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Während eines Roadtrips gerät eine angehende Filmstudentin mit ihrer chaotischen Familie in eine Roboterapokalypse. Eine launige Prämisse! Erwächst daraus aber auch ein durchgehend packendes Animationsabenteuer?

Die Mitchells gegen die Maschinen (2021)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Wie im Film

Eigentlich sollte der aus dem Hause Sony stammende Animationsstreifen Connected – Familie verbindet“ bereits 2020 in die Kinos kommen. Wie so viele Filme fiel er dann jedoch der Corona-Pandemie zum Opfer. Anfang 2021 wurde schließlich bekannt, dass Netflix die Rechte an der Komödie für angeblich mehr als 100 Millionen Dollar erworben und ihr den ursprünglich schon einmal verwendeten Titel Die Mitchells gegen die Maschinen“ verpasst hatte. Die Übernahme ist ein weiterer Beleg dafür, dass sich der Streaming-Big-Player noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung sieht. Auch im Animationsbereich scheint man gewillt, kräftig aufzurüsten, um im immer härter werdenden Wettstreit um die Gunst der Zuschauer*innen Schritt zu halten.

Der Einkauf der Sony-Arbeit könnte sich für Netflix durchaus lohnen. Denn auch wenn Die Mitchells gegen die Maschinen nicht frei von Schwächen ist, sorgt die schwungvolle, mit einigen herrlich skurrilen Ideen aufwartende Kreuzung aus Familienabenteuer, Coming-of-Age-Geschichte und Endzeitspektakel für kurzweilige Zerstreuung – was man gerade in fortdauernden Lockdown-Zeiten gut gebrauchen kann.

Dass wir es mit leicht schrägen, chaotischen Figuren zu tun bekommen, die sich unverhofft in einem Katastrophenszenario wiederfinden, eröffnet uns Katie Mitchell (Stimme im Original: Abbi Jacobson) schon in ihrem Voice-over-Kommentar zu einem Handlungsvorgriff in den ersten Minuten. Sie und ihre engsten Angehörigen seien denkbar ungeeignet, um mit einer Roboterapokalypse fertigzuwerden, behauptet die Heranwachsende, die ihren Vater Rick (Danny McBride) mit einem schreienden Affen in einem kurz eingeblendeten YouTube-Video vergleicht. Natürlich ahnt man bereits hier, dass der Film am Ende das Gegenteil beweisen wird.

Katie, so erzählt sie weiter, hat sich schon immer als Außenseiterin gefühlt und war mit ihrer unbändigen Filmleidenschaft meistens allein. Als sie eines Tages jedoch eine Zusage von einer Filmhochschule erhält, blickt sie voller Vorfreude einem neuen Lebensabschnitt entgegen. Endlich wird sie auf Gleichgesinnte treffen, die ihre Liebe für die bewegten Bilder verstehen. Und noch dazu kann sie dem alltäglichen Wahnsinn im Hause Mitchell nun den Rücken kehren. Als der naturverbundene, die Filmbegeisterung seiner Tochter nicht teilende Rick aus Versehen ihren Laptop schrottet, gibt es mal wieder einen Krach, den Papa an Katies Aufbruchstag mit einer Überraschung einfangen will. Kurzerhand hat er ihren Flug storniert und erklärt die Reise zum College zu einem Familien-Roadtrip.

Während die zerknirschte Katie mir ihrem Vater, ihrer Mutter Linda (Maya Rudolph) und ihrem kleinen Bruder Aaron (Michael Rianda) die Straßen unsicher macht, nimmt eine Produktpräsentation im Silicon Valley einen verheerenden Verlauf. Mark Bowman (Eric André), der Inhaber des Tech-Riesen PAL Labs, verliert die Kontrolle über seine neuen Schöpfungen, als persönliche Assistenten konzipierte Roboter – und nur wenig später hängt das Schicksal der Menschheit am seidenen Faden.

Der Inhaltsabriss lässt erahnen, dass Die Mitchells gegen die Maschinen den vorhandenen Filmfundus durchwühlt. Wie so viele andere jugendliche Hauptfiguren fühlt sich Katie nicht richtig verstanden, zu wenig respektiert und kann es daher gar nicht erwarten, ihr Elternhaus zu verlassen. Die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens und die familiäre Bindung trotz aller Meinungsverschiedenheiten arbeitet das Drehbuch vor allem anhand der Tochter-Vater-Beziehung heraus. Ihnen wird eine größere Entwicklung zugestanden. Linda und Aaron hingegen wirken eher wie Anhängsel. Bis zu einer recht willkürlichen Wandlung im letzten Drittel tut sich Katies Mutter in erster Linie als Stichwortgerberin hervor und verteilt – einem etwas klischeehaften Grundschullehrerinnenbild folgend – lobende Sticker.

In Film und Fernsehen vielfach erprobt ist freilich auch das Motiv der gegen den Menschen rebellierenden Technik. James Camerons Terminator und dessen Fortsetzungen sind neben dem neueren Science-Fiction-Thriller I Am Mother, auf den explizit verwiesen wird, einige der unübersehbaren Referenzpunkte. Überhaupt muss es nicht verwundern, dass sich immer wieder cineastische Anspielungen – unter anderem auf den Dystopie-Klassiker Mad Max und die Horrorparabel Zombie – finden. Immerhin ist Katie ein glühender Kinofan, der sich auf einmal in einer filmreifen Untergangslage beweisen muss.

Die Warnungen vor zu viel Technikhörigkeit und einer lückenlosen Vernetzung formulieren Michael Rianda und Ko-Regisseur Jeff Rowe, die ebenfalls das Skript verfassten, zum Teil unelegant deutlich aus. Hier und da schütteln sie diesbezüglich aber auch herrlich amüsante Einfälle aus dem Ärmel. Beispielsweise als die Mitchells in einem riesigen Einkaufszentrum von unterschiedlichsten, wie Horrorbösewichte inszenierten Haushaltsgeräten der Firma PAL Labs gejagt werden.

Visuell schießt der Film – das kann man nicht anders sagen – aus allen Rohren. Ständig ploppen im Bild bunte Motive wie Herzen oder Regenbogen auf. Wiederholt erscheinen ironische Texteinschübe. Und ein ums andere Mal wird die Handlung für witzige Standaufnahmen kurzzeitig eingefroren. Inspirationsquelle ist unverkennbar das im Zeitalter des Internets geborene Phänomen der Memes, knapper, zusammengebastelter, oft humoristischer Medieninhalte, die die Plattform Youtube regelrecht fluten. Diese Darstellung, die man in einem abendfüllenden Animationsstreifen nicht erwartet, hat etwas Amüsant-Verspieltes an sich. Auf Dauer lässt sich die Gefahr des optischen Overkills aber nicht bestreiten. Inhaltlich begründet ist der Look übrigens mit Katies Vorlieben. Sie selbst begeistert sich für Online-Videos, Gifs, etc. und erstellt andauernd eigene Werke dieser Art. Kein Wunder also, dass die von ihr als Erzählerin begleitete Geschichte entsprechend präsentiert wird.

Der Hang zur kuriosen Ausschmückung schlägt sich nicht zuletzt in den Wendungen des Plots nieder, der in der zweiten Hälfte mitunter zu sehr auf die „Alles ist möglich“-Karte setzt. Einigen Volten haftet ein doch arg beliebiger Charakter an. Rundum begeistern kann Die Mitchells gegen die Maschinen auch deshalb nicht, weil die familiären Konflikte stellenweise von krachenden Wir-müssen-die-Menschheit-retten-Sequenzen komplett in den Hintergrund gedrängt werden. Etwas weniger Action und Rabatz und ein etwas genauerer Blick auf das sich verändernde Tochter-Vater-Verhältnis hätten für noch größere emotionale Kraft gesorgt.

Die Mitchells gegen die Maschinen (2021)

Als die kreative Außenseiterin Katie Mitchell auf der Filmschule ihrer Träume angenommen wird, plant sie eigentlich, alleine dorthin zu fliegen. Doch dieser Plan wird von ihrem naturverbundenen Vater Rick auf den Kopf gestellt, denn der beschließt, dass die ganze Familie Katie zur neuen Schule fahren soll, um ein letztes Mal den Familienzusammenhalt zu spüren. Neben Katie und Rick kommen also noch Katies dauer-gutgelaunte Mutter Linda, ihr schräger kleiner Bruder Aaron und der entzückend-pummelige Familien-Mops Monchi auf den ultimativen Roadtrip mit. Die Pläne der Mitchells werden jedoch plötzlich durcheinandergewirbelt, als es einen unglaublichen Aufstand der Technik gibt: Überall auf der Welt beschließen die von den Menschen geliebten elektronischen Geräte – von Telefonen über Haushaltsgeräte bis hin zu einer neuartigen Produktlinie von persönlichen Robotern – dass es Zeit ist, die Macht zu übernehmen. Mit Hilfe von zwei freundlichen, fehlerhaft arbeitenden Robotern müssen die Mitchells ihre Probleme überwinden und zusammenarbeiten, um sich und die ganze Welt zu retten.

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