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Alles trocken und keine Hoffnung mehr? In einer dystopischen, wasserarmen Welt stößt eine junge Frau auf eine Verschwörung und fordert das herrschende System heraus. Ruckelig erzählte Verfilmung eines Erfolgsromans, die in ein aufregendes Setting entführt.

Memory of Water (2022)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Geheime Quellen

Die Vorstellung einer von der Sonne ausgedörrten, wasserarmen Welt, wie sie beispielsweise Tim Fehlbaums Endzeitthriller „Hell“ entwirft, ist längst keine hochspekulative Fiktion mehr. Bedrückende Bilder trockener italienischer Flussbetten und Seen lieferten im Frühjahr 2023 einen Vorgeschmack auf das, was uns in nächster Zeit noch erwartet. Dass die Ressourcen unseres Planeten nicht unerschöpflich sind und der Klimawandel immer gravierender um sich greift, sollte mittlerweile allen klar sein. Und doch lenken wir noch nicht konsequent um. Wie sich das Leben auf der Erde verändern könnte, wenn das Kind einmal in den Brunnen gefallen ist, beschreibt das dystopische Drama „Memory of Water“, das auf dem Erfolgsroman Der Geschmack von Wasser der finnischen Schriftstellerin Emmi Itäranta basiert.

Wer sich 2022 ein wenig für unabhängig produziertes europäisches Science-Fiction-Kino interessiert hat, könnte schnell Parallelen zur litauisch-französisch-belgischen Gemeinschaftsarbeit Vesper Chronicles entdecken. Hier wie dort werden nämlich ohne die ganz großen finanziellen Mittel, dafür aber mit viel Ideenreichtum spannende Zukunftswelten kreiert. Statt eines urwüchsigen Waldes, in dem allerlei ungewöhnliche Pflanzen und Geschöpfe hausen, ist das Setting von Memory of Water ein staubig-steiniges, in grau-braune Töne getauchtes Ödland. Die Macht hat eine Militärregierung inne, die das wenige noch vorhandene Trinkwasser strengstens rationiert.

Irgendwo in der sogenannten Skandinavischen Union tritt die junge Noria (Saga Sarkola) nach dem Tod ihres Vaters in dessen Fußstapfen. Als neue Teemeisterin ihres Dorfes soll sie das Wissen um eine geheime Quelle bewahren und hilft ihrer besten Freundin Sanja (Mimosa Willamo) und deren kranker Tochter mit kleinen Wasserlieferungen aus. Alte Audioaufzeichnungen, die sie in den Unterlagen ihres Vaters entdeckt, führen Noria auf die Spur einer großen Lüge. Gibt es vielleicht doch Hoffnung? Auf der Suche nach einer Antwort muss sie gegen das Unterdrückungssystem aufbegehren und kommt einem Mann namens Taro (Lauri Tilkanen) näher, der in ihre Region geschickt wurde, um die Wasserverteilung zu optimieren.

Alle Achtung, wie erfolgreich Regisseurin Saara Saarela und ihr Team in Memory of Water trotz eines begrenzten Budgets Worldbuilding betreiben. Die farblosen Bilder sorgen für ein Gefühl durchdringender Trostlosigkeit und werden um diverse das dystopische Universum lebendig machende Details ergänzt. Nicht nur Drohnen sind allgegenwärtig. Auch bewaffnete Soldaten bestimmen die Szenerie, verhaften permanent Menschen, die sich illegal Wasser beschafft haben. Rote Kreise an den Hauswänden zeigen an, wer gefasst wurde und einer Bestrafung entgegensieht. Hochmoderne Technik existiert in dieser Welt neben heruntergekommenen Gegenständen und Gebäuden. Um alte, entsorgte Materialien kümmert sich vor allem die handwerklich begabte Sanja, die daraus behelfsmäßige Konstruktionen bastelt. Einen markanten Kontrast zum vorherrschenden Grau-Braun bilden die Aufnahmen der in einer Höhle versteckten Quelle. Deren Wasser erstrahlt geradezu in einem verführerischen Blau.

Optisch und atmosphärisch macht das mit deutscher Beteiligung entstandene Science-Fiction-Drama vieles richtig, hat einen starken Rahmen, der dann aber weniger überzeugend befüllt wird. Anders als der oben erwähnte Dystopie-Beitrag Vesper Chronicles, der ebenfalls von der Auflehnung einer jungen Heldin handelt, steht Memory of Water erzählerisch auf etwas wackeligen Beinen. Die Figuren, selbst Noria, könnten ausgefeilter sein. Dialoge sind zum Teil überdeutlich. Der Romanze zwischen der Protagonistin und Taro fehlt es an emotionaler Tiefe, weshalb ein – durchaus vorhersehbarer – Wendepunkt fast keine Wucht entwickeln kann. Im letzten Drittel zieht der bis dahin eher gemächlich voranschreitende Film das Tempo zwar spürbar an. Leider ist die Zuspitzung aber dramaturgisch unsauber und verliert dadurch ein Stück ihrer Kraft. Wirklich schade, wo doch das Ambiente der thematisch hochaktuellen Romanadaption so stimmig ausfällt.

Memory of Water (2022)

In einer fernen Zukunft gibt es kein Wasser mehr, und eine militärische Diktatur regiert die Welt. Als die junge Teemeisterin Noria eine geheime Wasserquelle findet, begibt sie sich mit ihrer besten Freundin Sanja auf eine gefährliche Reise. Wird es noch möglich sein, die Welt vor der Dürre zu retten, und die Wahrheit über die Methoden der Militärregierung zu enttarnen? (Quelle: Filmstiftung NRW)

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