Log Line

In „The Doors“ widmet sich Oliver Stone dem Mythos Jim Morrison – und bietet Hauptdarsteller Val Kilmer und seinen Co-Stars eine Bühne.

The Doors (1991)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

To the Other Side

Jim Morrison (1943-71) ist eine Ikone der Rockmusik – und diente schon zu Lebzeiten als Projektionsfläche. Er stand für all das, was die gegenkulturelle Jugendbewegung in den 1960er Jahren ausmachte. Als Frontmann der Band The Doors und als Lyriker war er eine einflussreiche Stimme seiner Generation. Er war ein Sexsymbol und ein zuweilen überaus selbstzerstörerisch handelnder Mensch, der im frühen Alter von 27 Jahren unter nicht gänzlich geklärten Umständen verstarb.

1991 schuf Oliver Stone ein Biopic. Wie der Titel The Doors vermuten lässt, wird darin die Band und deren Entwicklung porträtiert – das klare Zentrum bildet jedoch Morrison. Der Film beginnt 1949 in New Mexico, als der kleine Jim (verkörpert von Olivers Sohn Sean Stone) bei einem Familienausflug einen älteren indigenen Mann am Straßenrand in der Wüste sterben sieht. Morrison selbst hatte diese Anekdote einst geschildert; von Familienmitgliedern war deren Wahrheitsgehalt indes stets bestritten worden. „It’s just a dream…“ ist im Laufe der psychedelisch anmutenden Sequenz zu hören.

Dieser Einstieg, der die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit prompt zerfließen lässt, nimmt Stones dramaturgischen Ansatz treffend vorweg. Es geht hier weniger um eine akkurate Nacherzählung von Morrisons Werdegang, sondern in erster Linie um eine entschieden subjektive, bewusst überzeichnete Sicht auf das Leben einer Persönlichkeit, die durch ihren Legendenstatus kaum zu greifen ist. Die Herangehensweise des Regisseurs und Co-Autors stieß seinerzeit zum Teil auf heftige Kritik. Während die Bandmitglieder John Densmore und Robby Krieger, die in die Realisierung des Werks einbezogen wurden, sich im Nachhinein ambivalent äußerten, empfand der Keyboarder Ray Manzarek das Ergebnis als beschämend und zu sensationslüstern.

The Doors ist letztlich eher ein Film über den Mythos Jim Morrison und über den herrschenden Zeitgeist der Sixties-Ära. Völlig gerecht werden das Skript und die Inszenierung dem Protagonisten dadurch nicht. Dass dennoch etwas Eindrückliches entstanden ist, liegt zum einen an Stones Fähigkeiten, einen audiovisuellen Sog zu erzeugen. Der Schauplatz Venice Beach, an dem Jim seine Freundin Pam Courson und seine drei zukünftigen Bandkollegen kennenlernt, wird als magischer Ort eingefangen. Ebenso faszinierend sind ein Trip ins Death Valley, der mit starkem Drogenkonsum einhergeht, und die aufwendigen Konzertpassagen, für die sich Stone von der Orgien-Szene aus dem Classical-Hollywood-Monumentalfilm Die zehn Gebote (1955) inspiriert haben lassen soll.

Zum anderen tragen die Schauspielleistungen in hohem Maße zum Gelingen des Werks bei. Val Kilmer, der ein paar Jahre zuvor mit Top Gun (1986) seinen Kinodurchbruch geschafft hatte, sieht Morrison verblüffend ähnlich und liefert eine intensive Performance, in der die Kreativität des Porträtierten, aber auch dessen Selbstdestruktivität zum Ausdruck kommen. Auch gesanglich kann er überzeugen. Mit Meg Ryan als Pam und Kyle MacLachlan als Ray verfügt The Doors fraglos über eine Traumbesetzung der frühen 1990er Jahre. So ist dieser Film in doppelter Hinsicht ein spannendes Zeitdokument: Er zeigt die Rock-Kultur und das Lebensgefühl einer Dekade – und steht heute mit seinen flirrenden Bildern und seinen funkelnden Stars für das Kino des Jahrzehnts, in dem er gedreht wurde.

The Doors (1991)

Eine Filmkritik von Simin Littschwager

Sex, Drogen, Rock’n’Roll, Poesie und Tod

Jim Morrison, Sänger der Rockband The Doors, verkörperte wie wenige andere den Mythos des rebellischen Rockstars, dessen Leben sich nach den Maximen Live fast, love hard, die young, um Sex, Drugs & Rock’n’Roll dreht, bis er letztlich daran zu Grunde geht. In einer Epoche, deren Jugend geprägt war von der Hippiebewegung, bewusstseinserweiternden Drogen und dem Vietnamkrieg, trafen die The Doors mit Morrisons exzessivem, unberechenbarem Verhalten auf der Bühne und seinen düster-poetischen Texten den Nerv der Zeit. Ohne Zweifel trug die charismatische Bühnenpräsenz des Frontmanns wesentlich zum Ruhm der Doors bei, die nach dessen frühen Tod 1971 nicht mehr an die großen Erfolge anknüpfen konnte, während der Kult um Morrison auch heute ungebrochen ist und immer noch zahlreiche Fans zu seinem Grab auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris pilgern.

