Breaking the Waves (1996)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Eine filmische Kostbarkeit von gehöriger Faszination erscheint hier nun erneut auf DVD, und zwar als Arthaus Premium Edition mit reichlich Begleitmaterial auf einer Bonus-DVD zum Eintauchen in die Hintergründe dieser Geschichte und ihrer Macher: Breaking the Waves von Lars von Trier, der 1996 auf dem Filmfestival von Cannes uraufgeführt wurde und seitdem eine gewaltige Welle an Auszeichnungen erhielt, vom Großen Preis der Jury in Cannes über eine Oscar-Nominierung für Emily Watson als Beste Hauptdarstellerin bis hin zu einem César.

Da offenbart die junge, als einfältig geltende Bess McNeill (Emily Watson) dem verknöcherten Ältestenrat ihrer kleinen Gemeinde an der Küste Schottlands, dass sie sich mit Jan (Stellan Skarsgård) verheiraten will, einem Arbeiter von der Bohrinsel. Diese Nachricht kommt in der verschlossenen, sittenstrengen Kirche gar nicht gut an, Fremde sieht man hier nicht gern, doch mit ihrer ganz eigenen Beharrlichkeit setzt sich Bess durch, und bald darauf wird Hochzeit gefeiert. Bei den Feierlichkeiten wird bereits deutlich, aus welch unterschiedlichen Welten die Brautleute stammen, doch die Wonnen der anschließenden Flitterei lassen keinen Zweifel daran, dass die Feindseligkeiten ihrer Umgebung die Entfaltung einer innigen, bedingungslosen Liebe unbeeindruckt lassen. Ganz hart wird es allerdings vor allem für Bess, als Jan auf die Bohrinsel zurückkehren muss, und diese Trennung lässt sie geradezu verzweifeln. Doch Bess ist eine zutiefst fromme Frau, die in direkter Kommunikation mit dem Allmächtigen auch diese schwere Krise meistert, liebevoll unterstützt von ihrer einzigen Freundin und Schwägerin Dodo (Katrin Cartlidge), die im Gegensatz zu Bess’ ungnädiger Mutter (Sandra Voe) und ihrem noch unbarmherzigeren Großvater (Phil McCall) die immense Kraft und Wärme schätzt, die dem wundervollen Wesen dieser seltsamen Bess anhaften.

Als die Katastrophe geschieht und Jan bei seiner Arbeit einen schlimmen Unfall hat, der ihn beinahe vollständig lähmt, fühlt sich Bess schuldig, da sie Gott um Jans rasche und unbedingte Heimkehr bat. Nun beginnt der Kampf der beiden um das Territorium ihrer Verbundenheit, wobei es die erotischen Aspekte sind, die hier in den Fokus geraten. In seiner Unfähigkeit gefangen, seine Frau wie zuvor sexuell zu beglücken, fordert Jan zunehmend vehementer von Bess, sich mit anderen Männern einzulassen und ihm davon zu berichten. Damit setzt sich allerdings unaufhaltsam eine grausame Tragödie in Gang, denn Bess hat beschlossen, dass diese Art, Jan ihre Liebe zu beweisen, ihn schließlich retten wird, und sie begibt sich durch ihre Herumhurerei in eine gefährliche Situation, persönlich wie gesellschaftlich. Erscheint der junge Arzt Dr. Richardson (Adrian Rawlins) auch zunächst sehr aufgeschlossen und verständnisvoll, bemüht er sich doch im Laufe der desolaten Entwicklungen um Jans Zustimmung, Bess dauerhaft in einer psychiatrischen Einrichtung unterzubringen – und damit die Trennung des Paares herbeizuführen, zum angeführten Wohle aller Beteiligten. Doch die so aufgebrachte wie zähe Bess entkommt dem Zugriff und taumelt in ein tragisches Fiasko …

Eine emotional stark bewegende Liebesgeschichte von kruder Schönheit ist Lars von Trier mit Breaking the Waves geglückt, was zweifellos vorrangig den richtiggehend beseelten Akteuren anzurechnen ist, deren Spiel von einer spannungsgeladenen Intensität ist, was auch für die Nebenrollen gilt, deren Figuren ebenfalls hervorragend besetzt sind. Doch es geht auch um Glauben, Schicksal und Loyalität, und bei diesen existentiellen Themen herrscht neben der Wucht der Vielschichtigkeit dennoch bei Zeiten ein Ton der leisen Komik, die dann wieder in erschütternde Schwere umschlagen kann. Es sind zahlreiche weitere inhaltliche wie formale Elemente, aus denen sich die Faszination von Breaking the Waves als ebenso einzigartiger wie berührender Film zusammensetzt, der einst der Auftakt zur Golden Heart Trilogie des Regisseurs war, die der Däne mit Idioterne / Idioten (1998) und Dancer in the Dark (2000) fortführte. Lassen sich in diesem Zusammenhang auch die dichte Kameraarbeit Robby Müllers und die insgesamt konsequent stimmige Dramaturgie hervorheben, gehört Breaking the Waves jenseits der analytischen Betrachtung seiner Details doch auch zu jenen raren, wertvollen Filmen, denen über die Summe ihrer sorgfältig inszenierten Aspekte hinaus ein ganz besonderer, schwer greifbarer Zauber innewohnt.
 

Breaking the Waves (1996)

Eine filmische Kostbarkeit von gehöriger Faszination erscheint hier nun erneut auf DVD, und zwar als Arthaus Premium Edition mit reichlich Begleitmaterial auf einer Bonus-DVD zum Eintauchen in die Hintergründe dieser Geschichte und ihrer Macher:

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen