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Was so alles in einer großen Eiche lebt … vom niedlichen Eichhörnchen bis zum Rüsselkäfer, vom Wildschwein bis zur Ringelnatter. Ein wunderschön gefilmter Naturfilm, der ganz ohne Sprache auskommt und dabei eine kurze Geschichte des Lebens erzählt.

Die Eiche – Mein Zuhause (2022)

Eine Filmkritik von Melanie Hoffmann

Mehr als nur niedliche Eichhörnchen

Die Stieleiche, auch als Sommereiche oder deutsche Eiche bekannt, wird üblicherweise älter als ein Mensch, mehrere hundert Jahre sind kein Problem. Und ihre Funktion im Ökosystem Wald ist kaum zu unterschätzen. Der Naturfilm von Michel Seydoux und Laurent Charbonnier versucht sich als Tier-Abenteuerfilm.

Die Eiche ist das Sinnbild eines stolzen und mächtigen Baums. Und was nicht alles in einem einzigen großen Baum passieren kann! Da sind natürlich die beliebten Eichhörnchen, die niedlich an den Eicheln und verschiedenen Nüssen knabbern. Durch ihr unermüdliches Auf und Ab begegnen sie den meisten anderen Tieren. Auch der Eichelhäher lebt gerne in der Krone des großen Baums, und das sogar in einer guten Nachbarschaft mit den Eichhörnchen. Schließlich gibt es etliche kleine Insekten: Ameisen, Rüsselkäfer und vieles mehr. Nicht vergessen wollen die beiden Filmemacher Michel Seydoux und Laurent Charbonnier alle Tiere, die um die Eiche herum leben: Wildschweine mit ihren Frischlingen, Adler, Rehe und Kröten. Dieses große Mietshaus wird so im Laufe eines Jahres gezeigt und die Natur dabei nicht verharmlost. Oder ist es doch eher eine Wohngemeinschaft?

Die Kameraperspektiven übernehmen die Hauptrolle und lassen uns staunen, wie eng und kuschlig es in einem Kobel neugeborener Eichhörnchen zugeht. Wie schön es ist, wenn eine neue Eiche keimt und die ersten Blätter kommen. Und wie gewaltig ein Sommergewitter über eine Eiche hinwegzieht. Zwischen extremen Makroaufnahmen und Zeitraffer wird viel geboten, und diese Abwechslung macht eine Menge Freude.

Die Tonspur ist der eigentliche Star des Films. Niemand erzählt hier in Worten, was die Eiche zu einem so mannigfaltigen Lebensraum macht. Aber geschickt wurden im Tonschnitt Geräusche verstärkt und ein wunderbarer musikalischer Soundtrack von Cyrill Aufort hinzugefügt. Wenn die Rüsselkäfer zum Mambo Sway kopulieren, dann fühlt es sich für den Zuschauer nach Liebe an, nicht nach schierer Fortpflanzung. Insofern tappt der Film hier in die gleiche Falle wie so viele Naturfilme vor ihm und vermenschlicht die Tiere in großem Ausmaß. Aber auch die ungnädige, wilde Seite der Natur, das Fressen und Gefressenwerden, wird gezeigt. 

Kaum vorstellbar ist, dass all diese Bilder im Umfeld einer einzigen Eiche aufgenommen wurden. Insbesondere wenn die Ringelnatter regelrecht auf der Jagd nach dem Eichhörnchen ist, so ahnt man doch sehr, dass hier viel auf Schnitt und Montage beruht. Die Bilder sind schließlich von einer unglaublichen Sinnlichkeit erfüllt. Man riecht regelrecht den Waldboden, fühlt die Hitze des Sommers, schmeckt den Regen, spürt die Kälte.

Die Naturdoku wird hier nicht neu erfunden, aber die Bilder sind makellos photographiert, und der Film zieht die ganze Familie in seinen Bann. Schließlich braucht es zum Funktionieren des Ökosystems Eiche alle Arten, die dort leben. Von der Maus, die den Keller aufräumt, über die Ameisen bis zum Waldkauz. Somit nutzt der Film auch die Gelegenheit, einen Kommentar zur aktuellen Debatte um das Artensterben abzugeben. Nicht im Regenwald, dafür hier vor unserer Haustüre.

