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Das Kino hat Nachholbedarf an Geschichten über jugendlich-schwesterlichen Zusammenhalt und Teamgeist. Eine solche präsentiert die britische Regisseurin Nida Manzoor in Form einer abenteuerlustigen Komödie, die gut gelaunt verschiedene Genres von Bollywood- bis Kampfkunstfilm durchstreift.

Polite Society (2023)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Meine Schwester kriegst du nicht!

Die Londoner Schülerin Ria Khan (Priya Kansara) und ihre ältere Schwester Lena (Ritu Arya) sind ein Herz und eine Seele. Als sie mit ihren Eltern zum Fest der reichen Familie Shah eingeladen werden, beobachtet Ria das Geschehen misstrauisch. Salim (Akshay Khanna), der gutaussehende und als Arzt erfolgreiche Sohn des Hauses, weckt Lenas Interesse. Ria warnt ihre Schwester: Salim suche eine Frau! Sie selbst sieht Lena, die gerade die Kunstschule geschmissen hat, auf gar keinen Fall zur Heirat, sondern zur unabhängigen Künstlerin bestimmt. Also plant Ria mit martialischem Eifer, die sich rasch intensivierende Beziehung zwischen Lena und Salim zu vernichten.

Das Kinospielfilmdebüt der Regisseurin und Drehbuchautorin Nida Manzoor (TV-Serie We Are Lady Parts) feiert das Band zwischen zwei Schwestern, die sich nahestehen, und auch die Sisterhood zwischen Freundinnen. Die Teenagerin Ria gewinnt nämlich die Unterstützung der Schulfreundinnen Clara (Seraphina Beh) und Alba (Ella Bruccoleri) für ihre Sabotage-Aktionen. Das Lebensgefühl junger Mädchen und das kulturelle Milieu pakistanischer Einwanderer in England ergeben in Kombination eine erfrischende filmische Perspektive. Die Komödie jongliert auf dieser Basis respektlos und spielfreudig mit filmischen Genres wie Bollywood, Martial-Arts, Science-Fiction und Thriller. 

Ria ist begeisterte Kampfsportlerin, die von einer Karriere als Stuntfrau träumt. Ihre Schwester Lena unterstützt und trainiert sie. Leider will Ria der 540-Kick, eine anderthalbfache Drehung in der Luft um die eigene Achse mit anschließendem Fußkick, nicht gelingen. Immer wieder landet sie schmerzhaft auf dem Bauch, gibt aber nicht auf. Sie schreibt die berühmte Stuntfrau Eunice Huthart – die reale Person leiht der Figur im Film ihre Stimme – wegen eines Praktikums an. Es ist amüsant, wie der Film die Klischees über angesehene Berufe attackiert, denn Ria empört sich lautstark, als die Lehrerin ihr ein Praktikum in einer Arztpraxis zuweisen will. Die Empörung beider Schwestern – und der Mutter (Shobu Kapoor) — bleibt ebenfalls nicht aus, als der Vater (Jeff Mirza) Lena nach Abbruch der Kunstschule rät, an der Rezeption einer Zahnarztpraxis zu jobben. Lena sei doch Künstlerin, schallt es ihm entgegen. Diese Töchter gehören einer Generation an, die sich den Lebensweg nicht mehr nach alter Sitte vorschreiben lässt.

Aber warum gönnt Ria ihrer Schwester die Verlobung mit dem Überflieger Salim nicht? Sie könnte recht haben mit ihrem Misstrauen gegen ihn, schließlich fand sie Fotos junger Frauen in einem Zimmer auf der Party. Das diabolische Lächeln seiner dominanten Mutter Raheela (Nimra Bucha) aber scheint nur Ria zu registrieren. Nach dem Muster eines Horrorthrillers manövriert sich Ria mit ihren Weckrufen und schrillen Aktionen immer mehr ins Abseits – vielleicht tatsächlich nur von trotzigem Übereifer getrieben, wie das Umfeld mutmaßt. Selbst ihre Freundinnen wenden sich ab, nachdem die heimliche Durchsuchung von Salims Laptop nichts Kompromittierendes zutage förderte. Wenn sich die Freundinnen mit angeklebten Schnurrbärten und männlichem Gehabe in die Umkleideräume von Salims Sportclub einschleusen, um den Laptop zu kapern, wird es zwar klamaukig, aber nicht langweilig. 

Sobald Ria ihre Kampfkünste anwendet, geht es heftig zur Sache. Mal fliegt sie in der Schule in einen Schrank, mal verpassen sich die beiden Schwestern bei einer buchstäblich verbissenen Auseinandersetzung blutige Wunden. Irgendwann muss es zum Showdown zwischen Ria und der siegessicheren Raheela kommen. Die Martial-Arts-Einlagen wirken oft überhöht und werden, auch mit Hilfe gelegentlicher Zeitlupen, als großer Spaß zelebriert. Herrlich witzig gerät die Bollywoodfilm-Persiflage auf Lenas und Salims pompöser Hochzeitsfeier. Dort singt und tanzt Ria anmutig im traditionellen Festkleid – nicht ohne ein paar einschlägige Drohgebärden in ihren Auftritt einzuflechten. Das eigentliche Leitmotiv bleibt in diesem kunterbunten Filmvergnügen jedoch die verschworene Gemeinschaft, die sich in mädchenhaften Freudensprüngen manifestieren kann.

Polite Society (2023)

Ria Khan ist ein rotzfrecher Teenager, die davon träumt, eines Tages eine weltberühmte Stuntfrau zu werden. Niemand steht ihr näher als ihre große Schwester Lena. Als diese für ihren Verlobten all ihre Träume und die Beziehung zu ihrer Schwester aufs Spiel zu setzen scheint, ist Ria überzeugt, Lena vor den Fallstricken der Ehe bewahren zu müssen. Dafür nimmt sie die Hilfe ihrer Freunde in Anspruch und plant einen waghalsigen Überfall auf die Hochzeitsgesellschaft …

 

 

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