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Die Zauberflöte als Fantasy-Abenteuer für Jugendliche? Ja, genauso! Florian Sigl hat sich hierfür einiges überlegt – und das funktioniert. In der Coming-of-Age-Geschichte wird gesungen, gekämpft, geliebt – und ein lautstarkes Plädoyer für die Kunst der Oper gehalten.

The Magic Flute - Das Vermächtnis der Zauberflöte (2022)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Die wunderbare Welt der Oper

Wer kennt sie nicht, die Arie der Königin der Nacht oder das Lied von Vogelfänger Papageno? Wenn man weiterfragt und mehr zur Geschichte der Zauberflöte wissen will, können allerdings nicht mehr viele antworten: Worum genau geht es nochmal in der meistgespielten Oper der Welt? Der Film von Florian Sigl nimmt sich Die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart zur Vorlage und macht einen stimmigen Jugendfilm daraus, der einerseits die Geschichte der Oper erzählt und sie andererseits in ein modernes Fantasy-Abenteuer überträgt. Und das gelingt ganz hervorragend.

Im Mittelpunkt steht der 17-jährige Tim (Jack Wolfe, der nicht nur überzeugend spielt, sondern auch selbst den Gesang der Stücke von Tamino übernimmt). Nach dem Tod seines Vaters, einem berühmten Opernsänger, startet Tim ebenfalls eine Ausbildung zum Sänger. Er darf ans legendäre Mozart-Internat nach Österreich und sich dort voll und ganz auf den Gesang konzentrieren. Dass es sich um eine Eliteschule handelt, auf der eiserne Disziplin herrscht und auf der nur diejenigen bleiben dürfen und vorankommen, die hart arbeiten und die Regeln der traditionsreichen Einrichtung einhalten, wird Tim schnell klargemacht. Der Direktor der Schule, Dr. Longbow (F. Murray Abraham, Mozart-Fans bekannt aus der Rolle des Antonio Salieri in Milos Formans Amadeus), nimmt ihn sofort in seinen strengen Blick. Doch auch dessen Tochter Sophie (Niamh McCormack) hat ein Auge auf den unbedarften Neuankömmling geworfen.

In der Geschichte um den Schüler ist The Magic Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte ein passabler Internatsfilm mit allem, was dazu gehört: Strenge und verständnisvolle Lehrer, Freundschaften, die im gemeinsamen Zimmer entstehen, und die Gruppe großmäuliger Jungs, die regelmäßig einen gemeinen Willkommensritus vorbereiten, Beine stellen und geläutert werden müssen. Und weil an das Mozart-Internat auch eine Mädchenschule angegliedert ist, darf auch der erste Flirt nicht fehlen.

Die Besonderheit und auch die Stärke des Films aber liegt in seiner zweiten Ebene, jener Welt, in der sich die Geschichte von Die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart abspielt und die für Tim zur realen Erfahrung wird. Über ein Buch zu Mozarts Oper, das ihm sein Vater am Sterbebett anvertraut hat, gelangt Tim in das Land der Zauberflöte, das vom Kampf zwischen Sarastro (Morris Robinson) und der Königin der Nacht (Sabine DeVieilhe) dominiert wird.

Wie einst Tamino, wird Tim in diese Welt geworfen, lernt den liebenswerten Papageno (Iwan Rheon) kennen und wird schließlich zum Helden einer Geschichte, die eigentlich nicht die seine ist, die ihn aber immer wieder magisch anzieht. Täglich um drei Uhr kann Tim mit der Hilfe des Buches das Portal in die Welt der Zauberflöte öffnen und immer wieder einen Teil der Geschichte miterleben. Er kämpft gegen eine übergroße Schlange, bekommt eine kleine Flöte in die Hand und sucht nach der gefangenen Prinzessin Pamina (Asha Banks).

Diese Welt der Oper mag zunächst seltsam wirken, wenn man an stechend-klare Bilderwelten gewöhnt und auf einen Jugendfilm eingestellt ist. Gerade die anfängliche Begegnung mit der Riesenschlange in der Wüste wirkt wie aus einem schlechten B-Movie: Die Animation des wild gewordenen Tieres erinnert an die Anfänge der Spezialeffekte. Aber genau dieser übersteigerte Look, diese künstliche wie pompöse Inszenierung passt natürlich ganz wunderbar zur Oper.

Wer noch nie eine Oper gesehen hat, macht vielleicht hier seine erste Erfahrung mit den großen Gefühlen ebendieser Kunstform, die in The Magic Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte filmisch hervorragend umgesetzt wird. Gepaart mit Elementen, die an die Harry Potter-Reihe, aber auch an Serienwelten, wie die von Game of Thrones erinnern, funktioniert das wunderbar. Und wer sich auskennt in der Welt der Oper, der hat gewiss auch mit diesem Film seinen Spaß.

Die bekannten Musikstücke passen sich gut in die Geschichte ein, werden mal wie nebenbei ins Sounddesign eingeflochten, prägen dann einen ganzen Handlungsabschnitt in der einen oder in der anderen Welt. Denn die Musik von Mozarts Meisterwerk spielt in beiden Filmwelten eine Rolle. Des Nachts erlebt Tim zusammen mit Papageno große Abenteuer, die ihn an seine Aufgaben in der realen Welt erinnern und ihn dort auch weiterbringen: Im Internat will er sich nämlich schnell nach oben kämpfen und die begehrte Hauptrolle des Tamino in der Schulaufführung erhalten.

Gesungen werden die Stücke jeweils von den Darstellern, die sich ebenfalls zwischen den Kunstwelten bewegen, entweder als Sänger:innen wie Sopranistin Sabine Devieilhe, Morris Robinson oder Rolando Villazón in einer kleinen Nebenrolle oder als Schauspieler:innen mit Musical-Erfahrung. Wer sich wie die Darsteller:innen auf den Kunstform-Mix von Florian Sigl, sein Kinodebüt, einlassen kann, für den wird die Magie der Oper spürbar werden. Das kann den Film auch zum gelungenen Familienfilm machen, der Generationen verbindet, weil er die verschiedenen Formen von Kunst zugänglich mach und miteinander verknüpft.

 

The Magic Flute - Das Vermächtnis der Zauberflöte (2022)

Der 17-jährige Tim (Jack Wolfe), Gesangsschüler am legendären Mozart-Internat in den österreichischen Alpen, entdeckt eines Nachts ein jahrhundertealtes geheimes Portal, das ihn in die fantastische Welt von Mozarts „Die Zauberflöte“ katapultiert. Als Prinz Tamino begegnet er dort dem gewitzten Vogelfänger Papageno (Iwan Rheon), mit dessen Hilfe er von nun an jede Nacht gefährliche Abenteuer bestehen muss, um die Prinzessin Pamina (Asha Banks) aus den Fängen des Fürsten Sarastro (Morris Robinson) zu befreien. Aber auch tagsüber ist Tims Schulalltag nicht langweilig, denn er versucht, die begehrte Hauptrolle des Tamino in der jährlichen Schulaufführung der „Zauberflöte“ zu ergattern, und lernt auch noch die taffe Sophie (Niamh McCormack) kennen, die ihm mächtig den Kopf verdreht…

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Meinungen

jule · 07.12.2022

Meinem zehnjährigen Enkel und mir hat es gefallen (für mich war die musikalische Umsetzung ins Musicalhafte allerdings sehr gewöhnungsbedürftig, aber der Zielgruppe angemessen)

lukas · 14.11.2022

Ich hab den Film in Frankfurt gesehen und fand ihn überraschend cool. Das Publikum ist voll mitgegangen und ich muss sagen es war echt erfrischend und jung.