MindGamers

Eine Filmkritik von Maria Engler

Ein Kind namens Captain Obvious

Deus ex Machina, der Gott aus der Maschine, ist ein Konstrukt aus der antiken Tragödie, das den schmerzgepeitschten Menschen aus seiner scheinbar ausweglosen Lage manövriert. Dieser Kniff ist so schön, dass sich die Idee der belebten, gottgleichen Maschine auch heute noch ungebrochener Beliebtheit in Film und Fernsehen erfreut. Schade nur, dass sich keine Göttlichkeit materialisiert hat, um MindGamers für den Zuschauer erträglich zu machen.
Der Film spielt in der nicht besonders weit entfernten Zukunft des Jahres 2027 und begleitet eine Gruppe junger Forscher an der DxM Academy. Jaxon (Tom Payne), der Leiter der kleinen Gruppe, die mithilfe von Quantenmechanik Gehirne vernetzen will, gerät aufgrund seines enormen Ehrgeizes und seiner Skrupellosigkeit ins Visier des mysteriösen Gründers der Akademie, Professor Kreutz (Sam Neill). Dieser stellt dem Team einen leistungsstarken Quantencomputer zur Verfügung, der die Vernetzung menschlicher Gehirne möglich macht.

Kamera auf den Kopf stellen, Kameraschwenk, Zoom, Zeitlupe und das alles bitte ganz oft hintereinander, dazu noch eine Prise bedeutungsschwangere Musik, die vor allem eines hat: jede Menge Vibrationen in den Kinositzen auslösenden Bass. Es fehlt nur noch eine tiefe männliche Stimme, die mit wenigen ausdrucksstarken Worten die Handlung umreißt und gleichzeitig an die Großartigkeit des gezeigten Bildmaterials erinnert, um MindGamers den endgültigen Charakter eines Trailers zu verpassen. Die vor Pathos und Übertreibung triefende Bildinszenierung erinnert in besseren (aber nicht unbedingt guten) Momenten des Films an aufwändig verkitschte Musikvideos, kommt doch gerne mal ein elektronischer Bombast-Soundtrack dazu. Alles in allem wirkt MindGamers, als hätten die Bewegtbildformate Trailer und Musikvideo sich gepaart und ein aufmerksamkeitsheischendes, oberflächliches Kind namens Captain Obvious mit ADHS bekommen, das hier auf Spielfilmlänge um Anerkennung buhlt.

Regisseur und Drehbuchautor dieser ungewöhnlichen Vereinigung ist der Brite Andrew Goth, der in seinen wenig bekannten Filmen Everybody Loves Sunshine oder Gallowwalkers bereits Größen wie David Bowie oder Wesley Snipes versammeln konnte. Dennoch ist es ein Rätsel, warum bekannte Darsteller wie Tom Payne und Sam Neill in diesem schwer erträglichen Machwerk Rollen übernommen haben. Vielleicht ist die Erklärung recht einfach: „Money makes the world go round“. Denn Mindgamers ist eine Produktion der österreichischen Produktionsfirma Terra Mater, einer Tochterfirma der Red Bull GmbH.

Leider wurde aber anscheinend nicht viel Geld in das Drehbuch investiert. Obwohl die Grundidee des vernetzten Bewusstseins verschiedener Personen interessant ist und einiges Potenzial für spannende filmische Umsetzungen bietet, überträgt sich der Zauber so gut wie gar nicht. So präsentiert sich die Handlung nicht nur verworren und undurchsichtig, sondern auch in sich widersprüchlich. Fast schon magisch wirkende Vorgänge wie die Vernetzung mehrerer Gehirne wird lediglich mit großen, staunenden Augen und einem leise gehauchten „Quantenmechanik!“ kommentiert, als wäre damit alles zum Thema Wissenschaft gesagt. Wer sich, wie vermutlich die meisten Zuschauer, nicht mit Quantenmechanik auskennt, dem bleibt das gewünschte Heureka wohl verwehrt.

Das ungewöhnliche Ausweichen vor der tiefergehenden Auseinandersetzung mit dem eigenen Hauptanliegen wird in MindGamers mithilfe zahlreicher Klischees bewältigt, die das Ganze in Sachen Oberflächlichkeit auf ein ungeahntes Level heben. Nachdem zu Beginn mit einer Texttafel mit „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ ein so häufig zitiertes wie auch abgedroschenes Bibelzitat wiedergekäut wurde, hält die Religion, oder vielmehr das, was an Religion im plakativen Sinne cool und mystisch ist, Einzug in den Film. Nicht nur, dass Menschen in Kutten geheimnisvoll durch Gänge schleichen, sondern natürlich hat auch die Kirche bei den ethisch wenig vertretbaren Experimenten an Waisenkindern, die Professor Kreutz durchführt, die Hände im Spiel. Es folgen unerträglich pseudotiefschürfende Gespräche über Gott, den Gott in der Maschine und das alles beobachtende Bewusstsein, die leider nie einen wirklich interessanten Punkt erreichen.

Deutlich über der Grenze zur Lächerlichkeit liegen die Bösewichte des Films, allen voran Sam Neill als Professor Kreutz, der mit angeschmolzener Gesichtshälfte, Rollstuhl und bodenlanger Kutte wie eine Mischung aus durchgedrehtem Charles Xavier und Imperator aus Star Wars daherkommt. Ebenfalls frisch aus dem Imperium gesellt sich Kreutz’ Handlanger Mosca (Predag Bjelac) dazu, der streng gescheitelt und mit einschneidendem Kragen den ernsthaften Fiesling gibt.

Die wenigen erfreulichen Momente des Films sammeln sich im letzten Drittel und sind ausschließlich Eye Candy. Etwa 200 sehr hübsch choreografierte und in einem angenehmen Farbarrangement arrangierte Menschen im Gleichtakt der Gehirne geben einen kleinen Eindruck davon, welches Potenzial das Thema und die Ästhetik von Mindgamers gehabt hätten, wäre beides inspiriert inszeniert worden. Bis zum nächsten Versuch dieses Unterfangens kann sich der interessierte Zuschauer einfach Madonnas Musikvideo zu Frozen anschauen und dabei ein Buch über Quantenmechanik lesen – das hat nicht nur mehr Gehalt, sondern macht auch mehr Spaß als sich MindGamers anzusehen.

MindGamers

Deus ex Machina, der Gott aus der Maschine, ist ein Konstrukt aus der antiken Tragödie, das den schmerzgepeitschten Menschen aus seiner scheinbar ausweglosen Lage manövriert. Dieser Kniff ist so schön, dass sich die Idee der belebten, gottgleichen Maschine auch heute noch ungebrochener Beliebtheit in Film und Fernsehen erfreut. Schade nur, dass sich keine Göttlichkeit materialisiert hat, um „MindGamers“ für den Zuschauer erträglich zu machen.
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