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Mit „Sieger sein“ erzählt Soleen Yusef die Geschichte eines geflüchteten Mädchens, das versucht, in einer Schule in Berlin-Wedding Fuß zu fassen. Dabei helfen ihr ein engagierter Lehrer und vor allem der Fußball. 

Sieger Sein (2024)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Wer oft verliert, der siegt noch mehr

Mona hat es schon immer geliebt, Fußball zu spielen. Und sie kann es gut – sogar besser als ihre Brüder, fügt Mutter Nada immer ein wenig stolz hinzu. In ihrem Heimatland Syrien braucht es dazu nicht viel: ein paar Latten, um Platz und Tor zu markieren, und einen Ball. Gespielt wird auf dem Feld nebenan, ohne Schuhe, ohne extra Fußballkleidung. Nachdem die Familie fliehen musste und im Berliner Stadtteil Wedding gelandet ist, traut sich Mona allerdings erst einmal nicht in die Mädchen-Fußballmannschaft der Schule.

Soleen Yusef erzählt in Sieger sein eine Geschichte des Ankommens – in einem neuen Zuhause, aber auch bei sich selbst. Der Film beginnt mit dem ersten Schultag von Mona (Dileyla Agirman). Der Klassenlehrer (Andreas Döhler), den alle nur „Herr Che“ nennen, weil sie sich seinen Namen doch nicht merken können, richtet freundliche Worte an sie, versucht, ihr mit seiner herzlichen Art einen guten ersten Schultag zu bereiten. Aber Mona merkt schnell, dass es auf dieser Grundschule und besonders in ihrer Klasse hart zugeht. 

„Ich wollte nicht flüchten, ich wollte bleiben“, sagt das Mädchen irgendwann und macht deutlich, wie schwierig es ist, geflüchtet zu sein und sich nun an einem anderen, neuen und gänzlich fremden Ort einzuleben. Wenn dann noch die schiefen Blicke der Mitschüler:innen dazukommen, das Auslachen, das Hänseln, das Mobben, dann will sie nur noch die Decke über ihren Kopf ziehen und sich in ihrer Betthöhle verkriechen, ganz tief.

Es ist die Perspektive von Mona, die berührt und das junge Publikum zum Nachdenken bringen kann. Ihre Sicht auf die Dinge, die sie immer wieder – mit dem festen Blick in die Kamera und der direkten Publikumsansprache – ganz deutlich formuliert und darauf verweist, dass sie dies für den Film in einem besseren Deutsch tut, als sie die Sprache wirklich sprechen würde. Sieger sein will hier ganz direkt sein, ansprechen, was falsch läuft, deutlich machen, wie sich ein Kind wie Mona in seiner Situation fühlt, und zeigen, dass das Geflüchtetsein absolut nicht einfach ist. Was man eigentlich weiß, wird hier in aller Konkretheit erklärt, an Bespielen aufgezeigt, verständlich gemacht.

Entstanden im Rahmen der Initiative „Der besondere Kinderfilm“, erzählt Sieger sein auch ein wenig von Soleen Yusefs persönlicher Geschichte. Die deutsch-kurdische Regisseurin ist selbst vor Jahren geflüchtet und kennt sich aus mit dem Verlierersein, wie sie sagt. Genau das ist auch immer wieder Thema im Film, zum Beispiel wenn sich der Blick auf die anderen Mannschaften beim Fußballhallenturnier der Berliner Schulen wendet, die einheitliche Trikots anhaben und ein Selbstbewusstsein im Gesicht tragen, weil sie, so Herr Che, nicht wissen, wie sich Verlieren anfühlt, weil sie immer auf der Gewinnerseite des Lebens stehen würden. 

Mit der Figur von Herrn Che präsentiert der Film einen dieser guten Lehrertypen, wie man sie kennt aus Schulgeschichten: Er ist einer, der die Bedürfnisse der Kinder erkennt, sie fördert, für sie einsteht, auch dann, wenn sie einmal wieder Mist gebaut haben. Das erzählt der Film recht konventionell und vorhersehbar (und bisweilen auch sehr konstruiert, wenn er sich darüber hinaus mit dem Wesen von Demokratie beschäftigt), auch der Sportfilm-Plot ist ein ganz klassischer, aber das ist auch in Ordnung so, weil sich die Zielgruppe dann eben auf die Dinge konzentrieren kann, die der Film noch für sie bereithält. 

Es ist die Mädchen-Fußballmannschaft, in der Mona sich mit Können, Durchhaltevermögen und Mut einen festen Platz erobert. Im Fußball findet sie wie die anderen Mädchen ihre Freude, ihre Leidenschaft, hier kann sie Luft ablassen, sich austoben, aber eben auch dazulernen, Zusammenhalt und Teamgeist üben, Zuversicht und Selbstbewusstsein finden. Ob das reicht, um beim Hallenturnier ein gutes Spiel abzuliefern und gegen die Mädchen aus Charlottenburg zu gewinnen?

Sieger sein ist auf jeden Fall erfrischend, in seiner Figurenkonstellation wie auch seinem Look. Die Dialoge und die Atmosphäre sind bisweilen so hart und aggressiv wie die dargestellten Zustände an der Weddinger Grundschule. Dazu passt das Sounddesign und die ausgewählte Filmmusik mit starken Rhythmen und eben einer Wahnsinns-Energie, die auf das Publikum ausstrahlt und weiterwirkt.

Sieger Sein (2024)

Mona ist mit ihrer kurdischen Familie aus Syrien geflüchtet und landet auf einer Grundschule in Berlin-Wedding. Dort geht es hart zu. Auch im Mädchenfußballteam, in das Mona aufgenommen wird, spielen alle gegeneinander. Aber nur „Team work makes the dream work.“

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