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Ein früherer Unternehmensberater nimmt nach einem Burn out einen stupiden Schreibjob beim Geheimdienst an und gerät in finstere Machenschaften. Was nach Action klingt, entwickelt sich langsam zu einem sehenswerten Politthriller im Stile des Kinos der 1970er Jahre.

Operation Duval - Das Geheimprotokoll

Der Schattenmann

Ein Auftrag, der unmöglich zu schaffen ist – und schon nimmt das Unglück seinen Lauf: Weil sein Chef wie selbstverständlich ein umfangreiches Dossier anfordert, das am nächsten Tag fertig sein muss, rastet der Unternehmensberater Duval (François Cluzet) aus und erleidet einen Burn out, der ihn für zwei Jahre auf die Bretter schickt.

Nachdem er mit Hilfe einer Selbsthilfegruppe seine Alkoholprobleme mühsam in den Griff bekommen hat, kommt ein geheimnisvolles Jobangebot, das ihm ein Mann namens Clément (Denis Podalydès) unterbreitet, gerade recht, um den Schritt zurück in die Normalität zu gehen. Der stellt ihm zwar seltsame Fragen beim Vorstellungsgespräch, doch Duval ist froh um alles, was zumindest die Illusion von Normalität wiederherstellt. Seine neue Aufgabe besteht nun darin, in einer leergeräumten Wohnung mit strengstem Rauchverbot an einer Schreibmaschine auf Kassetten aufgezeichnete Telefonüberwachungen abzutippen. Abwechslung aus dieser langweiligen und dann wieder aufgrund der Natur der Gespräche erschütternden Routine verspricht nur das abendliche Legen von Puzzles am Küchentisch und die Bekanntschaft zu Sara (Alba Rohrwacher), der er als eine von zwei Kontaktpersonen von den Anonymen Alkoholikern zugeordnet wurde. Doch was er auch zu Gehör bekommt – Duval ist kein Mensch, der sich gegen das offensichtliche Unrecht auflehnt. Selbst als er aus einem Gefühl des Anstandes heraus versucht zu kündigen, lässt ihn sein neuer Vorgesetzter Gerfaut (Simon Abkarian) einfach ins Leere laufen. Und so gerät er immer tiefer in den Strudel der Machenschaften, über deren Sinn und Ziel er keine Ahnung hat …


Dass man sich bei Thomas Kruithofs sehenswertem Regiedebüt mitunter wie in einem Politthriller aus den 1970er Jahren fühlt, liegt nicht allein an der fahlen Farbigkeit, in die der Regisseur und sein Kameramann Alexandre Lamarque die anonymen Büroräumlichkeiten tauchen. Auch die Schreibmaschine, an der er die Protokolle abtippt sowie das altertümlich wirkende Abspielgerät, das die abgehörten Gespräche wiedergibt, wirken wie aus der Zeit gefallen. Zugleich aber sind sie auf eigentümliche Weise sehr modern, da es gerade in Zeiten der Digitalisierung und der Hackerangriffe seitens der Geheimdienste eine Entwicklung zurück zu analogen Geräten gibt, weil diese nicht über das Internet ausspioniert werden können.


Es ist aber auch die Stille, die dieser Film ausstrahlt, die fast völlige Abwesenheit von Action, ohne die sonst kaum je ein Politthriller auskommt, die einen an die Werke von Alan J. Pakula (Zeuge einer Verschwörung / The Parallax View, 1974), die Filme von Constantin Costa-Gavras oder an Yves Boisset und Henri Verneuil denken lassen. Zugleich ist unübersehbar, wie sehr Kruithof seinen Film in der Gegenwart verortet. Man spürt förmlich das Unbehagen über die klandestinen Machenschaften der Geheimdienste, sieht überall Indizien eines sich abzeichnenden Rechtsrucks innerhalb der Politik, der von den Staatsapparaten eher befördert als verhindert wird.

Doch unter der nur auf den ersten Blick kühlen und reduzierten Oberfläche ist Operation Duval — Das Geheimprotokoll ein enorm vielschichtiger Film: Stellenweise – besonders am Anfang — wirkt er eher wie eine beißende Satire auf die Stupidität täglicher Lohnarbeit und die teilweise absurden Regeln, denen sich Menschen wie Duval (und irgendwie auch wir alle) freiwillig unterwerfen. Zugleich zeichnet er ein gekonntes Porträt seines Protagonisten, der hier kein Held ohne Ecken und Kanten ist, wie man dies sonst aus Politthrillern moderner Couleur kennt, sondern vielmehr ein ambivalenter Charakter, der wie eine Fortführung der Hauptfiguren aus dem Film noir der 1940er Jahre wirkt. Nur waren diese durch den Krieg gebrochen worden, Duvals Beschädigungen rühren von dem alltäglichen Kampf um Leistung her, der Menschen wie ihn in Angst hält und damit funktionieren lässt.

François Cluzet (Ziemlich beste Freunde) ist die Idealbesetzung dieses eigentlich entsetzlich faden „Mannes ohne Eigenschaften“, der es mit wenigen Sätzen und sparsamen Gesten versteht, die ganze Bandbreite eines Menschen zwischen Verzweiflung, Lethargie und hilflosen Gesten der Auflehnung darzustellen. Sein intensives Spiel, die mysteriöse Abstraktheit, in der Thomas Kruithof seine bis zum Schluss spannende und überraschende Story hält, sowie die sehenswerte Bild- und Tongestaltung machen Operation Duval — Das Geheimprotokoll zu einem bemerkenswerten Film, der beinahe nahtlos an die Paranoia Thriller der 1970er Jahre anknüpft, ohne dabei verstaubt oder altbacken zu wirken.
 

Operation Duval - Das Geheimprotokoll

Ein Auftrag, der unmöglich zu schaffen ist – und schon nimmt das Unglück seinen Lauf: Weil sein Chef wie selbstverständlich ein umfangreiches Dossier anfordert, das am nächsten Tag fertig sein muss, rastet der Unternehmensberater Duval (François Cluzet) aus und erleidet einen Burn out, der ihn für zwei Jahre auf die Bretter schickt.

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