Und wenn wir alle zusammenziehen?

Eine Filmkritik von Oliver Kaever

Nichts für Weicheier

„Man versichert sein Haus und sein Auto, aber niemand kümmert sich darum, was er eigentlich mit seinen letzten Jahren anfangen will.“ Die pensionierte Philosophie-Professorin Jeanne (Jane Fonda) spricht eine bittere Wahrheit aus, der sie, ihr Mann Albert (Pierre Richard) und drei Freunde ins verwitterte Auge blicken müssen. Während Jeanne selbst eine schwere Krebserkrankung verheimlicht, plagen Albert zunehmend größer werdende Gedächtnislücken. Annie (Geraldine Chaplin) leidet derweil unter den Launen ihres Mannes Jean (Guy Bedos), der wegen Gebrechlichkeit seine politischen Aktivitäten aufgeben muss – während der passionierte Schürzenjäger und Single Claude (Claude Rich) bei einem Schäferstündchen einen Herzanfall erleidet und dann vom Sohnemann ins Altersheim abgeschoben wird. So geht es nicht weiter, beschließen die fünf. Und gründen kurzerhand eine Alten-WG.
Von Bette Davis ist der Spruch überliefert, Altwerden sei nichts für Weicheier. Noch dazu wird es als schrecklich unsexy wahrgenommen – für viele Filmproduzenten ist das Thema allein deshalb schon gestorben. Nicht so für Peter Rommel, der 2009 mit Andreas Dresens Wolke 9 einen der gleichzeitig radikalsten und berührendsten Filme über Sexualität im Alter produzierte. Jetzt hat er sich an der französisch-deutschen Ko-Produktion Und wenn wir alle zusammenziehen? beteiligt. Weniger explizit – besonders was die Sex-Szenen angeht –, aber nicht minder zu Herzen gehend, zeigt der Film die Fallstricke des Alterns. Und gewinnt dem Thema auch komische Seiten ab.

Denn natürlich zeigt sich, dass die Probleme des Quintetts mit dem Zusammenziehen nicht gelöst sind. Im Gegenteil – das Leben in der WG verlangt allen Beteiligten ein gelegentlich unerfüllbar hohes Maß an gegenseitiger Toleranz ab. Da kann es passieren, dass Albert vergisst, das Badewasser abzustellen. Heimliche Verhältnisse der Vergangenheit kommen ans Tageslicht und lösen bei den vor Jahrzehnten Gehörnten ganz frische Mordgedanken aus. Und der deutsche Ethnologie-Student Dirk (Daniel Brühl), eigentlich zur Hilfe angestellt, macht die ungewöhnliche Wohngemeinschaft zum Studienobjekt und irritiert mit seiner omnipräsenten Videokamera.

Mit der Warmherzigkeit einer Sommerkomödie bereitet Und wenn wir alle zusammenziehen? diese Turbulenzen auf und sorgt für Tempo und sanften Humor. Dabei zeichnet sich der Film durch eine plastische Bildsprache aus, die an entscheidenden Stellen umständliche Dialoge überflüssig macht. In einer wunderbaren Balance finden Unterhaltungselemente und nachdenklich-melancholische Passagen zusammen. Besonders gut gelungen ist das Porträt der fünf Hauptfiguren, die alle eigenständig und originell gezeichnet werden. Ausgerechnet Pierre Richard, in den 70ern und 80ern mit zotigen Klamotten wie Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh (1972) und Zwei Kamele auf einem Pferd (1979) berühmt geworden, sticht mit einer so komischen wie traurigen Leistung aus dem großartigen Ensemble heraus. Er leitet auch den Beginn der grandiosen Schlussszene ein, die ohne große Worte die Wehmut herausarbeitet, die das eigene Altern und den Verlust geliebter Menschen begleitet.

Und wenn wir alle zusammenziehen?

„Man versichert sein Haus und sein Auto, aber niemand kümmert sich darum, was er eigentlich mit seinen letzten Jahren anfangen will.“ Die pensionierte Philosophie-Professorin Jeanne (Jane Fonda) spricht eine bittere Wahrheit aus, der sie, ihr Mann Albert (Pierre Richard) und drei Freunde ins verwitterte Auge blicken müssen. Während Jeanne selbst eine schwere Krebserkrankung verheimlicht, plagen Albert zunehmend größer werdende Gedächtnislücken.
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Meinungen

Barbara Ruf · 06.04.2012

Sehenswerter Film, der die Tragik des Alterns mit komischen Elementen zeigt. Alle Charaktere gut dargestellt. Daniel Brühl mag in seiner Rolle etwas blass erscheinen- aber als staunender junger Begleiter und Vermittler der Scenerie paßt das ganz genau. Der Film zeigt eine Möglichkeit für das Leben im Alter- aber am Ende keine Lösung- er hinterläßt schwermütiges Nachdenken-. Anders als "The best exotic Marigoldhotel" der in Indien spielt, als lauter bunter Film wo ein Zukunftsperspektiventraum des Alterns entsteht und ein lauter temperamentvoller chaotischer junger Mann durch den Film führt und mehr Begegnung zwischen Jung und Alt vorkommt- In Europa werden die jungen Leute eben auch weniger.