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Eine alte Stadt wie Neapel steckt voller Schätze und Geschichten. Das Erbe der Verstorbenen lebt weiter, auf schöne oder auch schaurige Weise. In dem elegischen Mysteryfilm „Das Geheimnis von Neapel“ wird die Pathologin Adriana eines Tages mit einem tief in ihrer Seele verborgenen Unglück konfrontiert, das ihre Sinne auf die Probe stellt.

Das Geheimnis von Neapel (2017)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Die Stadt, die Leidenschaft und der Tod

Adriana (Giovanna Mezzogiorno) verlässt die Abendgesellschaft ihrer Tante Adele (Anna Bonaiuto) in Begleitung eines jungen Mannes, den sie mit in ihre Wohnung nimmt. Am Morgen nach der leidenschaftlichen Liebesnacht bringt ihr der Mann, der Andrea (Alessandro Borghi) heißt, den Kaffee ans Bett. Er verabredet sich mit der glücklichen Adriana für den späten Nachmittag im Archäologischen Museum. Doch dort wird sie vergeblich auf ihn warten. Am nächsten Tag soll sie als Gerichtsmedizinerin ein männliches Mordopfer untersuchen, dem die Augen entfernt wurden – es ist Andrea.

Der Eros und der Tod, die Feier des Lebens und die Trauer um das Vergangene liegen eng beieinander in diesem elegischen Mysteryfilm des Regisseurs Ferzan Ozpetek (Das Zimmer). Der in Italien lebende, in Istanbul geborene Filmemacher huldigt mit dieser schillernden Melange aus Krimi, Liebesfilm und seelischer Erforschung der weiblichen Hauptperson der uralten Stadt Neapel. Längst haben die organisierte Kriminalität, die Armut, der Müll den Glanz dieser Perle am Mittelmeer überschattet. Aber wer sich wie Andrea, der Taucher, in tiefere Schichten begibt, kann noch fündig werden auf der Suche nach Schätzen, die die Menschen seit der Antike hier erschaffen haben. Andrea wurde, so wird gemutmaßt, Opfer einflussreicher Leute, die er mit einer Kunstfälschung betrügen wollte. 

Auch Adriana weiß, dass Kunst, Schönheit und Reichtum seit jeher zu Neapel gehören. Sie wuchs bei ihrer Tante Adele auf, die in einem städtischen Palazzo lebt, in dem schon das Treppenhaus an Eleganz und Gediegenheit kaum zu überbieten ist. Adeles Wohnung ist mit kostbaren Möbeln eingerichtet und voller Kunstantiquitäten, wie ein privates Museum, in dem sich Behaglichkeit und edler Geschmack mischen. Aber die Tante hat möglicherweise auch etwas mit dem Tod von Adrianas Eltern zu tun, mit dem Unglück ihrer Mutter, die den Verstand verloren haben soll. 

Die Trauer um Andrea reißt in Adriana eine kaum geschlossene Wunde auf, weckt ihre Sehnsucht nach dem verlorenen Vater und führt sie auf das traumatische Geheimnis zu, das sie tief in sich verschlossen hat. Und das geht so: Die meist so pragmatisch, nüchtern wirkende Frau begegnet Andrea wieder, wird von ihrem besorgten Umfeld zu einem Medium geschleppt, doch der Mann lässt sich nicht geistig verscheuchen, sondern stellt sich Adriana schließlich als Andreas Zwillingsbruder Luca (Alessandro Borghi) vor. Er zieht in ihre Wohnung, wird ihr eifersüchtiger Liebhaber. Aber er will nicht, dass die Kommissarin (Maria Pia Calzone) und ihr Kollege Antonio (Biagio Forestieri) – ein trauriger Witwer und alleinerziehender Vater, der sich für Adriana interessiert – von ihm erfahren. 

