Funny Games (1997)

Verstörend

Michael Haneke macht es einem wahrhaft nicht einfach. Seine Filme sind zumeist bitterböse und eiskalte Traktate mit unübersehbar pädagogischem Anspruch. Sie sind gekünstelt und stilisiert bis zum Äußersten und rufen entweder wütende Ablehnung oder begeisterte Zustimmung hervor. Das war bereits in Hanekes frühen Filmen wie Bennys Video so, bei seiner Literaturverfilmung Die Pianistin, und auch bei seinem neuen Werk Caché wird sich daran kaum etwas ändern. Selten allerdings klafften die Meinungen über einen Film Hanekes so weit auseinander wie bei Funny Games (1997), weshalb der Film auch allen streitbaren Cineasten wärmstens ans Herz gelegt sei, wohl wissend, dass dies kein Konsens-Film ist, bei dem alle Zuschauer einer Meinung sein werden. Aber darum geht es ja auch nicht im Kino.

Die Handlung ist schnell erzählt: Eine offensichtlich wohlhabende und gutbürgerliche Kleinfamilie (Ulrich Mühe, Susanne Lothar und Stefan Clapczynski) fährt in die Sommerfrische an einen See. Unvermittelt und ausgesucht höflich brechen zwei wohl erzogene weiß gekleidete Jugendliche (Frank Giering und Arno Frisch) aus der Nachbarschaft in die gähnend langweilige Idylle ein und übernehmen kurzerhand die Regie über den Familienverbund. Mit sinnloser Gewalt (die sich allerdings stets nur außerhalb des Blickfelds und lediglich auf der Tonebene abspielt) und enervierendem Wiener Charme quälen Peter und Paul scheinbar ohne Grund ihre drei Geiseln, schließen Wetten ab, ob die Familie den nächsten Morgen noch erleben wird, obwohl sie bereits längst wissen, welchen Ausgang das perfide Spiel nimmt. Und als alles vorbei ist, wartet schon die nächste Idylle darauf, zerstört zu werden. Schließlich ist alles nur ein Spiel….

So sehr der Plot auf den ersten Blick allen Genrekonventionen entspricht, so sehr unterläuft Haneke immer wieder alle geschriebenen und ungeschriebenen Regeln des Slasher- oder Horrorfilms im Dienst der eigenen Mission. Es gibt keinerlei Motiv für die unsägliche Tat, die beiden jugendlichen Sadisten handeln allein um des Spiels willen, jegliche Erklärungen für ihr Tun ist eine augenzwinkernde Show, die nur darauf abzielt, Genrekonventionen bloßzustellen. Dialoge, die von einer angeblich kaputten Kindheit berichten, sind nichts weiter als ironische Reminiszenzen an andere Filme, in Wirklichkeit aber unterliegen die Funny Games ganz anderen Spielregeln – denen der alltäglichen medial vermittelten Gewalt. Immer wieder wenden sich die beiden Strolche direkt an den (Kino-)Zuschauer und machen ihn so zum Komplizen ihres Tuns, indem sie dem Publikum etwa eine Wette um das Leben der Geiseln anbieten, verschwörerisch in die Kamera zwinkern oder eine allzu versöhnliche Wendung des Films mit dem Hinweis verwerfen, man sei noch nicht auf Spielfilmlänge. Wer daraus allerdings abzuleiten versucht, dass Funny Games eine unbedingte Anklage der Grausamkeit der Medien wäre, greift zu kurz und unterliegt doch nur wieder den altbekannten Mustern, dass jede Tat auch eine Erklärung und einen Grund braucht. Funny Games ist nicht nur Medienkritik, sondern ebenso eine philosophische Reflektion über Schuld, Gewalt, Voyeurismus und das Ende der Kausalität, eine schonungslose Gegenwartsanalyse, die keine Hoffnung übrig lässt für das Schöne, Wahre und Gute im Menschen. Funny Games ist als Film kaum zu ertragen und in sich genauso widersprüchlich wie die Welt, die er darstellt, und trotzdem ist er enorm wichtig, gerade weil er zu wütenden Diskussionen anregt und polarisiert. Konsensfilme gibt es nämlich schon genug.

