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In ihrem Spielfilmdebüt vollzieht Molly Manning Walker die längst überfällige Dekonstruktion der Teenie-Sex-Komödie. „How to Have Sex“ überzeugt dabei mit der nötigen Sensibilität, die das schwierige Thema des Films auch dringend benötigt.

How to Have Sex (2023)

Eine Filmkritik von Moritz Henze-Jurisch

Das Ende der Unschuld

Sonne, Party und Sex: Mehr interessiert die Teenager Tara, Em und Skye während ihres ersten Mädelstrips nicht. Mit wilden Clubnächten, jeder Menge Drinks und heißen Partyspielen soll ihr gemeinsamer Sommerurlaub auf Kreta der beste ihres Lebens werden. Vor allem die 16-jährige Tara hat sich vorgenommen, die Zeit in vollen Zügen zu genießen. Sie ist als einzige der drei Freundinnen noch Jungfrau – und das möchte sie unbedingt noch in diesem Sommer ändern…

Molly Manning Walkers Spielfilmdebüt How to Have Sex wirkt wie eine längst überfällige Abrechnung mit dieser unangenehmen Genre-Trope. Figuren und Situationen sind vertraut, wirken aber ohne die Komödienbrille plötzlich bitter und unangenehm real. “It’s Partytime!” — denken sich zumindest die drei Freundinnen Tara (Mia McKenna-Bruce), Skye (Lara Peake) und Em (Eva Lewis). Nach dem Schulabschluss reist die Gruppe in die Stadt Malia auf Kreta, um sich dort hemmungslos dem Party- und Alkoholrausch hinzugeben. Tara hat zudem eine besondere Mission: Sie will zum ersten Mal Sex haben und versucht bei ihrem Vorhaben so gut wie möglich zu ignorieren, dass sie sich in ihrer Umgebung zunehmend unwohl fühlt.

Zynisch betrachtet müsste How to have Sex eigentlich „How to NOT have Sex” heißen. Denn ohne zu viel verraten zu wollen, erweist sich der lang ersehnte erste Sex für Tara als eine eher unangenehme Erfahrung, die ganz anders verläuft, als sie es sich eigentlich vorgestellt hatte. Als Zuschauer bleibt einem nichts anderes übrig, als sich an die vielen Geschichten aus der Jugend oder auch an die eigenen ersten Erfahrungen zu erinnern. Oft sind sich alle einig: Das „erste Mal“ ist selten schön.

Regisseurin und alleinige Drehbuchautorin Molly Manning Walker urteilt jedoch keineswegs über das Verhalten von Tara, sondern begegnet ihrer Hauptfigur mit viel Verständnis und einer bewundernswerten Sensibilität. Diese Feinfühligkeit im Umgang mit ihren hochkomplexen psychologischen Vorgängen ist die größte Stärke von How To Have Sex. Dieser ungeschönte Realitätsanspruch betrifft nicht nur die Figurenzeichnung, sondern auch die gesamte Ästhetik des Films.

Durch die unruhige Handkamera werden die ausgedehnten Partysequenzen mit einer unangenehmen Entrücktheit präsentiert, die in jedem Moment deutlich macht, dass man es hier nicht mit einem Project X (2012)-Epigonen zu tun hat, der den hemmungslosen Exzess zelebrieren will. Auch die Musik dominiert nur selten das Geschehen, sondern wird meist diegetisch als Teil der filmischen Welt über kleine Bluetooth-Lautsprecher eingespielt, was ihr natürlich jegliche Wucht nimmt.
How to have Sex hat es sich bewusst zur Aufgabe gemacht, die Partyszene von ihrer hässlichsten Seite zu zeigen. Folgerichtig scheut sich der Film auch nicht, die Grenze zwischen Spaß und sexuellem Missbrauch für die Zuschauerinnen und Zuschauer deutlich spürbar zu machen.

Trotzdem ist How to have Sex kein kalter oder zynischer Film geworden, denn er versteht es sehr gut, seinen Figuren die nötige Menschlichkeit zu verleihen, ohne in ein allzu plakatives Gut-Böse-Denken zu verfallen. Immer wieder gibt es Momente echter Wärme und Herzlichkeit, in denen die Schönheit des Miteinanders gefeiert wird. Nachdem der Song Strong von Romy und Fred Again mit den Zeilen „You don’t have to be so strong“ den Film sehr passend abschließt, wird wohl keinem Zuschauenden nach Feiern zumute sein. Aber vielleicht nach einer liebevollen Umarmung.

 

How to Have Sex (2023)

Das Drama stellt britische Jugendliche in den Mittelpunkt, die während eines gemeinsamen Club-Urlaubs in Spanien erste sexuelle Erfahrungen sammeln wollen.

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