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Drei Episoden, drei Kriege: „Foxhole“ ist ein kluger, reduzierter Film, der über Moral und Menschlichkeit im Krieg nachdenkt. Durch den Fokus auf wenige Figuren gelingt es dem Film, die negative Progression der amerikanischen Politik zu entlarven.

Foxhole (2021)

Eine Filmkritik von Bianka-Isabell Scharmann

Die Bewahrung der Menschlichkeit

Eine von Gräben durchzogene Wiese im Nebel, ein von Stacheldraht umzäuntes Schlammloch bei Nacht, ein unter einer gleisenden Sonne rollender Humvee, drei Kriegsschauplätze, dreimal „Foxhole“ (Schützenloch): Schnell sind Amerikanischer Bürgerkrieg, Erster Weltkrieg und einer der Wüstenkriege der vergangenen 20 Jahre (Irak oder Afghanistan spielt da fast schon keine Rolle) identifiziert, es geht um Amerika. Diese drei Szenen werden zu Schauplätzen moralischer Grundsatzfragen.

Krieg gehört seit spätestens den 1910er Jahren in Nachrichtenform, als Dokumentarfilm oder narrative Massenspektakel zur Geschichte des Films. Während die Heroisierung der Gewinner dabei zum festen Repertoire gehört – oft amerikanischer Couleur –, gibt es auch immer wieder Anti-Kriegsfilme oder Satiren. Ich denke hier an Stanley Kubricks Wege zum Ruhm oder auch Quentin Tarantinos Inglourious Basterds. Nun ist Jack Fessenden, Drehbuchautor, Regisseur und auch für Schnitt sowie Musik verantwortlich, ein Newcomer – und Kriegsfilme sind schon aufgrund der Massenszenen, der nachzustellenden Schauplätze teuer. Dass Foxhole mit Budget produziert wurde, merkt man dem Film an: Der Cast ist klein, die Special Effects simpel. Doch genau diese Reduzierung macht die ökonomisch bedingten Entscheidungen ästhetisch interessant und Foxhole zu einem fokussierten, klugen und nachdenklichen Film. Reduziert um technisches Spektakel tritt etwas hervor, was bei all dem explosiven Spektakel übersehen wird oder zu kurz kommt: Dass Kriege den Akteur*innen im Feld moralisch, ethisch, also menschlich alles abverlangen.

Foxholes Mittel der Wahl besteht darin, konkrete Moralkonflikte zur Auslandungsfläche größerer politischer Fragen zu machen. Helfen die weißen Soldaten einem verwundeten Afroamerikaner, der, wenn der Krieg vorbei ist, es „wahrscheinlich besser haben wird als bisher?“ Erschießen die Amerikaner einen Deutschen Kundschafter auf der Stelle, de facto Exekution – also ein Kriegsverbrechen –  oder nehmen sie ihn gefangen? Wird das Feuer auf Zivilisten eröffnet, die gekommen sind, um ihre Toten einzusammeln, zu betrauern und zu bestatten? All diese konkreten Fragen rühren in der Auseinandersetzung zwischen den Mitgliedern der Gruppen an der Frage nach der Sinnhaftig- oder Sinnlosigkeit des eigenen Tuns. „Für was kämpfst du“, wird der schwarze Soldat im Ersten Weltkrieg gefragt. „Für dasselbe wie ihr: Demokratie.“ Ist in den Stellungskriegen, wo Feinde noch in ihrer Menschlichkeit aufeinandertreffen, persönliche Interaktion möglich, um sich im Gegenüber zu erkennen, so bleibt in der letzten Episode der Feind – die da draußen – unsichtbar. „Warum zum Teufel sind wir immer noch hier draußen?“ Die Antwort „Befehle“ ersetzt die Überzeugung für etwas zu kämpfen durch das simple Ausführen von Aktionen. Und damit wird die moralische Aushöhlung der amerikanischen Politik in all ihrer Deutlichkeit sichtbar.

Foxhole (2021)

36 Stunden in drei verschiedenen Kriegen – der amerikanische Bürgerkrieg, der Erste Weltkrieg und der Irak. »Foxhole« folgt einer kleinen Gruppe von Soldaten, die auf engstem Raum mit Fragen ihrer Moral, der Sinnlosigkeit des Tuns und einer zunehmend unberechenbareren Kampfsituation konfrontiert sind.  (Quelle: Filmfest Oldenburg 2021)

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