Funny Games (1997)

Michael Haneke macht es einem wahrhaft nicht einfach. Seine Filme sind zumeist bitterböse und eiskalte Traktate mit unübersehbar pädagogischem Anspruch.

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Meinungen

Ines friedel · 17.02.2021

Es müsste noch ein 2 Teil raus kommen, da mich Interessiert, ob die beiden noch von der Polizei, geschnappt wird

Maria · 06.06.2008

Ich stimme der Meinung und den Aussagen von Christian Wolak voll und ganz zu!!!

Hab diesen Film das erste mal vor 9 Jahen gesehen, im Alter von 15, dieser und auch darauf folgende andere Filme haben mir keineswegs geschadet.

christian Wolak · 30.03.2008

Absolut genial, höchste Schauspielkunst und die Herren und Damen, die die Comments zum Thema nachahmen angaben. Denken sie mal an solche Filme wie die 80´er Action Movies...in denen wesentlich mehr Menschen mit viel konsequenter Hanhabung und Machinerie geschlachtet werden. Funny Games ist deshalb eine Meisterleistung weil er sich nur in ihrem Kopf abgespielt hat...und dies soll zum denken anregen.Wo hört Fiktion auf wo beginnt die Realität?Genau solche Sprüche erwartet man von unserer Familienministerin van der Leyen...USK...verschärfen...Nachahmung kommt nicht durch Filme...ich konsumiere seit 14 Jahren ausschließlich Horrorfilme und Egoshooter...bin nie beliebt gewesen...müsste allso der geborene Amokläufer an meiner Schule sein...nach den Kriterien mancher Jugendschützer...sie begreifen einfach nicht...welch tiefere Aufklärerische Handlung in solchen Filmen steckt.Sie dienen zur Abschreckung, zum Augen öffnen wie krank unsere Gesellschaft geworden ist...Massenverdummung, Medienmanipulation durch Großkonzerne...das lässt die Kinder ausrasten...8 Stunden jeden Tag vorm Fernsehr sitzen...Bonzen denen das Scheißegal ist was Nachmittag´s im Kinderprogramm gesendet wird, nebenbei und in der Werbung...Eltern die nicht mehr aufpassen können, weil sie 14h am Tag arbeiten damit man was zu fressen hat...und ich bestätige ihnen als angehender Sozialpädagoge...das kein Film irgendjemand zum nachahmen animiert.Sondern jedes Problem hat eine Ursache, und die verschleiern sie einfach...meine Damen und Herren...

Lotte · 29.05.2007

ich finde den film eigentlich ziemlich gut.
ja klar es ist ein streifen der unter die haut geht und danach fühlt man sich eine zeit lang bedrückt, aber ich finde gerade das macht den film zu etwas besonderen.
es ist nicht schön menschen so leiden zu sehn,schon klar,aber gerade über die leute die sich solche filme anschauen wo menschen gefoltert, misshandelt, ausgenutzt werden wird sich doch hier lustig gemacht....
ich find den film ... "gut".

mfg

Annie · 04.10.2006

Dieser Film ist krank und gefährlich! Er gehört definitiv auf den Index!

Wie kann ein Sender nur so was ausstrahlen?!

Die Schreiber und der Regisseur gehören ins Gefängnis oder besser in die Psychiatrie! Die Schauspieler sollten sich für dieses "Unwerk" schämen!

racoon · 22.01.2006

zu meinem vorredner:

dieser film regt nicht zum nachahmen, wohl aber zum nachdenken an. schließlich ist dieser film eine medienkritik, auch wenn seine botschaft leicht versteckt und erst ziemlich am ende erscheint :
"aber die fiktion ist doch wirklich"
"wieso"
"ja, du siehst sie doch in einem film, oder?"

Mitrandier · 22.01.2006

Ein absolut gefährlicher Streifen der zu nah an der heutigen Realität liegt und zur Nachahmung anregen könnte.