Gigante

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der Riese mit dem Herzen aus Gold

Dieser Kerl ist wahrlich ein Gigant: Der bullige Jara (Horacio Camandulle) ist ein Kleiderschrank von einem Mann mit dem goldenen Herzen eines Kindes. Als Wachmann in einem Supermarkt in Montevideo überwacht er die Angestellten. Und meist tut er das ohne viel mit seinen Kollegen zu reden, mit stoischer Ruhe und unter dem ohrenbetäubenden Lärm seiner heiß geliebten Heavy Metal Bands zappt er durch die verschiedenen Kameras und beobachtet regungslos, wie sich die Mitarbeiter streiten, sich mit Waren bewerfen oder auch mal den Markt beklauen.
Das ändert sich erst, als er eines Nachts die Putzfrau Julia (Leonor Svarcas) entdeckt, ein einfaches Mädchen vom Land, das sein Herz berührt. Da der Bulle trotz seines martialischen Auftretens aber trotzdem ein ganz Schüchterner ist, tut er zunächst nur das, was er am besten kann – beobachten. Unauffällig wie ein Schatten folgt er seiner Angebeteten, spielt Schutzengel, wenn ihr Ungemach von Seiten des gestrengen Marktleiters droht oder weist auch mal auf recht nachdrückliche Weise einen Taxifahrer zurecht, der anzügliche Bemerkungen über Julia macht. Anders als in jedem Thriller aber sind Jaras Nachforschungen nicht die eines Stalkers, sondern die einer wundervoll reinen Seele auf der Suche nach der großen, der einen Liebe, für die man überall hingehen, für die man alles aufgeben würde…

Adrián Biniez’ Gigante ist ein ganz wundervoller, sehr reduzierter, zärtlich-lakonischer und zugleich komischer Film über die Liebe und die vielen kleinen und großen Schwierigkeiten auf dem Weg zu ihr. Keine große Geschichte, sondern ein stilles Märchen über die Macht der Gefühle, voller komischer und anrührender Momente, das bei der Berlinale 2009 anscheinend den Nerv der Jurys traf: Gigante wurde bei der Berlinale mit dem silbernen Bären, dem Bären für das beste Erstlingswerk und dem Alfred-Bauer-Preis ausgezeichnet.

Und weil dieser Film so herrlich ungeschwätzig ist und seine Protagonisten nur das Nötigste reden, fällt das Fazit für diesen Film auch denkbar knapp aus: REINGEHEN!

Gigante

Dieser Kerl ist wahrlich ein Gigant: Der bullige Jara (Horacio Camandulle) ist ein Kleiderschrank von einem Mann mit dem goldenen Herzen eines Kindes.
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Meinungen

Lavendel · 07.10.2009

Wer ruhige Zwischentöne mag, wird diesen Film mögen. Er ist wie eine Oase, mitten im lärmenden Getümmel. Und man versteht genau, warum er etwas tut, der einsame Riese.

Björn · 16.09.2009

Ich fand den Film totlangweilig. Ich stehe total auf anspruchsvolle Filme und schaue mir jede Woche einen Programmfilm an. Dieser Film mag eine nette Aussage haben und einen nette Kameraposition trotzdem langweilte er mich zu Tode.
Der Film hat sehr deutlich rüber gebracht wie langweilig das Leben der Protagonisten ist. Viel zu deutlich. Beim Besten Willen...

nico · 11.02.2009

vielleicht bin ich einfach zu oberflächlich, aber ich konnte der geschichte einfach nichts abgewinnen. die schauspieler sind gut, vor allem jara war wirklich überzeugend in seiner rolle und auf der bühne der premiere ein echtes highlight, aber das drehbuch...? dieser satz stammt nicht von mir, doch ich finde ihn sehr treffend: "nachtwächter in einem supermarkt muss wirklich einer der langweiligsten berufe sein, die es gibt - langweiliger ist nur ihm dabei zuzuschauen"