Deepwater Horizon (2016)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Inferno im Meer

Was man von einem Film erwarten darf, verraten oft schon die Namen der am Projekt beteiligten Personen. Nach dem tatsachenbasierten Kriegsdrama Lone Survivor haben sich für den ebenfalls auf wahren Ereignissen beruhenden Katastrophenstreifen Deepwater Horizon erneut Regisseur Peter Berg und Hollywood-Mime Mark Wahlberg zusammengetan. Angesichts dieser Konstellation sollte man sich bei der Aufarbeitung des verheerenden Ölbohrunglücks im Golf von Mexiko auf kerniges, gradlinig erzähltes Actionkino einstellen, das inhaltlich nicht allzu tief gräbt. Bergs Vorliebe für große pathetische Gesten hält sich dieses Mal erfreulicherweise in Grenzen. Und bei aller erzählerischer Einfachheit muss man dem handwerklich versierten Filmemacher zugestehen, dass er die Betrachter das Inferno, das am 20. April 2010 auf der titelgebenden Plattform ausbrach, so miterleben lässt, als befänden sie sich selbst im Getümmel.

Im Mittelpunkt der Geschehnisse steht der real existierende Chef-Techniker Mike Williams (Wahlberg), der sich zu Beginn des Films von seiner Ehefrau Felicia (Kate Hudson) und seiner Tochter Sydney (Stella Allen) verabschiedet. Ziel seiner nächsten Dienstreise ist die Bohrinsel Deepwater Horizon, die 70 km vor der Küste Louisianas liegt und vom BP-Konzern geleast wird. Da die Produktion bereits gewaltig im Rückstand ist, drängt BP-Manager Donald Vidrine (John Malkovich) darauf, in Kürze mit der eigentlichen Förderung zu beginnen. Jimmy Harrell (Kurt Russell), der Projektleiter der Betreiberfirma Transocean, sorgt sich jedoch um die Sicherheit seiner Mitarbeiter und ordnet eine Testbohrung an, die den Druck der Quelle und ihre Gefahren offenlegen soll. Als die erhofften eindeutigen Ergebnisse auch nach einem weiteren Test ausbleiben, lässt Vidrine die Bohrung trotz aller Warnungen anlaufen, was zu einem gigantischen Blowout führt. Eine Fontäne aus Bohrschlamm, Gas und Öl schießt unter enormem Druck aus dem Loch, und kurz darauf steht die Plattform lichterloh in Flammen.

Elf Menschen verloren bei dem Unglück ihr Leben. Erst nach über drei Monaten gelang es dem BP-Konzern, das Leck zu schließen. Und das bis dahin ausströmende Öl sorgte für eine der größten Umweltkatastrophen in der Geschichte der USA. Die Langzeitfolgen der Explosion sind erschütternd, werden in Deepwater Horizon aber nur am Rande aufgegriffen (mehr dazu ist in dem Dokumentarfilm The Great Invisible zu erfahren). Etwa im Bild eines ölverschmierten Vogels, der gegen eine Schiffswand kracht und grausam verendet. Berg und sein Autorenteam verengen den Blick auf die Stunden vor und nach der Tragödie, die durch menschliche Versäumnisse verursacht wurde. Die Sympathien der Filmemacher sind dabei eindeutig verteilt. Während Mike Williams und Jimmy Harrell als gewissenhafte, zupackende Männer beschrieben werden, ist Vidrine der Inbegriff des ungeduldig-rücksichtslosen Konzernvertreters, der lediglich auf die Zahlen schaut und eine weitere Verzögerung verhindern will, um die finanziellen Einbußen endlich zu stoppen. Ökonomisches Denken schlägt die Meinung der Experten und führt letztlich ins Verderben.

Inhaltliche Feinheiten liegen Berg und seinen Mitstreitern nicht am Herzen. Das zeigt schon der Einstieg, der uns Mikes Tätigkeit über ein Gespräch mit seiner Tochter veranschaulicht, die für die Schule ein Referat vorbereiten muss. Überhaupt wird der Familienstrang allenfalls routiniert heruntergespult, was spätestens dann ins Auge sticht, als auf der Ölplattform die Hölle losgebrochen ist. Kurze Szenen mit der besorgten Ehefrau sollen das Geschehen emotional verstärken, entfalten jedoch keine große Wirkung.

Sichtlich wohler fühlen sich die Filmemacher, wenn sie die Arbeit und die Atmosphäre auf der Deepwater Horizon einfangen, von der der Regisseur eine gigantische Nachbildung anfertigen ließ. Erschreckend authentisch ist vor allem der Teil, der das Inferno illustriert. Spätestens hier ist Actionspezialist Berg voll in seinem Element und lässt das ausbrechende Chaos über taumelnde Handkamerabilder und ohrenbetäubende Toneffekte in den Kinosaal übergreifen. Mittendrin statt nur dabei, heißt es von nun an für das Publikum. Genauso wie für Mike Williams, der in einer Extremsituation plötzlich über sich hinauswachsen muss und seinen verletzten Kameraden zu Hilfe eilt. Anders als in Lone Survivor, wo Berg den von Wahlberg verkörperten Protagonisten noch zu einem großen Märtyrer hochstilisiert, zeigt er die Hauptfigur hier als einen Helden des Alltags, der bloß seinem Überlebensinstinkt folgt. Ohne pathetisch aufgeladene Momente – Stichwort: Gebet vor dem Hintergrund der brennenden Plattform – kommt Deepwater Horizon nicht aus. Dieses Mal wirken die übertrieben feierlichen Einschübe aber weniger störend als in früheren Arbeiten des Regisseurs. Etwas ernüchternd ist das recht abrupte Ende, das die psychische Überbelastung der Beteiligten andeutet, diesen durchaus spannenden Aspekt aber leider nicht weiter ausführt.
 

Deepwater Horizon (2016)

Was man von einem Film erwarten darf, verraten oft schon die Namen der am Projekt beteiligten Personen. Nach dem tatsachenbasierten Kriegsdrama „Lone Survivor“ haben sich für den ebenfalls auf wahren Ereignissen beruhenden Katastrophenstreifen „Deepwater Horizon“ erneut Regisseur Peter Berg und Hollywood-Mime Mark Wahlberg zusammengetan.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen