Funny Games U.S.

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Ein Meister der Verunsicherung

Stumpft uns die allgegenwärtige Gewalt auf sämtlichen Kanälen immer mehr ab? Werden Mord, Demütigung und Folter zum Gesellschafts- und Computerspiel? Regisseur Michael Haneke hat davor schon vor elf Jahren in seinem Film Funny Games gewarnt. Jetzt kommt das Remake in die Kinos: eine beklemmende Reflexion über den Zynismus der Bilder und das Leiden der Opfer, die heute aktueller ist denn je.
Es ist ein Remake der besonderen Art: derselbe Regisseur, dasselbe Drehbuch, die Szenenfolge eins zu eins nachgebildet. Nur der Drehort und die Schauspieler haben gewechselt: Statt der deutschen Theater-Ikonen Susanne Lothar und Ulrich Mühe in den Rollen des gepeinigten Ehepaars nun die Hollywoodstars Naomi Watts und Tim Roth. Sogar das mondäne Ferienhaus, in dem die Opfer festgehalten werden, wurde nach dem Vorbild aus dem ersten Film nachgebaut. Für die Außenaufnahmen fand der Regisseur in den USA Landschaften, die die gleichen Einstellungen möglich machten.

Wozu aber das Ganze? Warum nicht das 1997 gedrehte Original anschauen? „Der Film war bereits 1997 nicht nur vom Titel, sondern auch von allen Ingredienzien her für ein englischsprachiges Gewaltkonsumenten-Publikum gedacht“, erklärte Haneke in einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt. Aber die Zielgruppe bekam den Streifen nicht zu Gesicht, weil er nur in Europa lief, und da vor allem im Arthouse-Bereich. Als Haneke nun von einem Produzenten gefragt wurde, ob er den Film neu drehen würde, sagte er zu unter der Bedingung, dass Naomi Watts die Hauptrolle spielen sollte.

Die Schauspielerin, die auch schon Opfer von King Kong war, brilliert bei Haneke als Bilderbuchfrau aus dem oberen Mittelstand, die mit ihrem Mann George und Sohn Georgie ins Ferienhaus zum Segeln fährt. Die ersten Bilder sind Idylle pur: die gut gelaunte Familie im noblen Geländewagen, das Boot im Schlepptau und im CD-Player Opernmusik. Die Drei vertreiben sich die Zeit mit einem Ratespiel: Welche Musik ist das, wie heißt der Komponist? Doch schon während des Vorspanns kracht kreischendes Heavy-Metal-Geschrei in die Szene, blutrote Buchstaben legen sich über die Bilder.

Am Ferienort angekommen, spüren Ann und George sofort, dass etwas nicht stimmt. Zwei scheinbar wohlerzogene junge Männer (Michael Pitt und Brady Corbet) im vornehmen Sportdress und mit weißen Handschuhen bitten um ein paar Eier und entpuppen sich als Psychopathen, die zu viele Gewaltvideos gesehen haben. Sie brechen dem Ehemann das Bein, fesseln die Frau und zwingen die Eingesperrten zu einer Reihe von Spielen, von denen das jeweils nächste immer noch perfider ist als das vorangegangene.

So weit, so gewalttätig. Aber Haneke ist kein Meister des Horrorfilms, sondern ein Meister der schleichenden Verunsicherung. Was mit Menschen geschieht, denen der Boden unter den Füßen weggezogen wird, die jegliche Sicherheit verlieren, die total ausgeliefert sind an eine unbegreifliche Welt – diese existenzielle Ausnahmesituation hat der Österreicher zuletzt in Caché (Regiepreis in Cannes 2005) und in Wolfzeit / Le temps du loup ausgeleuchtet. Auch in Funny Games U.S. findet das Grauen nicht im Bild statt, sondern vor allem auf der Tonspur. Man sieht keinen einzigen Mord, kein totes Gesicht, keine gemarterten Körperteile.

Das ist der eine Aspekt, weshalb Horrorfans nicht auf ihre Kosten kommen. Der andere ist genauso wichtig: Haneke vermeidet jegliche Identifikation mit den Tätern. Dafür sorgt schon die aberwitzige Höflichkeit, mit der die Folterknechte ihre Gräuel kommentieren. Etwa wenn der eine in die Küche geht und fragt, ob er den Opfern etwas mitbringen soll, während der andere den Sohn erschießt. Die Sprache und das Auftreten der beiden Oberklasse-Bubis stehen in solchem Kontrast zu ihren Handlungen, dass die Künstlichkeit Distanz schafft. Verstärkt wird diese Wirkung durch klassische Verfremdungseffekte, etwa wenn einer der Täter aus dem Spiel heraustritt, direkt in die Kamera blickt und den Zuschauer fragt, was er von dem Ganzen hält.

Haneke steht ohne Wenn und Aber auf Seiten der Opfer. Schonungslos und mit aller Deutlichkeit, zum Teil in quälend langen Einstellungen lässt er den Zuschauer erleben, was die Todesdrohung mit Menschen macht. Das ist als Lektion für Gewaltkonsumenten gedacht, erreicht sie aber auch in der US-Fassung nicht. Das Remake spielte in den amerikanischen Kinos lediglich 1,4 Millionen Dollar ein. Nun kommt es nach Europa. Vielleicht finden sich hier ja genügend Freunde eines reflexionsfreudigen Kinos, die es halten wie die Schauspielerin Juliette Binoche. Die hat über Hanekes Filme gesagt, man könne nicht immer in der richtigen Stimmung für sie sein. Aber: „Von Zeit zu Zeit sollte man sie sich ansehen.“

Funny Games U.S.

Stumpft uns die allgegenwärtige Gewalt auf sämtlichen Kanälen immer mehr ab? Werden Mord, Demütigung und Folter zum Gesellschafts- und Computerspiel? Regisseur Michael Haneke hat davor schon vor elf Jahren in seinem Film Funny Games gewarnt.
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Meinungen

Mete · 22.08.2011

Patrick ich kann dir nur zu stimmen alles was du geschrieben hast ist wie als hättest du aus meiner seele gesprochen ..... alles stimmt überein ab dem zurück spulen dachte ich mir nur was schau ich mir da für eine kinderkacke an ganz ehrlich super kommentar und michael haneke bitte produzier nie mehr filme alles ist scheisse und vermutlich du auch

Patrick · 29.12.2010

soetwas unlogisches! gebt mir meine 147 min Lebenszeit zurück, 15 mio $ Produktionskosten, was war denn daran so teuer? der Film ist richtig schlecht. Nicht nur, dass er schlecht geschnitten ist, es fehlt ihm komplett am logischem Aufbau, des weiteren hat der Film ab dem zurück spulen bei mir völlig die Glaubwürdigkeit verloren. Und er ist total vorhersehbar.
Wodran es mir mangelt:
-Wieso nimmt sie das Auto nicht
-Die Frau ist nicht gerade intelligent, dass sie erstmal 10 mal um den Wagen läuft, bis sie dann endlich den Hund findet
-genauso der Junge, klettert erst halb über das Tor, versteckt sich dann im Haus
-Die Sache mit dem Handy brauch ich nicht zu erwähnen, (Das Handy im Auto) (scheibe einschlagen)
-Der Notruf ist komplett dumm oder? Wenn jmd da anruft(selbst wenn nichts durch kommt) dann schickt man eine Streife zu dem Haus/Häusern
- Es war vorhersehbar, das die 2 Irren im 2. Auto waren.
- Natürlich nehme ich das zurück, wenn das Auto von den Jungs genommen wurde.
- Wenn ich jmd Ohrfeige, weil er mich so behandelt hat, dann drehe ich ihm ganz sicher nicht den Rücken zu, zumal sie zu zweit sind.
-Die Stelle mit dem zurück spulen hat dem Film völlig die Stimmung geraubt
-Ach ja und das Auszählen, bei 35 Jahren wäre er auf den Vater gekommen

Ich kann es absolut nicht verstehen, wieso der Film so viel gute Kritik besitzt.
Wer meinen Kommentar hier lesen sollte, kann mich auf meiner Webseite erreichen und mich eines besseren belehren.

Drug · 03.12.2008

In den70igern war es Kubrig der mit Uhrwerk Orange die Zuschauer schockte,Hanecke setzt noch einen drauf.Diese Art von Gewaltverherrlichung ist einfach nur zum kotzen

XxenoxX · 09.11.2008

Der langweiligste (3 Min Standbild kommen öfters mal vor^^), sinnloseste (abgedrehte, unreale, unnachvollziehbare Handlung) und gedehnteste Film (hätte man auch in 2 Min erzählen können) den ich je gesehen hab. Absoluter Schwachsinn - Ich will meine 2 Stunden Lebenszeit zurück!

· 06.06.2008

Muss gestehen ich fanf das Original um einiges besser, aber vielleicht ist das auch nur Nostalgie :-))

druckagentur · 01.06.2008

Sicherlich ein Kammerstück mit perfekt inszenierter Beklemmung und auch relativ perfekt inszeniert. Auch können wir uns vorstellen, daß es solch kranke Gestalten wie die beiden Peiniger auch im realen Leben gibt.

Wären alle Menschen wachsamer, intelligenter und generell durchtrainierter und würden sich nicht generell für unsterblich/unverwundbar halten, sobald sie wirtschaftlich und sozial erfolgreich sind, hätten solche Tiere (Mensch kann man solche Individuen sicher nicht nennen) weniger Chancen.
Wer dreht schon im eigenen Hause einem behandschuhten, leicht abgedreht wirkenden Menschen den Rücken zu ... zumal dieser gerade in der Nähe von Golfschlägern steht?