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Der moderne Sex-and-Crime-Klassiker „Basic Instinct“ von Paul Verhoeven kommt wieder ins Kino – und darf einer Neubetrachtung unterzogen werden.

Basic Instinct (1992)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Sie ist wieder da-ha!

Anfang der 1980er Jahre kehrte der visuelle und narrative Stil des Film noir auf die große Leinwand zurück – und damit einhergehend auch der Typus der Femme fatale. Insbesondere „Heißblütig – Kaltblütig“ (1981) von Lawrence Kasdan mit der verführerisch auftretenden Kathleen Turner sorgte für einen Boom der Neo-Noir-Stoffe, gefolgt unter anderem von Brian De Palmas „Der Tod kommt zweimal“ (1984) und Harold Beckers „Sea of Love – Melodie des Todes“ (1989).

Unmittelbar damit verbunden war der Einzug der hochgradig stilisierten Erotik ins Mainstream-Kino. Mal kam diese im düster funkelnden Thriller-Gewand daher, etwa in Adrian Lynes Eine verhängnisvolle Affäre (1987), mal in Form hitziger Melodramen wie in Lynes 9 1/2 Wochen (1986) oder in Zalman Kings Wilde Orchidee (1989). Zum großen Hit und modernen Klassiker des hochglänzenden Erotikthrillers avancierte schließlich auch Basic Instinct aus dem Jahre 1992.

Der niederländische Regisseur Paul Verhoeven, der im Laufe seiner Karriere so unterschiedliche Werke wie RoboCop (1987), Showgirls (1995) und Elle (2016) schuf, hatte bereits mit dem Genremix Der vierte Mann (1983) bewiesen, dass er ein sicheres Gespür für die Kombination aus Sex und Spannung hat. Das Drehbuch von Joe Eszterhas lässt durch seinen Schauplatz und durch seine Figurenzeichnung Spuren des Kriminalfilms der 1940er Jahre (beispielsweise Billy Wilders Frau ohne Gewissen) und vom Œuvre Alfred Hitchcocks (speziell Vertigo) erkennen – und versetzt den Plot um Verbrechen und Leidenschaft in eine Zeit, die sich deutlich freizügiger gibt.

Basic Instinct erzählt vom Detective Nick Curran (Michael Douglas), der in San Francisco im Fall des ermordeten Ex-Rockstars Johnny Boz (Bill Cable) ermittelt. Eine Frau mit blondem Haar soll Boz beim Geschlechtsverkehr mit einem Eispickel erstochen haben. Da jenes Verbrechen auf verblüffend ähnliche Weise in einem Roman von Catherine Tramell (Sharon Stone) geschildert wird, gerät die undurchsichtige Schriftstellerin rasch ins Visier der Polizei. Ist Catherine selbst die Täterin? Oder versucht jemand, ihre Aufmerksamkeit zu erregen oder ihr das Verbrechen womöglich anzuhängen? Bald ereignen sich weitere Morde – während sich Nick mehr und mehr zu Catherine hingezogen fühlt und dadurch in Gefahr gerät.

Das Werk galt damals als Skandalfilm. Homosexuelle Gruppierungen und feministische Organisationen protestierten gegen die Darstellung einer bösen, durchtriebenen Frau, die durch ihre Beziehung mit der forschen Straftäterin Roxy (Leilani Sarelle) als nicht-heterosexuell gekennzeichnet wird. Tatsächlich legen das Skript und dessen Umsetzung in dieser Hinsicht einen recht reißerischen Umgang an den Tag. Die Queerness von Catherine dient in erster Linie als zusätzlicher Kick für Nick und für das männlich-heterosexuelle Publikum. Das hat im Endeffekt wenig bis gar nichts mit Diversität, jedoch sehr viel mit Schaulust und Ausbeutung zu tun. Dem Begehren zwischen Frauen wird zudem eine sündige Anmutung verliehen. Ohnehin hat die Behandlung von Sexualität jeglicher Art bei aller Zeigefreudigkeit im Kern etwas zutiefst Reaktionäres an sich: Sex bedeutet hier Bedrohung oder gar Tod.

Neben der Lesart, die Catherine als negative Figur sieht, hat sich inzwischen aber auch eine empowernde Interpretation etabliert. Sehen wir uns als Zuschauende nicht eventuell viel lieber in der Rolle der raffinierten Autorin als in der des manipulierten Protagonisten, der allmählich die Kontrolle verliert und jedwede Professionalität in seinem Job vermissen lässt? Ist Catherine nicht die cleverste und vor allem mächtigste Person in diesem Film, der nicht zuletzt von Machtstrukturen handelt? Nutzt Catherine die Schaulust der Männer nicht ziemlich geschickt für ihre eigenen Zwecke und wird damit vom passiven Objekt zum aktiven Subjekt?

Beide Sichtweisen haben ihre Berechtigung. Als unumstritten dürfte derweil gelten, dass sich Basic Instinct durch seine geschliffenen, oft schwarzhumorigen Dialoge voller Malicen auszeichnet, gekonnt mit unserer Erwartungshaltung spielt und über ein superbes Ensemble verfügt. Sharon Stone wurde durch ihre Verkörperung der erstaunlich unberechenbaren Mordverdächtigen endgültig zum Star. Die Szene, in der sie bei einem Verhör die Beine übereinanderschlägt, mag der bekannteste Moment dieses Films sein. Vor allem besteht Stones Leistung allerdings darin, aus einem Stereotyp eine faszinierende Figurr gemacht zu haben.

Basic Instinct (1992)

Die Polizei von San Francisco muss sich mit der Aufklärung des Mordes an einem Rocksänger befassen. Das Opfer wurde brutal mit einem Eispickel ermordet. Detective Nick Curren (Michael Douglas) verdächtigt Catherine Tramell (Sharon Stone), die hochintelligente, steinreiche, aber eiskalte Bettgenossin des Opfers. Nick ist von Catherine fasziniert und gerät mit der Zeit immer mehr in ihren Bann. Ein leidenschaftliches Katz-und-Maus-Spiel beginnt, das von Catherines lesbischer Freundin eifersüchtig beobachtet wird. Aber auch Nicks ehemalige Freundin, die Psychiaterin Beth (Jeanne Tripplehorn), ist skeptisch, was die Beziehung zwischen Nick und Catherine angeht. Nick ist hin- und hergerissen. Als er erfährt, dass Beth während ihres Studiums ein Verhältnis mit Catherine hatte, beginnt er, den Fall plötzlich von einer ganz anderen Seite aus zu betrachten …

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