Oliver Stone, der selbst als junger Mann in Vietnam zum ersten Mal die Musik der Doors erlebte und, wie er im Interview freimütig zugibt, zu jener Zeit seine eigenen bewusstseinserweiternden Drogenerfahrungen machte, konzentriert sich in seinem Film The Doors von 1991 ebenfalls hauptsächlich auf die Figur des Sängers Jim Morrison (grandios gespielt von Val Kilmer, der selbst zahlreiche Lieder im Film singt). Stone erhebt jedoch in keinster Weise einen biographisch oder dokumentarisch exakten Anspruch; vielmehr leistet er seinen eigenen Beitrag zum Mythos Jim Morrison. Dieser wird nicht in erster Linie als exzessiver Rockstar mit Hang zu Sex, Drogen und Provokation inszeniert, sondern als grenzgängerischer Dichter, der permanent die Bereiche des Möglichen auslotet. Von Beginn an, als in einer halluzinationsartigen Anfangssequenz Jim als Kind im Auto mit seinen Eltern an einem Autounfall in der Wüste vorbei fährt und er angesichts eines toten Schamanen fortan das Gefühl hat, dessen Geist lebe in ihm weiter, erscheint dabei der Tod in verschiedenen Maskeraden als sein unauffälliger, aber stetiger Begleiter.

Von der Story her orientiert Stone sich zwar an zahlreichen biographischen Fakten, erzählt beispielsweise, wie der junge Filmstudent Morrison mit seinem Freund Ray Manzarek (Kyle MacLachlan) am Strand von Venice die Band gründet, rekonstruiert einige legendär gewordene Auftritte und integriert ein Fotoshooting, dessen Bilder Morrison zur Sex-Ikone machten. Auch die Liebesgeschichte zwischen Jim und seiner Freundin Pamela Courson (Meg Ryan als All-American-Hippie-Girl) nimmt zentralen Raum ein. Die wichtigste Rolle im Film spielen jedoch die Lieder der Doors und Morrisons von Poesie und Drogen beeinflusste Wahrnehmung, deren visuelle Umsetzung in ihrer Intensität teilweise äußerst gelungen ist. Eine Besonderheit der zahlreichen Songs im Film, wobei die wichtigsten Doors-Hits wie z. B. Light my Fire, The End, Riders on the Storm natürlich nicht fehlen dürfen, ist die nahtlose Vermischung von Morrisons Originalgesang mit dem Gesang Val Kilmers, welcher sich angeblich im Laufe der Dreharbeiten so sehr mit seiner Rolle identifizierte, dass er darauf bestand Jim genannt zu werden. Seine Präsenz prägt den Film ebenso wie es diejenige von Morrison einstmals mit der Band tat.

Insgesamt ist The Doors, gleichgültig wie viel oder wie wenig er mit der realen Band dieses Namens und ihrem Sänger Jim Morrison zu tun hat, nicht nur ein berauschender Film über die Geschichte einer Rockband, sondern fängt durch Bilder und Musik atmosphärisch den Zeitgeist des Amerikas der 1960er ein. Versierte Doors-Fans mögen an einigen Stellen vielleicht mehr sehen als andere, aber keineswegs nur für Doors-Fans ist der Film ein ästhetischer Genuss. Empfehlenswert sind die zahlreichen Extras, in denen neben Oliver Stone und der Filmcrew auch die Bandmitglieder der Doors sowie Freunde und Zeitzeugen zu Wort kommen und in durchaus kritischen, gelegentlich auch nostalgischen Statements das im Film dargestellte Bild Morrisons differenzieren. Neben den zahlreichen Interviews gibt es eine Audiokommentarfassung, von Stone kommentierte Extraszenen sowie alle Songszenen als einzelne Menüpunkte. Zuletzt sei ein besonderes Goodie dieser lohnenswerten Doppel-DVD erwähnt: Stilgerecht sind die Scheiben im Vinyl-Plattenlook designt.
 

The Doors (1991)

Jim Morrison, Sänger der Rockband The Doors, verkörperte wie wenige andere den Mythos des rebellischen Rockstars, dessen Leben sich nach den Maximen „Live fast, love hard, die young“, um Sex, Drugs & Rock’n’Roll dreht, bis er letztlich daran zu Grunde geht.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen