch an Robert Pattinson lag. Insofern waren die Erwartungshaltungen an Cronenbergs neuen Film vorsichtig optimistisch, wobei schon der vorab veröffentlichte Trailer den Eindruck vermittelte, dass es mit Maps to the Stars tatsächlich etwas werden könnte. Nun — dieser erste Eindruck täuschte nicht..

Im Zentrum des Films steht eine junge, von Brandnarben entstellte Frau namens Agatha (Mia Wasikowska), die aus Florida nach Los Angeles gereist ist, um dort ihre Familie aufzusuchen. Damit scheint sie es aber nicht sehr eilig zu haben, denn zuerst sucht sie sich einen Job und kommt auf Vermittlung einer Facebook-Bekanntschaft als persönliche Assistentin bei der etwas heruntergekommenen Schauspielerin Havana Segrand (Julianne Moore) unter. Diese wird von Geistererscheinungen ihrer Mutter heimgesucht, die ein großer Hollywood-Star war — und nun hängt ihre Tochter all ihr Lebensglück daran, ob sie in einem neuen Filmprojekt ihre Mutter darstellen kann — als eine Art späte Aussöhnung mit dem verhassten Monster, das ihr einst das Leben zur Hölle machte. Parallel dazu entwickelt der Film verschiedene andere Erzählstränge, die natürlich alle miteinander verwoben sind: Da sind zum Beispiel Agathas Eltern (Olivia Williams und John Cusack) sowie ihr kleiner Bruder Benjie (Evan Bird), der es als Teeniestar zu einiger Berühmtheit, aber auch zu einer frühen Drogensucht und ziemlich schlechten Manieren gebracht hat. Oder der Chauffeur und Schauspieler Jerome Fontana (Robert Pattinson), dem die junge Frau immer wieder begegnet.

Und zwischendrin tummeln sich echte und falsche Stars, hoffnungsvolle Nachwuchsmimen, abgetakelte Darstellerinnen, die ihre besten Tage schon lange hinter sich gelassen haben, geldgierige Produzenten, ekelhafte Kinderstars und alle weiteren Schattierungen von Neid, Niedertracht und Missgunst, von Abhängigkeiten, Perversionen, Oberflächlichkeiten und dunklen Geheimnissen, die die Traumfabrik sonst noch so hervorgebracht hat. Mehr über den Film zu verraten, würde dem Genuss, den Maps to the Stars ohne jeden Zweifel darstellt, allerdings schon jene Überraschungs- und Schockmomente nehmen, die das Sahnehäubchen dieser bitterbösen und dunklen, zugleich aber auch unendlich zarten und liebevollen Abrechnung mit „Hollywood Babylon“ und dem Moloch Los Angeles bilden. Dass die Filmindustrie dabei gar nicht gut weg kommt, dürfte man bei Cronenberg fast schon geahnt haben — so bitter und zugleich fasziniert aber hat man sich das kaum zu erträumen gewagt.

Zusammen mit Robert Altmans Short Cuts und David Lynchs Mulholland Drive ist Maps to the Stars die vielleicht schönste filmische Annäherung an die Stadt, die schon unzählige Male gefilmt wurde, der aber doch nur ganz wenige Regisseure ihren unverwechselbaren visuellen Stempel aufdrücken konnten. Seit heute, seit der Premiere seines neuesten Films, ist der Kanadier David Cronenberg eine dieser Ausnahmeerscheinungen — aber das war er vorher sowieso schon. Und über Cosmopolis müssen wir nun Gott sei Dank nicht mehr länger nachdenken. Er ist zurück. Und das ist definitiv eine gute Nachricht.
 

Maps to the Stars (2014)

David Cronenberg also wieder. Zwei Jahre ist es her, dass in Cannes dessen letzter Film „Cosmopolis“ gezeigt wurde. Dort hatte er das Publikum und die Kritik ziemlich gespalten und teilweise auch regelrecht entsetzt, was zu einem Gutteil auch an Robert Pattinson lag.

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