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Gute Freunde kann niemand trennen – oder vielleicht doch? In seinem Spielfilmdebüt „The Climb“ begleitet Michael Angelo Corvino zwei Freunde durch die Jahre und alle Höhen und vor allem Tiefen einer Männerfreundschaft.

The Climb (2019)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Bergwertung

Zwei Männer, der eine ein passionierter Radrennfahrer, der andere ein blutiger Amateur (sie werden gespielt vom Regisseur selbst und vom Drehbuchautoren Kyle Marvin), quälen sich auf ihren Rädern mühsam die Berge im Hinterland der Côte d’Azur hinauf. Und just in diesem besonderen Moment verfällt Michael auf die glorreiche Idee, seinem Freund, dem schwer schnaufenden Kyle, zu beichten, dass er mit dessen Verlobter und Demnächst-Ehefrau eine mehrjährige Affäre hatte. Kyle ist natürlich entsetzt, auch wenn Michael ihm versichert, dass das schon lange her und zudem vor Kyles Zeit gewesen sei. Die Stimmung bei der gemeinsamen Radtour ist jedenfalls im Eimer – und als Michael dann noch von einem wildgewordenen 2CV-Fahrer verprügelt wird, im Krankenhaus landet und dort just Ava (Judith Godrèche) auftaucht, um die sich der ganze Streit drehte, meint man schon zu wissen, dass dieser Männerfreundschaft keine allzu lange Lebensdauer beschieden sein wird.

Dies ist der Auftakt zu Michael Angelo Corvinos Buddy-Tragikomödie The Climb, die in mehreren, mehr oder weniger klar voneinander getrennten Kapiteln von der besonderen Beziehung zwischen Michael und Kyle erzählt. Kyle ist ein wenig naiv, aber eine gute und treue Seele, Mike hingegen ist ein zerrütteter Charakter ohne familiäre Bindungen (außer jenen, die er zu Kyles Familie unterhält), der stets auf dem schmalen Grat zwischen Glück (gerne auf Kosten anderer) und Absturz balanciert und dabei des Öfteren den Halt verliert. Zumal ihm das Schicksal immer wieder übel mitspielt. Doch zum Glück gibt es ja Kyle, auf den er sich stets verlassen kann, auch wenn er die Geduld und Leidensfähigkeit seines Freundes auf mehr als nur eine harte Bewährungsprobe stellt; so etwa, wenn er etwa bei dessen Hochzeit mit Marissa (Gayle Rankin) auftaucht, um den Freund vor einer angeblichen Dummheit zu bewahren.

Corvinos Episoden sind eher Vignetten, die sich aber bestens zusammenfügen, zumal er sich die Freiheit herausnimmt, die Übergänge recht fließend zu gestalten – dies fällt insbesondere bei einem Kapitel auf, bei dem im Verlauf einer einzigen kurzen Kamerafahrt die Zeit von Thanksgiving zu Weihnachten wechselt. Gerade an der Kürze der Episoden erkennt man, dass Corvino aus dem Kurzfilmbereich stammt und The Climb vor einem Jahr schon einmal als Achtminüter zu sehen war.

Bei aller Tragik, die dem Straucheln und Schwanken der beiden Männer innewohnt, ist The Climb vor allem ein hochkomischer Film, dessen Pointen und absurde Konstellationen dem eigentlich recht ausgelutschten Subgenre der Buddy-Komödie neuen Geist einhauchen. Das mag auch daran liegen, dass sich Corvino und Kyle Marvin mehr am US-amerikanischen Independent-Kino (etwa der Duplass-Brüder) und vor allem am europäischen Film orientieren – dass der Film immer wieder Bezüge zu Frankreich und zur französischen (Film)Kultur einstreut, ist kein Zufall, sondern eine Verortung. Es sei ein Film, so sagte Corvino selbst bei der Vorstellung seines Debüts in der Reihe Un Certain Regard, wie er in den USA eigentlich überhaupt nicht mehr gemacht werde – umso schöner, dass es dann eben doch Ausnahmen gibt.

The Climb (2019)

Kyle und Mike sind allerbeste Freunde, bis Mike mit Kyles Verlobter schläft. „The Climb“ erzählt von einer bewegten, aber dauerhaften Verbindung durch viele Jahre, die von Lachen, Liebeskummer und Wut geprägt sind und wird so zu einer Reflektion über den Wert und die Bedeutung von Freundschaft.

 

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Meinungen

Lisa · 26.01.2021

Lustig fand ich den Film nicht, aber sehr berührend.

Julia von Römer · 09.01.2021

Laut und anstrengend. Den Witz habe ich auch nicht gefunden.

Jens D.Hafner · 28.12.2020

Habe den Film gestern gesehen, und fand ihn wirklich klasse! Die üblichen Klischees wurden völlig neu präsentiert, mit tollen Schauspielern, interessanter Kameraführung, realistischen Dialogen und perfektem Mix aus Stille und Filmmusik. Der erste Film seit langem, den meine Frau und ich an einem Stück ohne Pause durchgesehen haben! Der Running Gag, dass einer, der immer alles sagt, was er denkt, in jedem Filmkapitel zur Strafe vermöbelt wird, war sehr lustig! Und das Ende ist dann fast ein wenig makaber, da sich in einem kurzen Nebensatz herausstellte, von wem das Kind wirklich ist ... C'est la vie.