Goethe!

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Dichterfürst mit Ausrufezeichen

„Ausgerechnet Goethe“ mag sich manch einer denken, der in der Schule bereits mit den Schriften des Nationaldichters zu tun hatte. Mal ehrlich: So ganz spontan haben sich die allerwenigsten von uns mit dem Schöpfer von Faust I und II angefreundet. Philipp Stölzls selbstbewusst mit Ausrufezeichen versehenes Biopic Goethe! wird daran zweifelsohne kaum etwas ändern können – zu präsent sind manchem noch die gefürchteten Deutsch-Klausuren zu den Schriften des Herrn Geheimrates. Wer Goethe allerdings unvoreingenommen gegenüber steht, der dürfte Stölzls Parforceritt durch die frühen Jahren des späteren Dichterfürsten einiges abgewinnen können – der oft als dröge Wahrgenommene erweist sich in dieser Huldigung nämlich als ausgemachter Luftikus und gar nicht langweiliger Lebemann. Zumindest den jungen Heranwachsenden könnte diese bislang eher unbekannte Seite des Dichters einiges an Spaß bereiten.
Wir schreiben das Jahr 1772, der junge Jurastudent Johann Wolfgang Goethe (Alexander Fehling) fällt in Straßburg nicht gerade durch übermäßigen Fleiß auf und versaut so folgerichtig seine Prüfung zum Doktor der Juristerei. Dem ungestümen jungen Mann macht dies viel weniger aus als seinem Herrn Vater (Henry Hübchen), der seinem Sohn eine Stelle als Referendar beim Reichskammergericht in Wetzlar besorgt. Dort, so die Hoffnung der Vaters, sollen Johann, der von einer Karriere als Dichter träumt, die Flausen ausgetrieben und er wieder auf Linie gebracht werden. Zunächst scheint das Kalkül des Vaters auch aufzugehen, denn unter dem strengen Regiment des Gerichtsrates Albert Kestner (Moritz Bleibtreu) hat Johann wenig zu lachen. An Zerstreuungen bietet Wetzlar ohnehin sehr viel weniger als das vergleichsweise quicklebendige Straßburg. Und als der junge Goethe dann noch eine niederschmetternde Absage für sein Drama Götz von Berlichingen erhält, das er an einen Verleger gesandt hatte, scheint die Karriere als Dichter noch mehr ins Stocken geraten zu sein als seine Laufbahn als Jurist. Dann aber begegnet er der ebenfalls wilden und ungezähmten Lotte Buff (Miriam Stein), einer jungen Frau, in die er sich nach anfänglicher Abneigung umso heftiger verliebt. Als ausgerechnet Albert Kestner mit Goethes Hilfe – die beiden sind in der Zwischenzeit befreundet — um die Hand Lottes anhält, gerät das langweilige Leben des Dichters gehörig durcheinander. Denn außer ihm und Lotte weiß niemand von der Leidenschaft der beiden füreinander. Und die gesellschaftlichen Zwänge geben ihrer Liebe keine Chance. Doch die traurige Liebesgeschiche hat auch ihr Gutes, sie wird zum Impulsgeber für Goethes Durchbruch als Dichter, der seine Erfahrungen und Erlebnisse schließlich in Form des später hymnisch gefeierten Briefromans Die Leiden des jungen Werthers fasst.

Sieht man einmal von den doch recht sichtbaren Defiziten bei den „special effects“ ab, die immer dann deutlich zutage treten, wenn sich der Film in einer aus Totalen bestehenden Opulenz versucht, ist Philipp Stölzls Beinahe-Biopic Goethe! ein solide, flott inszenierter und (mit einigen Ausnahmen) gut gespielter Film über Goethes wilde Jahre, der mit zunehmender Dauer das Leben des Schriftstellers und die Entstehungsgeschichte eines seiner berühmtesten (und berüchtigsten) Werke miteinander verknüpft und in ein Wechselspiel treten lässt. Derlei ist zwar nicht wirklich neu, funktioniert aber vor allem dann ganz ausgezeichnet, wenn man nicht allzu belastet von konkretem Vorwissen ins Kino geht. Unter den Darstellern überzeugt vor allem die bis dato weitgehend unbekannte Miriam Stein, während Alexander Fehling als junger Dichterfürst vor allem zu Beginn des Films allzu munter und lässig erscheint. Sein Agieren ist aber zugegebenermaßen Geschmackssache, die flotte und moderne Herangehensweise schafft es immerhin, aus dem eigentlich bis dato eher spröden Schulstoff Goethe unterhaltsame 100 Minuten im Kino zu zaubern. Wenn der enttäuschte Dichter bei einer rauschenden Party allerdings halluzinogene Pilze einwirft und danach auf einen üblen Drogentrip gerät, dann ist das schon fast ein bisschen viel der Anbiederung an die Kids und Teens unserer Tage.

Bei so viel respektloser Entzauberung eines bildungsbürgerlichen Klassikers glaubt man sich an manchen Stellen des Films beinahe in zeitlicher Nachbarschaft zu Miloš Formans furiosem Amadeus. Der hat freilich auch schon wieder schlappe 26 Jahre auf dem Buckel und kann damit als Gradmesser für einen möglichen Erfolg kaum mehr herhalten.

Auch wenn die Verknappung und Zuspitzung dieses Lebensabschnittes manchem Germanisten und Oberstudienrat als zu glatt geraten erscheint: Gerade im Hinblick auf ein junges Publikum könnte dieser Film durchaus funktionieren – schließlich gelang ein solcher Balanceakt vor zwölf Jahren schon einmal mit John Maddens Shakespeare in Love.

Vieles hängt in diesem Fall nun aber davon ab, ob es gelingen wird, vor allem die jüngeren Zuschauer ins Kino zu locken. Gerade angesichts des doch deutlich veränderten Konsumverhaltens der Teenager und der mittlerweile großen Konkurrenz an Angeboten (nicht nur im Kinobereich) erscheint die Wiederholung eines Kinoerfolgs wie jener von Maddens Arthouse-Hit dann doch als ziemlich schwierige Übung. Man darf gespannt sein, wie die Sache an der Kinokasse ausgeht.

Goethe!

„Ausgerechnet Goethe“ mag sich manch einer denken, der in der Schule bereits mit den Schriften des Nationaldichters zu tun hatte. Mal ehrlich: So ganz spontan haben sich die allerwenigsten von uns mit dem Schöpfer von Faust I und II angefreundet. Philipp Stölzls selbstbewusst mit Ausrufezeichen versehenes Biopic „Goethe!“ wird daran zweifelsohne kaum etwas ändern können – zu präsent sind manchem noch die gefürchteten Deutsch-Klausuren zu den Schriften des Herrn Geheimrates.
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Meinungen

Melanie Ra...... · 13.12.2010

Der film ist super!!
Letzte Woche hab ich ihn mit meiner Klasse gesehen und muss jetzt ne zusammenfassung schreiben!!
naja gar nicht so leicht, den sie soll kurz werden! Doch hab ich schon 2 Seitn geschrieben und finde das es so viele wichtige Szenen im Film gibt!! :)
Kann den Film nur weiter empfehlen!!!

James · 10.12.2010

überraschend und bewegend.. sehr zu empfehlen !

wignanek-hp · 17.11.2010

Die Deutschlehrer sind auch nicht mehr so stocksteif, wie sie das Klischee gerne hätte. Sicherlich biegt der Film die Geschichte in manchen Punkten etwas zurecht, aber das tut jeder Biograph und Goethe selbst in seinen Aussagen zu seinem Leben zu vertrauen, heißt den Bock zum Gärtner machen. Wer gibt schon gerne Niederlagen zu oder beschönigt nicht das eine oder andere!
Wie Lotte schon am Ende des Filmes so ungefähr sagt: „Es ist Dichtung eben!“ So sollte man auch den Film sehen, als Dichtung. Und die ist manchmal näher an der Realität als eine trockene Biographie, die ein Datum nach dem anderen aufzählt. Goethe war ein Womanizer, das können selbst hartgesottene Goethianer nicht bestreiten und die Sache mit dem Superstar stimmt auch. Der Film ist flott inszeniert, die Schauspieler sind gut und wenn Albert Kästner so stocksteif daherkommt, dann ist er, glaube ich, schon ganz gut getroffen. Moritz Bleibtreu kann halt alles. Wer sich auf die Geschichte einlässt, der geht – trotz der unerfüllten Liebe – beschwingt aus dem Kino.

knuddel · 12.11.2010

ich find ihn supi weil wir deswegen keine schule haben *daumenhoch*

heini · 12.11.2010

ich kenn ihn nicht

Mert · 08.11.2010

@ Anneclaire Sexszene ? da findet nur eine nacktszene statt und die dauert vllt. 30 sekunden an xD aber der film ist schon gut und lustig

Anneclaire · 25.10.2010

Ein wunderschöner Film - ich bin total begeistert..
...und Sexszenen, oh mein Gott, der Herr Geheimrat, war wie man landauf und landab vernehmen konnte, gar kein Kostverächter...Jedenfalls könnte der Film Goethe der Jugend eher näher bringen als die ungeliebten Reclam-Hefte ...

wehrburger · 20.10.2010

Nicht sehenswert ! Warum muß fast immer in den letzten Produktionen eine Sexezene mit eingebaut werden? Was hat eine solche in diesem Film zu suchen? Kaum einer der Schauspieler wird seiner Rolle gerecht. M.Bleibtreu, mag ich sonst sehr, spricht seine Sätze wie abgelesen. Wer den pluralis majestatis in höchster Vollendung sehen und hören möchte ist auf alte Ufafilme angewiesen. In diesem Film wird er nur unmöglich dargestellt.

Jutta Müller · 20.10.2010

Dieser Film ist der größte Schwachsinn, den ich seit Jahren gesehen habe. Eine blöde Liebesgeschichte, die fast nichts mit dem wirklichen Goethe zu tun hatte. Fakten nachzulesen in "Goethe erzählt sein Leben".

Smiley · 18.10.2010

Wahnsinn! Meine Frau und ich waren gleichermaßen begeistert von Inhalt und von den Bildern.
Herrliche Aufnahmen in Stadt und Natur. Spannend und sinnig verfilmte Liebesgeschichte. Unbedingt sehenswert! Macht Lust auf Goethe!

kinogänger · 15.10.2010

Diesen Film würde ich Deutschlehrern empfehlen mit ihren Klassen anzuschauen und zwar recht früh. Schüler können durch diesen Film begreifen, dass Goethe nicht der gediegene, allen nur Hochgelehrten ein Vorbild ist, sondern zu seiner Zeit ein Popstar, so wie die, die sie jetzt anhimmeln, ist und ich bin davon überzeugt, dass es den Schülern sehr viel leichter fällt sich mit dem deutschen Dichter und Denker auseinanderzusetzen, da er nicht als der "werthe" Herr Goethe dargestellt wird, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut eben in einer anderen Zeit. Fazit: Ein deutscher Film, eines deutschen Denkers, kurzweilig, national im positiven Sinne und Prädikat pädagogisch wertvoll. Und zum Schluss Moritz Bleibtreu: Universalgenie!