Masters of Sex (2. Staffel)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

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Die von Michelle Ashford entwickelte TV-Serie Masters of Sex basiert lose auf einer von Thomas Maier verfassten Biografie über das US-Wissenschafts-Duo William Masters (1915-2001) und Virginia Johnson (1925-2013), welches in den 1950er und 1960er Jahren Pionierarbeit auf dem Gebiet der Sexualforschung leistete. Die nun auf DVD und Blu-ray veröffentlichte zweite Staffel der „Showtime“-Produktion ist ein Paradebeispiel für das hohe Niveau, mit dem heutige Fernsehunterhaltung immer wieder aufzuwarten weiß – sowohl im Hinblick auf das visuelle Konzept als auch die Dialoggestaltung und (nicht zuletzt) die Figurenzeichnung sowie die darstellerische Rolleninterpretation.

Am Ende der ersten Staffel wurde Dr. William Masters (Michael Sheen) nach der aufsehenerregenden Präsentation der Studie entlassen. Die Beziehung zwischen dem verheirateten Forscher und seiner Assistentin Virginia Johnson (Lizzy Caplan) erreichte eine neue Stufe – zum einen, da William die Sexstudie nicht nur im eigenen, sondern auch im Namen von Virginia publik machte (und damit seine Würdigung ihres Anteils an den wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Ausdruck brachte); zum anderen, weil er des Nachts vor der Tür der alleinerziehenden, zweifachen Mutter stand, wodurch die als „Forschungsarbeit“ deklarierte Affäre zwischen den beiden eine neue, emotionale Komponente erhielt. Was in jener Nacht geschah und welche Konsequenzen dies für William und Virginia (sowie deren Umfeld) hat, wird in der ersten Episode von Staffel 2 in raffinierter Verschachtelung erzählt.

Im Laufe der 13 Folgen kommt es zur Wiederaufnahme der Studie – und natürlich abermals zu vielen Widerständen, Kompromissen und persönlichen Opfern, die insbesondere Virginia fortwährend bringen muss. Nach einem Zeitsprung hat William eine eigene Praxis eröffnet, in welcher auch die aus Staffel 1 bekannte Ex-Prostituierte Betty DiMello (wunderbar: Annaleigh Swanson) tätig ist. Ein Auftritt von William und Virginia in einer Fernsehsendung soll der gemeinsamen Arbeit zur Aufmerksamkeit in der Bevölkerung verhelfen – doch die Dinge laufen wieder einmal völlig anders als geplant.

Als künstlerischer Höhepunkt der zweiten Staffel (wenn nicht gar der gesamten bisherigen Serie) muss die dritte Episode bezeichnet werden, deren Schauplatz zu großen Teilen das Hotelzimmer ist, in welchem William und Virginia ihre „wissenschaftliche“ Liaison fortführen. Die Folge wird als Kammerspiel inszeniert – und lebt gänzlich von den Spannungen zwischen und innerhalb der beiden Hauptfiguren. Wenn hier sukzessive ein Einblick in die Hintergrundgeschichten von William und Virginia gewährt wird, offenbart sich nicht nur die Qualität der Autor_innen, sondern auch das Talent von Michael Sheen und Lizzy Caplan zur intensiven, differenzierten Verkörperung äußerst komplexer Charaktere. Die Seelenschau geht mit (Wort-)Duellen – ohne klaren Sieg einer Partei – einher und wird elegant mit einem sportlichen Ereignis verwoben: dem legendären Boxkampf zwischen Archie Moore and Yvon Durelle am 10. Dezember 1958, den der „underdog“ Durelle beinahe für sich entschieden hätte (ehe er dann doch in der elften Runde von seinem mächtigen Gegner ausgeknockt wurde).

Wiewohl Sheen und Caplan unbestreitbar die Stars von Masters of Sex sind, können auch die Nebenakteur_innen überzeugen. So ist Caitlin FitzGerald als Williams Gattin Libby keineswegs nur die störende Dritte in der Beziehung zwischen William und Lizzy; und auch der Erzählstrang um das sexuell ambivalente „love triangle“, welches zwischen Betty, ihrem Ehemann Gene (Greg Grunberg) und ihrer einstigen Liebe Helen (Sarah Silverman) entsteht, profitiert davon, dass alle drei Figuren facettenreich konturiert werden. Ferner erweist sich Julianne Nicholson in der Rolle von Virginias Chefin Dr. Lillian DePaul als veritabler „scene stealer“: Die Schauspielerin (die im Melodram Im August in Osage County sogar neben Meryl Streep zu bestehen vermochte) liefert eine starke, anrührende Performance.

Die Serie über das Couple Who Taught America How to Love (wie es im Titel der als Vorlage dienenden Masters-/Johnson-Biografie heißt) ist auch in ihrer zweiten Staffel „großes Kino“ für die kleine Mattscheibe – dank eines hervorragenden Teams, sowohl vor als auch hinter der Kamera.
 

Masters of Sex (2. Staffel)

Die von Michelle Ashford entwickelte TV-Serie „Masters of Sex“ basiert lose auf einer von Thomas Maier verfassten Biografie über das US-Wissenschafts-Duo William Masters (1915-2001) und Virginia Johnson (1925-2013), welches in den 1950er und 1960er Jahren Pionierarbeit auf dem Gebiet der Sexualforschung leistete.

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