Die Eiche – Mein Zuhause (2022)

Es war einmal eine alte Eiche…

Dieser Film glänzt mit einer außergewöhnlichen Besetzung: Eichhörnchen, Rüsselkäfer, Eichelhäher, Ameisen, Feldmäuse…. Zusammen erschaffen sie eine wunderbare, vibrierende, summende Welt, deren Schicksal von diesem majestätischen Baum bestimmt wird. Er nimmt seine Bewohner auf, nährt und schützt sie- von den Wurzeln bis zur Krone.  

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Meinungen

Barbara · 10.04.2023

Hallo,
ich möchte zu gern wissen, wie das Jazz/swing Musikstück heißt. Es wird leider im Soundtrack nicht benannt. Kann mir das jmd hier vll sagen???
Frohe Ostern.
Barbara

Susanne Berheides · 18.04.2023

Hallo Barbara, das Musikstück ist von Glen Miller und heisst "In The Mood".
Liebe Grüße

Ruth Braun · 06.04.2023

Ich habe gerade, am 6.4.23, den Film in einem winzigen Kino in Bad Krozingen gesehen und bin begeistert. Der Film kommt ohne ein gesprochenes Wort aus, er lässt große Stille zu und die geschickt verstärkten Geräusche der Natur rundherum erklingen. Ich fühlte mich völlig entspannt, roch förmlich den feuchten Boden. Es war wie ein Waldspaziergang eines Wesens, das überall in die vielen Höhlen, Brutmulden, ja sogar in eine Eichel kroch, aus der sich eine Larve eines Eichelbohrers mühsam zwängte. So war die Kamera geführt, überall innen drin, einfach phantastisch. Die Verfolgungsjagd eines Habichts auf der Spur eines Eichelhähers geriet zum spannenden Abenteuer. Dann und wann wurden Musikstücke eingespielt, wovon mich nur Händels "Lascia ch'io pianga" und der Jazzklassiker "In the mood" überzeugten.Letzterer ertönt zum "ohrenbetäubenden" und taktsicheren Hungergekreische der Vogel Babys, sehr witzig. . Es ist ein Film für alle Generationen, die auch tatsächlich vertreten waren, ein Film, der die unerschöpfliche Kraft der Biodiversität viel stärker demonstriert als jeder gutgemeint kommentierte Naturfilm.

Christiane · 31.03.2023

Toller Film, der Kritik hat sich den Film aber nur flüchtig angesehen. Es gibt keinen Kobel mit frischgeborenen Eichhörnchen, dieses sind Mäuse! Der Habicht macht Jagd auf die Eichelhäher - nicht auf das Eichhörnchen. Und die Ringelnatter ist keine, sondern eine Äskulapnatter. So viele Fehler, wird hier nicht Korrwktur gelesen?

Doro · 24.03.2023

Es ist keine Ringelnatter, sondern eine Äskulapnatter! (Das erfährt man, wenn man den Film aufmerksam bis zum Ende anschaut).

Mario · 16.03.2023

Ich bin mir gar nicht mal so sicher, ob man etwas verbal abstrahieren kann, das ein Maß an Schönheit übertrifft, dass man - noch während man ihm gewahr zu werden das Glück hat - weder Tränen der Freude darüber sich enthalten kann noch sich eines unerklärlichen Gefühls von Gemeinschaft, von Heimat auf mystische Weise nachgerade im tiefsten der Seele erwehren kann.

Dieses Filmkunstwerk über das, was die unendliche, gütige Natur mit den Bäumen, mit der von den Menschen so geheißenen Eiche der Welt zum Geschenk gemacht hat, verschlägt mir vor all so vielen Worten, die mir auch noch darüber in den Sinn durchaus kommen wollen, eigentlich die Sprache und dennoch wollen die Worte diesen Zauber feiern, so gut es ihnen gelingen möchte. Achtzig Minuten unfassbarer Rausch an einer Fülle von Schönheit in Stille, in Spannung, in unerklärlich wohltuenden und heimatlich vertrauten Geräuschen, so als sei man auch nach tausenden Jahren nie den Wäldern entflohen in Orte und Städte, für welche man unendliche Räume an Waldheimat gerodet hatte, vermögen wenigstens doch erahnen lassen, wo Heimat immer geblieben ist im tiefsten unserer großen Seele, derer wir nur Teile sind, wenngleich auch ein jeder ein besonderer, gewünschter, denn darin liegt das, worin wir uns in Liebe befinden und man spürt sie weit über gewöhnlich erklärbare Gefühle hinaus, die man nicht begreifen kann und das glücklicherweise auch nicht nötig hat.

