Macho Man

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Türkische Nachhilfe für den Softie

Daniel (Christian Ulmen) wurde zum stets verständnisvollen Menschen erzogen, aber die Frauen sehen chronisch über ihn hinweg. Allerdings ist das nicht verwunderlich, denn er trägt Holzfällerhemden und Strickjacken in tristen Farben, selbst bei der Arbeit in einer Werbeagentur, in der die meisten elegantes Schwarz bevorzugen. Seine Frisur ist unvorteilhaft und die Kunst des Rasierens scheint er auch nicht zu beherrschen. Im Cluburlaub in der Türkei verliebt sich Daniel dann auf den ersten Blick in die schöne Animateurin Aylin (Aylin Tezel). Wie durch ein Wunder schenkt ihm die allseits Umschwärmte lächelnd ihre Aufmerksamkeit. Das ist wirklich schwer zu glauben, denn der gehemmte Daniel sprüht auch nicht gerade vor Charme. Aber das Drehbuch will es so, und das basiert auf einer wahren Geschichte: Mit parodistischem Humor schilderte der Gagschreiber und Fernsehautor Moritz Netenjakob (TV-Serie Stromberg) im Roman Macho Man, wie sein Alter Ego Daniel seine deutsch-türkische Frau und ihre große Familie kennenlernte. Das Buch wurde ein Bestseller.
Christian Ulmen, der sich in einer ähnlichen Kulturschock-Rolle in Maria, ihm schmeckt’s nicht! schon mit italienischen Angehörigen herumschlagen musste, spielt als Daniel zunächst wie üblich den verdrucksten Sensiblen, der über all die erfahrenen Peinlichkeiten immerhin noch witzeln kann. Aber in Macho Man mutiert er dann zeitweilig auch zu einem solchen, denn Aylins Familie hält nichts von Softies. Aylins Bruder Cem (Dar Salim), der wie sie, der Rest der Familie und auch Daniel in Köln lebt, kleidet ihn neu ein und Daniel stolziert bald sprücheklopfend im schwarzen Anzug daher, mit pomadisiertem Haar und Wiegeschritt. Auf einmal schauen ihn die Frauen an und darüber vergisst der Überglückliche, dass Aylin gar keinen Macho wollte!

Der Film ist das Regiedebüt von Kameramann Christof Wahl, der auch schon Co-Regie bei drei Til-Schweiger-Filmen (z.B. Kokowääh) führte. Er vergibt leider die Chance, den Stoff des durchaus witzigen Romans zu veredeln. Dort besteht Daniels Konflikt darin, dass er einerseits kein Macho sein will, aber auch Angst hat, als Chauvinist zu gelten, wenn er sich den patriarchalen Sitten der türkischen Familie nicht anpasst. Daraus hätte eine hübsche filmische Sozialsatire werden können. Aber Wahl inszeniert derart plakativ im Comedy-Stil, dass auch die an sich interessante Szene mit der Tante, die im Kaffeesatz die Zukunft des Liebespaars erkennt, keine Spannung entfalten kann. Die versammelte Verwandtschaft ruft Ah und Oh, die Tante runzelt die Stirn und über alldem steht in unsichtbaren Lettern: putzig, haha! Anstatt wie im Buch auf einer Nordsee-Hallig, macht Daniel Aylin den Heiratsantrag in einem leeren Fußballstadion, wo extra die Scheinwerfer angehen, wie man das aus amerikanischen Filmen kennt. Dabei bekommt Lukas Podolski einen Gastauftritt. Die Figuren sind als emotionale Wesen für den Film überhaupt nicht wichtig, sie dienen nur als eine Art Stichwortgeber in der zu Sketchen zerkrümelten Geschichte. Weder die Eltern des Paars noch Daniels Kollegen dürfen über Klischees hinauswachsen.

Stilistisch ist der Film jedoch sehr markant. Er mutet wie ein verlängerter Videoclip an, in dem mit rhythmischen Schnitten gespielt wird. Wiederholt springt die Handlung kurz zurück und wieder vor, als sei das eben Gesehene nicht echt oder als könne es revidiert werden. Manchmal gerät der Schnitt ins Ruckeln, wie um ein Stroboskop zu imitieren oder einen DJ beim Scratching. Immer, wenn sich ein halbwegs emotionaler Moment ankündigt, wird die Musik triumphal aufgedreht. Allein schon der Refrain „Macho Man“ kommt so oft gesungen, gesäuselt, gerappt daher, als habe sich der Zuschauer in einer Strafaufgabe verfangen. Vielleicht macht das ständige Spielen der jungen Generation mit dem Smartphone die Filmemacher nervös. Aber hoffentlich muss zappeliges Showgehabe deswegen nicht gleich die narrative Form der Zukunft sein.

Macho Man

Daniel (Christian Ulmen) wurde zum stets verständnisvollen Menschen erzogen, aber die Frauen sehen chronisch über ihn hinweg. Allerdings ist das nicht verwunderlich, denn er trägt Holzfällerhemden und Strickjacken in tristen Farben, selbst bei der Arbeit in einer Werbeagentur, in der die meisten elegantes Schwarz bevorzugen. Seine Frisur ist unvorteilhaft und die Kunst des Rasierens scheint er auch nicht zu beherrschen.
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Meinungen

RW · 30.10.2015

Als Kommödie eine absolute Enttäuschung. Ca. 35 Minuten ohne ernsthaften Lacher (auch von den anderen BesucherInnen war nichts zu hören) ... flache Witze, altbekannte Vorurteile ... wir sind dann mal weg gewesen ....

Schade ... hätten wir die Rezension auf der Kinoseite früher gelesen, hätten wir das Geld sparen können. :-(