Log Line

Sie wollen Geflüchtete vor dem Ertrinken retten. Dafür erhalten die Mitglieder des Seenotrettungsvereins „Mission Lifeline“ in ihrer Heimatstadt jede Menge Gegenwind. Ein Dokumentarfilm hat sie bei ihrer Arbeit auf dem Mittelmeer begleitet.

Die Mission der Lifeline (2019)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Werte mit Schlagseite

Im Juni 2018 machte das Schiff „Lifeline“ internationale Schlagzeilen, als es mit mehr als 200 aus dem Mittelmeer geretteten Menschen sechs Tage lang keinen Hafen anlaufen durfte. War die Rettungsaktion illegal, wie es der italienische Innenminister Matteo Salvini behauptete? Und was sagt es über den Zustand Europas aus, wenn Privatpersonen die Aufgaben übernehmen, die Regierungen erledigen sollten? Markus Weinberg und seine Co-Regisseurin Luise Baumgarten blicken in ihrem Dokumentarfilm auf die Vorgeschichte der schlagzeilenträchtigen Ereignisse und führen dabei einen tiefen sozialen Riss vor Augen.

Kaum ein anderes Thema polarisiert die Gesellschaft so sehr wie der Umgang mit der sogenannten Flüchtlingskrise. Während die einen, wie Axel Steier, nicht untätig zusehen wollen, klagen ihn andere dafür an. Nicht nur in den sozialen Netzwerken, sondern per Anzeige bei der Polizei. Der Vorwurf lautet auf „Einschleusen von Ausländern“. Ein gängiges Narrativ aus der konservativen bis rechten Ecke. Menschen, die andere Menschen vor dem Ertrinken im Mittelmeer retten, werden als „Piraten“ und „Schlepper“, als Helfershelfer der Krisenprofiteure beschimpft. Die Frage, ob und inwieweit die Europäische Union (EU) in ihrer Migrationspolitik von Staaten wie Libyen und ihren menschenunwürdigen Methoden profitiert, wird allzu selten gestellt.

„Mission Lifeline“ gibt es seit drei Jahren. Axel Steier hat den gemeinnützigen Verein mit einigen Mitstreitern am 1. Mai 2016 in Dresden gegründet. Mithilfe von Spenden erwarb der Verein gemeinsam mit der spanischen Hilfsorganisation „Salvamento Marítimo Humanitario“ auf Malta ein Schiff, das auf den Namen „Lifeline“ getauft wurde. Weinberg und Baumgarten haben die bunt gemischte Crew über einen Zeitraum von zwei Jahren begleitet.

Schnell wird klar, dass hier keine weltfremden Weltverbesserer am Werk sind, keine Revoluzzer, die Recht und Gesetz ablehnen. Wer Menschenleben retten will, darf sich selbst nicht in Gefahr bringen. An Bord der „Lifeline“ hat alles seine Ordnung. Jede Aktion ist mit der italienischen Küstenwache abgestimmt, jede Rettungsaktion wird gemeldet. Anders ginge es auch gar nicht, ist die „Lifeline“ doch selbst auf Hilfe von größeren Schiffen angewiesen. Die überbleibenden Schlepper-Boote werden seeuntüchtig gemacht, um einen erneuten Einsatz zu verhindern. Ginge es nach Steier & Co., würden sie bereits die Fluchtursachen verhindern. Solange die Politik daran nichts ändert, bekämpfen sie stattdessen die Symptome.

Weinberg und Baumgarten sind ganz nah dran an den Crewmitgliedern und dank der Helmkameras der Retter auch dicht an den Geflüchteten. Das führt zu hochdramatischen Szenen, etwa wenn ein prallvolles Schlauchboot mit 200 Menschen an Bord, darunter Frauen und Kleinkinder, seine Luft verliert. Dass hier niemand sein eigenes Leben und das seiner Kinder leichtfertig aufs Spiel setzt, um in die europäischen Wohlfahrtssysteme einzuwandern, sollte jedem klar sein. Doch die Pegida-Demonstranten, die Weinberg und Baumgarten den Mittelmeerbildern als harten Kontrast gegenüberstellen, scheinen jegliche Empathie verloren zu haben.

Trotz all des Elends, das der Besatzung und mit ihr dem Kinopublikum entgegenschlägt, trotz der nachdenklichen Töne, die die Interviewten und die Klavier- und Akkordeonmusik anschlagen, ist dieser Dokumentarfilm nicht pessimistisch. Und trotz all der Wut, die angesichts des Erlebten und Gezeigten hochkochen müsste, ist Die Mission der Lifeline kein lauter Film. Die internationale Crew trägt ihre Kritik an den bestehenden Verhältnissen, an einer untätigen Politik ganz leise vor. Einer bringt es auf den Punkt. Statt beständig die nächste Krise heraufzubeschwören, solle man sich auf die Lösung der einzig wichtigen Krise konzentrieren: „Die einzige Krise, die wir haben, ist eine Krise der Werte.“

Die Mission der Lifeline (2019)

Dokumentarfilm über den Dresdner Verein „Mission Lifeline“ und dessen Vorsitzenden Axel Steier. Seit dem Herbst 2017 rettet der Verein in Eigeninitiative Flüchtlinge aus dem Mittelmeer und erfährt deshalb tagtäglich Anfeindungen, die bis zu Morddrohungen reichen. Und auf See werden sie bisweilen von Milizen beschossen. Dennoch wollen sie nicht aufgeben. 

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Hannes Morgenthaler · 29.06.2019

Hallo ,

ich suche schon seit Monaten nach diesem Film.
Gibt es irgendein Kino in der Nähe von Mannheim, Heidelberg , das diesen Film zeigt ?

Oder kann man den Film irgendwo streamen ?

Ich würde den Film so gern sehen, weiß aber nicht wo das geht ...
Bitte um Antwort !

Danke

Hannes