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In Rob Savages Film nach einer Kurzgeschichte von Stephen King bedroht eine übernatürliche Kreatur eine ohnehin von Trauer durchflutete Familie. Das kommt zwar nicht einmal in die Nähe von „The Babadook“, kann aber vor allem als Drama dennoch überzeugen.

The Boogeyman (2023)

Eine Filmkritik von Markus Fiedler

Mehr Trauer-Drama als echter Horror

Stephen King war Mitte 20, als er 1973, noch vor seinem großen Durchbruch durch Brian De Palmas „Carrie“-Verfilmung, die Kurzgeschichte „The Boogeyman“ (dt. „Das Schreckgespenst“) schrieb. Er verkaufte die Story an ein Magazin und veröffentlichte sie erst 1978 in seiner ersten Kurzgeschichtensammlung „Nachschicht“ erneut – eine etwa 20-seitige Story, die den Film bestenfalls inspirieren konnte. Und so wirken denn auch Teile der ersten 15 Minuten wie eine Verfilmung der Geschichte, den Rest entwickelten insgesamt drei Drehbuchautoren auf dieser Basis weiter. Und das sogar recht ordentlich.

Denn sie finden einen interessanten Ansatz, um aus der aus einer einzigen Szene bestehenden Short-Story einen 90-Minüter zu machen, auch wenn sich der Film letztlich nur mit Mühe ins Ziel rettet und einige redundante Szenen aufweist. Allerdings weist der Film von Regisseur Rob Savage auch einige Stärken auf. Die größte ist Hauptdarstellerin Sophie Thatcher, die momentan bereits für ihr Spiel in der Serie „Yellowjackets“ gefeiert wird und auch in The Boogeyman überzeugt. Zwar bekommt die Rolle der trauernden und rebellierenden Teenager-Tochter sicher keinen Innovationspreis, aber die Intensität, mit der Thatcher die Figur auf die Leinwand bringt, sieht man definitiv nicht alle Tage. Weil auch der Rest der Familie, Vivian Lyra Blair (Obi-Wan Kenobi) als kleine Schwester und Chris Messina als von den eigenen Emotionen überforderter Therapeut, einen starken Auftritt hinlegt, erfüllt The Boogeyman bereits ein wichtiges Merkmal für einen guten Horrorfilm – die Figuren sind dem Publikum nicht egal.

Problematischer zeigt sie der Film, wenn es um die Kernkomptenz von Horrorfilmen geht – dem Publikum Angst zu machen. Denn Regisseur Rob Savage versteht zwar sein Handwerk, neue Ideen hatte er für seine Erzählung aber nicht. Und so sind die Bilder von dunklen Fluren, an deren Ende sich ein Schatten in der Dunkelheit bewegt, zwar atmosphärisch gelungen, aber vor allen für Fans des Genres einfach nichts Neues.

The Boogeyman hat wenig zu zeigen, was nicht schon vorher in The Conjuring, Insidious oder einem anderen erfolgreichen Horrorfilm zu sehen war. Das ist deshalb schade, weil das Creature Design durchaus gelungen ist und Zuschauer:innen einen Schauer über den Rücken jagen kann. Zudem beherzigt Savage die „Weiße Hai“-Regel und zeigt sein Monster lange Zeit gar nicht. Es ist auch erfreulich, dass der Film nicht in eine beliebige Teenie-Slasher-Revue abrutscht, was an einer bestimmten Stelle des Films problemlos möglich gewesen wäre, The Boogeyman aber endgültig in eine Beliebigkeit hätte abrutschen lassen, von der sich der Film nicht erholt hätte. Dennoch fehlt es Savage an inszenatorischem Esprit, um aus seinem Film deutlich mehr zu machen als eine Geisterbahn. Denn das immer wieder am Rande der Dunkelheit lauernde Monster ist einfach nicht abendfüllend.

So ist die Grundatmosphäre des Films ansehnlich düster, aber es fehlen die Momente, die The Boogeyman deutlicher von anderen Produktionen abhebt. Und auch der psychologische Unterbau, der den Horror aus dem Film in die Köpfe der Zuschauer:innen trägt, wie das Jennifer Kent  mit ihrem Babadook gelungen ist, fehlt hier weitgehend. Obwohl die Parallelen unübersehbar sind, entwickelt The Boogeyman die Ebene nicht konsequent, aus der verdrängte Schuld oder nicht abgeschlossene Trauerarbeit sich als das wahre Monster für die menschliche Seele herausstellen. Ansätze sind durchaus vorhanden, aber das Script setzt letztlich lieber auf bekannte Jump-Scares, statt hier mehr in die Tiefe zu gehen. Das hat Smile kürzlich deutlich besser gemacht.

So bleibt am Ende eine solide Verfilmung der Vorlage – und damit vermutlich einer der besten Horrorfilme nach einer Stephen King-Kurzgeschichte – die aber ihre Chance nicht nutzt, mehr zu sein als eine oberflächliche Gruselmär. Und in den Szenen, in denen es um den Verlust der Mutter geht, emotional deutlich mehr bewegt als in den Horrormomenten.

The Boogeyman (2023)

„The Bogeyman“ ist eine Adaption der Kurzgeschichte „Das Schreckgespenst“ aus Stephen Kings Sammelband „Nachtschicht“: Die Highschool-Schülerin Sadie Harper und ihre jüngere Schwester Sawyer sind vom kürzlichen Tod ihrer Mutter erschüttert und erhalten nicht viel Unterstützung von ihrem Vater Will, einem Therapeuten, der mit seinem eigenen Schmerz zu kämpfen hat. Als ein verzweifelter Patient unerwartet bei ihnen zu Hause auftaucht und Hilfe sucht, hinterlässt dieser ein schreckliches übernatürliches Wesen, das Jagd auf traumatisierte Familien macht und sich vom Leid seiner Opfer ernährt.

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