Ohne ein jedes Wort der versuchten Erklärung hat mich dieser Film und seine authentischen, keine Rolle, sondern ihr Dasein ganz zum Ausdruck bringenden Darsteller in Entzücken versetzt, sich selbst erklärt, ja verständlich genug gemacht, verzaubert ganz und gar mit dem, was man inflationär Liebe heißt: das reine, unverstellte Dasein.

Eichhörnchen, Mäuse, Eule, Eichelhäher, Bussard, Blaumeisen, Rotkehlchen, Fuchs, Wildschweine, Ameisen, Eichelbohrer, ..., sie alle sind mehr nur als bloß die Stars in einem Film. Sie sind HEIMAT, sind repräsentierende Liebe und allein sie vermöge dieses Filmjuwels still Gelegenheit zu bekommen zu beobachten, erfüllt mich mit dem, was ich gemeiniglich als Liebe bei jedem Spaziergang in Landschaftsparks und bei Wanderungen durch die Wälder immer wieder auf's Neue verspüre.

Jedem, der dafür auch nur annähernd empfänglich ist, kann ich diesen Film ganz an's Herze legen. Es wird es ihm mit einer in tiefer Erinnerung bleibenden Freude danken, solch' eine schöne Gelegenheit zu bekommen, das Leben auf so besondere Weise einmal audio-visuell aufnehmen zu können und daran innerlich zu erblühen und sich darüber bewusst zu werden, welches Glück ihm zuteil geworden, in dieses magische Leben für eine Zeit lang gegeben worden zu sein, als das Geschenk und den Beweis dafür angenommen, gewollt zu sein im Hier und Jetzt.

Geht immer, so oft als irgend möglich raus in die an Schönheiten reichhaltige Natur, die man nicht besitzen muss, um versichert zu sein ihrer immer, auch über das uns zeitlich begrenzte Leben hinaus noch teilhaftig sein zu können im großen Bewusstsein des unendlichen Welt-Alls.

Eine Liebeserklärung an die Königin des Waldes: Die Eiche und die sie liebenden Bewohner, die mit an Schönheit nahezu unübertrefflichen Bildaufnahmen, verbunden mit Klängen der Natur und dann und wann auch untermalt mit wunderschöner von Menschen geschaffener Musik, die sich dem Takt der Lebewesen auf eine geniale Weise angleicht, in den Bann einen eine jede einzelne Minute berauschend, kindlich staunend zieht.

Minou · 14.04.2023

Wundervoll innig und lyrisch, wie Du es beschreibst. Besser geht’s nicht! Es nimmt einen mit wie eine romantische Ode aus dem 19. Jahrhundert. Würde gerne mehr von dir lesen!

Karin Scherzer-jensch · 12.03.2023

Einer der schönsten Dokumentationen die ich je sah !!!

Mario · 18.03.2023

Das letzte Mal hat nur ein Film mich nahezu auf gleiche Weise in Staunen versetzt, wie ich es nur noch erinnere, als ich als Kind noch gedankenlos zu staunen fähig war: der Film von Jan Haft - "Das grüne Wunder - Unser Wald", der absolut sehenswert ist und heute und in den kommenden Tagen auch nochmals im Fernsehen ausgestrahlt wird.

18.03.2023 | 15:00 Uhr | phoenix
19.03.2023 | 09:00 Uhr | phoenix
21.03.2023 | 03:00 Uhr | phoenix
24.03.2023 | 03:00 Uhr | phoenix
10.04.2023 | 14:30 Uhr | WDR Fernsehen
11.04.2023 | 04:10 Uhr | WDR Fernsehen