Willkommen in Cedar Rapids

Eine Filmkritik von Martin Beck

Ein Versicherungs-Nerd entsichert den braunen Pullunder

Was ist es nur mit Nerds und amerikanischen Hauptrollen, vorzugsweise in „fish out of the water“-Komödien? Fast scheint es so, als wollen die Geeks von einst, die nun die Entscheideretagen der Filmproduktionsfirmen bevölkern, ihre eigene Geschichte in die Welt tragen — immer und immer wieder. Neuere amerikanische Independent-Komödien kümmern sich so ausgiebig um asoziale Mauerblümchen, dass es eigentlich an der Zeit wäre, mal einen charismatischen Oberchecker seine kleinkarierte Nerdigkeit entdecken zu lassen.
Was ohne Umschweife zu Tim Lippe (Ed Helms) führt, der ganz vernarrt in die Farbe Braun ist. Seine Pullunder sind Braun, er lebt in Brown Valley und arbeitet bei Brown Star Versicherungen. Natürlich ist er noch nie aus seinem Kaff herausgekommen, was sich nun aber anlässlich einer Versicherungs-Tagung in Cedar Rapids ändert. Tim Lippe, der stramm gescheitelte Nerd, reibt sich an bisher fremden Versuchungen, die hier gezeigten Versicherungsmakler sollten sich mal besser selber versichern und am Ende steht natürlich eine Bewährung der neu erforschten Lebensqualität.

Das Prinzip einer „fish out of the water“ Geschichte ist bekannt, so dass die Spannung vor allem aus dem „wie“ entsteht. Willkommen in Cedar Rapids wählt eine relativ sanfte und pflegliche Herangehensweise an seinen Helden, der genauso wie die anderen Charaktere eher sympathisch als albern erscheint. Für Ed Helms bedeutet diese Rolle eine Art Schnittmenge aus seinen zweite-Reihe-Auftritten bei Hangover und The Office, die zusammen den kleinen Bruder von Steve Carells Jungfrau (40), männlich, sucht… Charakter ergibt. Genau, jener Steve Carell, der in The Office den Boss von Ed Helms spielt.

Die Anknüpfungspunkte bei Willkommen in Cedar Rapids ergeben durchaus Sinn, wenngleich die Messlatte eher plüschige Girlanden trägt. Die wirklich bösen Fallen, die Charaktere mal richtig blank ziehen lassen, bleiben (leider?) aus, abstoßende Untiefen weichen schrulligen Ticks. Den Figuren wird eine Entwicklung gestattet, die aber immer „sicher“ bleibt. Angejazzte „feel good“ Töne vor pastellfarbenen Kleinstadt-Tapeten, ganz im Sinne von z.B. Little Miss Sunshine. Willkommen in Cedar Rapids gönnt sich eine Independent-Haltung, die dann mit dezenten Mainstream-Einflüssen zu einer kleinen, netten Geschichte verwoben wird.

Die leicht zurückgebliebene, aber dennoch sympathische Art von Tim Lippe steht für den ganzen Film: Er bleibt überschaubar, auf angenehme Weise schräg. Regisseur Miguel Arteta verpasst dem formelhaften Ablauf eine zurückgelehnte Wärme, die improvisiert wirkende Leichtigkeit ausströmt. Die Schauspieler, allen voran Ed Helms, passen wunderbar zu ihren Rollen, die frische, kleine Atmer ganz knapp neben dem richtigen Leben ausstoßen dürfen. Die Figuren des Films sind alle mehr oder weniger Underdogs, deren charmante Haken selbst amerikanische Hotelflure durchaus schmackhaft machen. Statt großer Lachorkane steht hier ein lächelndes Lustwandeln an der vorzugsweise besoffenen Bar des subjektiv richtigen Lebens. Auch die Farbe Braun kann ein Leitmotiv sein, ja ja.

Willkommen in Cedar Rapids

Was ist es nur mit Nerds und amerikanischen Hauptrollen, vorzugsweise in „fish out of the water“-Komödien? Fast scheint es so, als wollen die Geeks von einst, die nun die Entscheideretagen der Filmproduktionsfirmen bevölkern, ihre eigene Geschichte in die Welt tragen — immer und immer wieder.
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