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George A. Romeros „Die Nacht der lebenden Toten“ ist ein unsterbliches Meisterwerk, das Horror und Gesellschaftskritik in bahnbrechende Bilder verpackt.

Die Nacht der lebenden Toten (1968)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Horror mit politischer Schlagkraft

Die Figur des wiederbelebten Toten lässt sich im Kino bis in die Stummfilmzeit zurückverfolgen. Die klassische Variante des Zombies wurde durch Victor Halperins „The White Zombie“ (1932) geprägt. Das surrealistisch anmutende Schauermärchen spielte wie etliche Nachfolger mit Elementen des Schadenzaubers. Jacques Tourneurs atmosphärischer Klassiker „Ich folgte einem Zombie“ (1943), angesiedelt auf einer westindischen Insel, etablierte die Bildtradition des schwarzen Zombies und bediente sich diverser Voodoo-Klischees.

Es war schließlich das Low-Budget-Projekt Die Nacht der lebenden Toten aus dem Jahre 1968, das das Subgenre des Zombiefilms begründen sollte. Der 1940 in New York City geborene (und 2017 verstorbene) Regisseur George A. Romero realisierte sein Werk mit extrem geringen Kosten in Pittsburgh, überwiegend mit Lai:innen vor und hinter den Kulissen. Der Indie-Film ist ein Paradebeispiel dafür, wie mit minimalen Mitteln eine maximale Wirkung erzielt werden kann. Die grobkörnigen Schwarzweißaufnahmen, in denen Romero (der selbst die Kamera führte) das zunehmend grausame Geschehen einfängt, verleihen dem Ganzen etwas beinahe Dokumentarisches: Harter Horror trifft Cinéma vérité.

Das Fantastisch-Erschreckende, das dem Thema der Bedrohung durch Untote innewohnt, ist vom Real-Beklemmenden nicht mehr zu trennen – sowohl auf audiovisueller Ebene als auch innerhalb der Dramaturgie. Die Gefahr geht nicht von mythologischen Wesen aus, sondern von den Mitmenschen der Hauptfiguren – von Nachbar:innen und gar von geliebten Verwandten, die plötzlich zu Monstern werden. Als Ursache wird keine dunkle Magie ins Feld geführt; stattdessen ist von Strahlungen eines defekten Venus-Satelliten die Rede, der jüngst Verstorbene aus ihren Gräbern steigen und nach Menschenfleisch gieren lässt. Die Hölle, das sind die anderen – und geschaffen wurde sie von uns selbst. Ein rachsüchtiger Zauberer oder ähnliche Übersinnlichkeiten sind nicht mehr vonnöten, um ein absolutes Albtraumszenario zu erzeugen.

Für Spannung sorgen in Die Nacht der lebenden Toten unter anderem auch die Dynamik und die heftigen Konflikte zwischen den Figuren, die sich in einem alten Farmhaus verbarrikadieren und ums Überleben kämpfen müssen. Die junge Barbra (Judith O’Dea) gelangt dorthin, nachdem sie auf einem Friedhof von einem Mann attackiert wurde; ihr Bruder Johnny (Russell Streiner) wurde Opfer des Angriffs. Der energische Ben (Duane Jones) erweist sich als der einzig aktiv Handelnde der Gruppe, während der Farmer Harry (Karl Hardman) und dessen Gattin Helen (Marilyn Eastman) völlig passiv bleiben. 

Es sei ihm nie in den Sinn gekommen, dass er engagiert wurde, weil er Schwarz ist – sehr wohl in den Sinn gekommen sei ihm aber, dass die Tatsache, dass er Schwarz ist, dem Film eine andere historische Komponente gebe, meinte Ben-Darsteller Duane Jones (1937-1988). Und auch Romero äußerte in einem Interview mit dem Telegraph, dass das „racial statement“ gar nicht intendiert gewesen sei. Doch dass ein Schwarzer von einem Mob weißer Zombies gejagt wird und dass der Mann – Vorsicht, 54 Jahre alter Spoiler! – letztlich von der Polizei erschossen wird, verleiht dem Film aus dem geschichtsträchtigen Jahr 1968, in dem Martin Luther King Jr. bei einem Attentat getötet wurde, ganz klar eine politische Dimension.

Das Werk bricht Tabus, hinterfragt die westliche Gesellschaft und verstört nachhaltig mit einem Ende, das kaum Platz für Hoffnung lässt. Eine Dekade nach seiner Vision einer Zombie-Epidemie lieferte Romero mit Dawn of the Dead (auch bekannt als Zombie) eine Fortsetzung, die durch ihren Schauplatz einer verlassenen Shopping-Mall kluge Konsumkritik übt. Es folgten zahllose Neuinterpretationen und Nachahmer. Die Nacht der lebenden Toten, das Original, ist indes bis heute unvergesslich und hat nichts von seiner Wucht verloren.

Die Nacht der lebenden Toten (1968)

George A. Romero erschuf 1968 mit „Night of the Living Dead“ einen Meilenstein des amerikanischen Horror-Kinos. Bis heute gilt Romeros Debüt als die Mutter aller Zombie-Filme. „Sie kommen, um dich zu holen Barbyra!“, ruft Johnny seiner Schwester scherzhaft auf dem Friedhof zu. Sekunden später ist dies jedoch grausame Realität. Ein mysteriöser Fremder greift urplötzlich an. Ihr Bruder stürzt dabei im Kampf unglücklich und stirbt. Barbara kann in letzter Sekunde fliehen. In der idyllischen Kleinstadt sind alle tot, überall liegen Leichen. Sie verschanzt sich in einem Haus und trifft dort auf weitere Überlebende. Währenddessen sind die Leichen aus ihren Gräbern gekrochen, kratzen an der Tür und haben einen unbändigen Hunger auf Menschenfleisch.

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