Das Mysterium einer alten Stadt, die so viel Schaurig-Schönes erlebt hat, trifft nicht zum ersten Mal auf einen Filmcharakter, der sich in ihren Gassen verläuft, während sie immer mehr seinem seelischen Labyrinth gleichen. Ozpetek hatte bereits in dem auf seinem gleichnamigen Roman basierenden Spielfilm Istanbul Kirmizisi ein Rätselspiel um Imagination und Identität veranstaltet, eine Stadtführung, die zur Introspektion eines Charakters geriet. Das Geheimnis von Neapel wirkt morbider, rückt den Tod stärker ins Zentrum, ähnlich wie Wim Wenders‘ Palermo Shooting und Nicolas Roegs Wenn die Gondeln Trauer tragen

Von Neapel selbst ist aber nicht allzu viel zu sehen. Die Kamera meidet die großen Totalen, das Schwelgen in malerischen Panoramen. Mal grüßt am Horizont der Vesuv, öfter aber wird durch halbdunkle Gassen flaniert. Wichtig erscheint Ozpetek die Gegenüberstellung von Alt und Neu. Er verweist auf den Kontrast von Adeles prunkvoller und Adrianas einfacher, modernerer Wohnung, das Klacken von Adrianas Schuhen auf dem Steinboden des Museums, die alten Statuetten und die Graffiti an Hausmauern, die Rolltreppen in einem lichtdurchfluteten Gebäude jüngeren Datums. 

Staunend widmet sich der Regisseur zwei neapolitanischen Bräuchen. Er zeigt eine Aufführung, die Figliata heißt und bei der ein Mann ein Kind gebärt. In einer weiteren Szene, einer magischen Bildkomposition, die die Fantasie auf Reisen schickt, spielen die Bewohner eines Altenheims auf einer Loggia mit Aussichtsbögen die Tombola Vajassa. Darin geht es um die alte Symbolik von Zahlen und die traumähnlichen Geschichten, die sich aus ihrer Reihenfolge formen lassen. 

Die zahlreichen LeserInnen von Elena Ferrantes Roman-Tetralogie Neapolitanische Saga über die Freundschaft von Lila und Elena werden in diesem Film einiges wiederfinden, was sie über diese Stadt bereits aus den Büchern erfahren haben. Charaktere wie Adeles Freund Pasquale (Peppe Barra) verfallen plötzlich in den nur Einheimischen verständlichen Dialekt, den Elena überwinden musste, um den sozialen Aufstieg in der italienischen Gesellschaft zu schaffen. Und auch Adeles an die Stadt selbst gerichteter Wutausbruch, sie sei eine Lügnerin, eine Mörderin, die ihre Kinder nicht liebe, erinnert Ferrantes Leserschaft an Lilas Hassliebe für Neapel, wo sie so viel Gewalt und Falschheit erlebt hat.

All die schönen und rätselhaften Symbole, Wendungen, Querverbindungen und labyrinthischen Fährten, die sich in dieser Geschichte auftun, inspirieren zu eigenen Assoziationen. Die Gedanken werden zum Flanieren wie bei einem Stadtspaziergang animiert. Weiter in die Tiefe geht der Inhalt aber nicht, er nimmt keine belastbare, verlässliche Form an, enthüllt zu wenig Substanz, genau wie Neapel selbst. Atmosphärisch aber ist Ozpeteks Film ein Erlebnis.

Das Geheimnis von Neapel (2017)

Ein Geheimnis überschattet das Leben von Adriana, die in Neapel lebt — einer Stadt, die seit jeher zwischen Magie und Aberglauben, Rationalität und Aberglauben oszilliert. Und dann widerfährt ihr auch noch eine unerwartete Liebe und sie wird Zeugin eines schrecklichen Verbrechens.

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Meinungen

cass · 16.09.2018

A complete and utter load of rubbish. A slow paced film, without any real story ending abruptly and prematurely. No real story and no real ending. A mix of nonsense, Entertainment value, none on the contrary, I was thoroughly peeved at wasting my time and money on this BS.

Cass · 16.09.2018

Ein bescheuerter Film, wir haben uns sehr geärgert hierfür Geld verschwendet zu haben. So einen Unsinn hatten wir nicht erwartet.

Igor · 27.08.2018

Ich fand den Film sehr spannend und stimmig - am besten hat mir die immer etwas mystisch-künstlerische Atmosphäre gefallen.