Log Line

Dokumentarfilmer Luc Jacquet nimmt in seinem neuen Film das Publikum mit auf eine Reise an den Südpol. Er zeigt faszinierende Bilder in Schwarzweiß und spricht aus dem Off über neue Erfahrungen, eben über das Reisen.

Rückkehr zum Land der Pinguine (2023)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Die Pracht der Welt

Schon in den ersten Minuten wird man aus dem Kinosessel geholt und mit den Bildern, mit dem Sound in eine Welt getragen. Die Filmbilder zeigen den Süden Chiles, die Einsamkeit Patagoniens, Wälder, karge Ebenen, eine Landschaft, die vom Wind geformt wurde. Man hört ganz leise, sanfte Klänge, die diejenigen mehr erspüren als erkennen, die Südamerika einmal bereist haben. Und das ist erst der Anfang einer filmischen Reise bis ans Ende der Welt und darüber hinaus: an den Südpol.

Vor 30 Jahren war Filmemacher Luc Jacquet zum ersten Mal an diesem Ort, der ihn von Anfang an fasziniert hat. 2005 hat er den vielbeachteten und vom Publikum geliebten Film Die Reise der Pinguine gemacht, der von den langen Wanderungen der Kaiserpinguine hin zu ihren Brutstätten erzählt. Die Antarktis hat den französischen Dokumentarfilmer seither nie mehr losgelassen. Nun kehrt er zurück, macht sich erneut auf die auch – das betont er immer wieder – beschwerliche Reise in eine der lebensfeindlichsten Regionen der Welt. In vielen Bildern steht er an der Reling des Schiffes oder auf dem Eis, und man spürt die Gefahren, die von der Umgebung ausgehen. Die Jacquet aber gerne auf sich nimmt, um die Welt in ihrer Ursprünglichkeit zu erfahren.

Aus dem Off spricht der Filmemacher über seine Gedanken und Beobachtungen (in der deutschen Synchronisation wunderbar zurückgenommen eingesprochen von Ronald Zehrfeld), und er ist ein guter Beobachter, egal ob er Tiere, Pflanzen, Steine oder das Eis mit sorgfältigem Blick begutachtet. Auf seiner Reise nimmt er sich dafür viel Zeit: Er lässt seine Gedanken kreisen und sieht sich die Dinge, die vor ihm liegen, ganz genau an, beschreibt sie und versucht, sie in ihrem Wesen zu erfassen. So erreicht der Film, was Dokumentarfilme erreichen sollten: Den Blick des Zuschauers weiten, die Welt aus einer neuen Perspektive erscheinen lassen.

Dafür sorgen auch die atemberaubenden Bilder, die Kameramann Christophe Graillot einfängt und die man sich unbedingt im Kino ansehen sollte: Ungewöhnliche Ansichten in Schwarzweiß, die die Schönheit, aber auch das Raue und Lebensbedrohliche der Natur im tiefsten Süden einfangen und stellenweise auch nur andeuten. Immer wieder versucht man, sich die präsentierten Kinobilder in Farbe vorzustellen, und ahnt, wie herrlich es sein muss, selbst auf das Weiß und das Blau zu schauen, auf den Spuren bekannter Entdecker wie Magellan oder Amundsen zu wandern. Gerade die Unvollständigkeit macht den Reiz der Bilder aus.

Graillot spielt auch mit der Perspektive und sucht sich ungewöhnliche Kamerapositionen, um mit seinen Bildern zu irritieren, zu subjektivieren, Ausschnitte zu finden und so den Betrachter aktiv zum Mitdenken zu zwingen. Unterstützt wird das von einem ruhigen Score: mal behutsam eingesetzte Orchestermusik, mal dumpfe Töne, mal bedrohliche, mal mit lokalen Traditionen spielend.

Dazu passen wiederum die Gedanken, die Jacquet mit dem Publikum teilt, die immer wieder ins Philosophische abschweifen und oft auch recht pathetisch sind, aber auch von den Gefahren des Klimawandels und der Not des Artensterbens berichten, von der Dringlichkeit, diese Schönheit zu beschützen und zu bewahren. Somit offenbart der Filmemacher auch seine Haltung: eine große Demut, die der Reisende spürt, wenn er allein in der Natur unterwegs und von der Pracht der Welt erfüllt ist. Wer selbst gerne an entlegene Orte reist oder gereist ist, kennt diese Empfindungen gut – und wünscht sich, die Reise würde nicht enden.

Rückkehr zum Land der Pinguine (2023)

Nach dem Riesenerfolg von „Die Reise der Pinguine“ kehrt Regisseur Luc Jacquet in die Antarktis zurück. Die Südspitze Patagoniens ist der Startpunkt für seine Reise nach 90° Süd. Selten hat man die eisigen Küsten und die endlosen, weißen Landschaften der Antarktis so beeindruckend wie in Jacquets filmischem Reisetagebuch gesehen. Der südlichste Kontinent der Erde übe eine magnetische Anziehungskraft auf ihn aus, sagt Jacquet einmal im Film. Seine Faszination ist in jeder Einstellung spürbar. In großartigen Schwarzweißbildern zeigt er uns die Natur mit ihrer erstaunlich vielfältigen Tierwelt. Schließlich trifft Jacquet die Kaiserpinguine wieder, die ihn wie einen alten, lang vermissten Freund begrüßen. So wird diese Reise für ihn nicht nur zu einer Rückkehr an seinen Sehnsuchtsort, sondern auch zu einer Rückkehr zum Land der Pinguine. (Quelle: MFA+ FilmDistribution)

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen