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Der neue Film des Regisseurs Quentin Reynaud spielt inmitten eines Flammenmeers, in dem Alex Lutz und André Dussollier als Vater und Sohn feststecken. Ein ungewöhnlicher Katastrophenfilm mit unerwartetem Ausgang.

The Blaze - Flucht aus den Flammen (2022)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Simons Inferno

Sie sind weiterhin eine Seltenheit: Katastrophenfilme aus Europa. Aus Frankreich rollt nun eine Feuerwalze an, die nicht nur die zwei Protagonisten in Lebensgefahr bringt, sondern noch etwas anderes in ihrem Innern birgt. Im dritten abendfüllenden Spielfilm des Regisseurs Quentin Reynaud wird’s philosophisch.

Die Waldbrandgefahr lungert wie ein hungriges Raubtier über dem südwestlichen Zipfel der Region Nouvelle-Aquitaine, in der der Film spielt. Ein Jahr nach den Dreharbeiten brachen dort tatsächlich schwere Feuer aus. Die Alarmbereitschaft, in der sich die Ortsansässigen permanent befinden, überträgt Quentin Reynaud überzeugend auf seinen Film. Drückende Hitze, Durchsagen im Radio, angespannte Blicke der Nachbarn, die ihre Siebensachen packen – diese paar Kleinigkeiten genügen, um den Ernst der Lage klarzumachen, bevor schließlich auch Simon (Alex Lutz) und sein gebrechlicher Vater Joseph (André Dussollier) ins Auto steigen, um sich in Sicherheit zu bringen.

Kurz noch die Räume des Hauses mit Weihwasser besprengt, dann geht es auf die Straße. Die religiösen Untertöne klingen nicht nur in dieser Segnungs- und Schutzgeste, sondern bereits in den biblischen Vornamen der Protagonisten an. Als Vater und Sohn sich auf den Weg machen, herrscht bereits beängstigende Stille. Eine Frau kühlt das Dach ihres Hauses mit dem Gartenschlauch, ein Pfarrer zieht sich in die Mauern seiner Kirche zurück, der Rest des Ortes ist wie ausgestorben. Dass sich Simon und Joseph erst so spät auf den Weg machen, liegt nicht nur, aber auch an einem trügerischen Sicherheitsgefühl. Sie hören nicht nur Radio, sondern auch den Polizei- und Feuerwehrfunk ab und wähnen sich über die Gefahrenlage jederzeit im Bilde. Doch es kommt, wie es in einem Katastrophenfilm kommen muss: Die Fluchtroute ist mit Autos verstopft, der Wind dreht und plötzlich geht es weder vor noch zurück; Vater und Sohn sind mitten im Feuer.

Nicht immer ist Reynauds Film ganz schlüssig. Das fällt aber kaum ins Gewicht, denn dem Regisseur, aus dessen Feder auch das Drehbuch stammt, dient das flammende Inferno lediglich als imposante Folie, vor der er noch eine andere Geschichte ausbreitet. Wenn Simon in den eindrucksvollen Bildern des Kameramanns Vincent Mathias durch brennende Pinienwälder irrt, dann sehen die Bäume aus wie Gitterstäbe. Der Familienvater ist ein Gefangener seiner eigenen Vergangenheit. Die Brücken zwischen ihm und seinem eigenen Vater sind verbrannt. Simons Weg durch den Wald an die rettende Atlantikküste wird zum Abstieg in die Hölle – und zu einer Begegnung mit einer lange zurückliegenden Schuld und einer daraus resultierenden unverarbeiteten Trauer.

Reynaud, der mit seinem Hauptdarsteller Alex Lutz bereits bei seinen ersten zwei Langfilmen Paris-Willouby (2015) und Final Set (OT: Cinquième set, 2020) zusammengearbeitet hat, beschreibt die Reise seines Antihelden passend als „Wiedergeburt durch Reinigung”. Auch für das Kinopublikum ist der Weg das Ziel. Wer einen waschechten Katastrophenfilm erwartet, wird enttäuscht sein, wer sich hingegen auf die innere Reise des Protagonisten einlässt, geht am Ende erleichtert hervor.

The Blaze - Flucht aus den Flammen (2022)

Weil ein Waldbrand die Region für Wochen heimsucht, werden Simon und sein Vater Joseph evakuiert und müssen ihr Zuhause verlassen. Und während sich der Wald um sie herum in eine gigantische Feuerhölle verwandelt, sind sie in ihrem Fahrzeug gefangen und müssen versuchen, dem Inferno zu entkommen.

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