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Halina Reijn entwirft in ihrem zweiten Film „Bodies Bodies Bodies“ eine Whodunit-Erzählung mit einer Figurengruppe der Generation Instagram.

Bodies Bodies Bodies (2022)

Eine Filmkritik von Martin Seng

Wer hat’s getan?

Whodunit – ein Erzählkonzept, das über die Jahrzehnte nicht wegzudenken ist. Von „Knives Out“ (2019) über „Scream“ (1996) und „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ (1988) bis hin zu „Mord im Orient-Express“ (1974). Es geschieht ein mysteriöser Mord und meist wird auf engstem Raum nach den Schuldigen gesucht. So auch in „Bodies Bodies Bodies“, der das Konzept für die Generation Instagram updaten möchte. Doch gelingt das Regisseurin Halina Reijn nur zum Teil.

Party. Das interessiert die fünfköpfige Freundesgruppe aus Alice (Rachel Sennott), Jordan (Myha’la Herrold), Sophie (Amandla Stenberg), David (Pete Davidson) und Emma (Chase Sui Wonders). Das und harte Drogen, möglichst viel Alkohol und Sorglosigkeit. Sophie, gerade frisch aus dem Entzug, erscheint unangekündigt auf einer Feier ihrer Freund:innen, mit dabei hat sie die Unbekannte Bee (Maria Bakalova). Kurz zuvor hat Sophie ihr ihre Liebe gestanden, doch Bee zögerte noch. Auch Alice hat jemanden dabei, Greg (Lee Pace), eine flüchtige Tinder-Bekanntschaft.

Auf dem Anwesen von Davids unverschämt reichen Eltern machen sie Party, betrinken sich, koksen und mit der lockeren Stimmung beginnen sie das titelgebende Spiel Bodies Bodies Bodies. Es gibt eine:n Mörder:in und die potentiellen Opfer, die die schuldige Person auffinden müssen. Während die ungleiche Gruppe mit dem harmlosen Spiel beginnen, zieht draußen ein ungeheurer Sturm auf. Der Strom fällt aus, die Gemüter erhitzen sich und plötzlich finden sie David tot auf der Terrasse, am Hals eine Stichwunde. Das Spiel wird zur Zerreißprobe für Freundschaften und Überlebenskampf für alle.

Natürlich bleibt es nicht nur bei einem Toten, das kann man bei Bodies Bodies Bodies gleich vorwegnehmen. Allzu kreativ ist Reijns zweiter Film nicht, was aber zu einem Großteil dem Konzept selbst geschuldet ist. Jemand stirbt, alle sind schockiert und weisen die Schuld von sich. Daraufhin werden private Abgründe offenbart und während weitere Morde geschehen, bilden sich Fronten zwischen den Akteur:innen. Anhand dieser Linien bewegt sich auch Bodies Bodies Bodies und greift dabei auch auf typische Klischees zurück, wie zum Beispiel den Stromausfall und den Sturm, wodurch die Gruppe von der Zivilisation abgeschnitten ist.

Und trotzdem verkommt der knapp 90-minütige Film nicht zu einem Abarbeiten von Stereotypen. Das passiert unter anderem deswegen nicht, weil die Charakterkonstellationen real wirken und nicht an Klischees gebunden sind. Alice, die stolz einen eigenen Podcast produziert, wirkt orientierungs- und hilflos in ihren jungen Jahren, David und Emma sind in einer unglücklichen Beziehung, von der alle wissen, dass sie toxisch ist. Er kämpft mit Aggressionsproblemen, sie mit Selbstwertgefühlen. Da hilft es nicht gerade, dass Greg von Tinder attraktiver, älter und selbstbewusster als David ist.

Die Gruppe ist längst untereinander zerrissen, bevor es überhaupt zu einem Mord kommt. Das Psychogramm der Generation Instagram, Tik Tok, Tinder, Y, Z oder wie auch immer man sie nennen will, ist gelungen. Und das nicht nur, weil die Apps auch im Film vorkommen. In den Streitgesprächen geht es um toxisches Verhalten, um verbotene Liebschaften, um Selbstbemitleidung und darum, dass es sich bei manchen in der Clique immer nur um sie selbst drehen muss. Die Dialoge wirken glaubhaft, real und nicht überzeichnet und doch möchte man den Charakteren zurufen, dass sie sich doch bitte um die Morde um sie herum kümmern sollen. Denn während einer nach dem anderen unter mysteriösen Umständen zu Tode kommt, vertiefen sich die Gespräche um emotionale Probleme zusehends. Während man die verantwortliche Person sucht, entgleiten die Gespräche auf dieser Jagd doch ein wenig zu sehr in kaum glaubhafte Diskussion, wie etwa in den Streit darum, wie gut der Podcast von Alice nun wirklich ist.

Im Finale von Whodunit-Erzählungen kommt gegen Ende hin natürlich die obligatorische Enthüllung der schuldigen Person, die Auflösung darüber, wer all die Morde begangen hat. Das Ende von Bodies Bodies Bodies balanciert dabei irgendwo zwischen originell und vorhersehbar, tut sich aber selbst keinen Gefallen damit. Das Geheimnis soll an dieser Stelle nicht aufgelöst werden, nur so viel: Passend zur Generation der sozialen Medien wird alles über Tik Tok aufgedeckt. Ob das tonal gelungen ist, bleibt dem Publikum überlassen. Einen wirklichen Platz zwischen den Genres Drama, Komödie und Horror nimmt das tödliche Spiel jedenfalls nicht ein.

Bodies Bodies Bodies (2022)

Eine Gruppe von reichen jungen Frauen und Männern will eine mega Party schmeissen. Es soll wilde Spiele geben, und alles soll möglich sein, doch an einem Punkt beginnt die Feier in eine ganz, ganz falsche Richtung zu gehen…

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