Log Line

Mit Witz, prächtigen Farben und einem feinen Gespür erzählt Pierre Renaud in seinem Film von einer Schicksalsgemeinschaft, die sich mit aller Kraft gegen das Unabwendbare stemmt. Und dabei erblühen nicht nur neue Allianzen, sondern auch ungeahnte Talente.

Der Rosengarten von Madame Vernet (2020)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ein schweres Erbe

Eve Vernet (Catherine Frôt) hat ein schweres Erben aufgeladen bekommen: Ihr Vater, der vor 15 Jahren verstarb, hat ihr eine Rosengärtnerei im malerischen Burgund hinterlassen, doch die Konkurrenz ist hart und das kleine Unternehmen steht kurz vor der endgültigen Pleite. Längst haben alle Arbeiter das Anwesen verlassen, weil sie nicht mehr bezahlt werden konnten, einzig die getreue Véra (Olivia Côte) ist der alleinstehenden Madame Vernet noch geblieben — und auch das nur, wie sich später herausstellt, weil sie es Eves Vater auf dem Totenbett versprochen hat.

Die einzige Hoffnung, die noch bleibt, ist, dass vielleicht eine spektakuläre Neuzüchtung eine Wende zum Guten einleiten könnte — schon einmal war dies Eve gelungen, doch diese goldenen Zeiten liegen ein Weilchen zurück. In ihrer Not und weil die Arbeit nicht mehr allein bewältigt werden kann, stellt Véra drei neue Mitarbeiter ein, die allesamt aus einem Resozialisierungsprogramm stammen: Nadège (Marie Petiot), Samir (Fatsah Bouyahmed) und Fred (Melan Omerta) haben keinerlei Erfahrung im Umgang mit dem empfindlichen Blumen, doch für sie ist es die einzige Chance, überhaupt wieder Fuß zu fassen im normalen Leben. Und so entsteht mit der Zeit eine Schickalsgemeinschaft zwischen einer, die sich verzweifelt gegen ihren Untergang wehrt und dreien, die sich unbedingt wieder aufrappeln wollen. Doch dafür muss ein Erfolg her. Und für den ist Eve bereit, Freds kriminelle Energien anzuzapfen. Denn eine seltene Rosensorte, die sie unbedingt für eine Neuzüchtung braucht, befindet sich bei ihrem schärfsten Konkurrenten Constantin Lamarzelle (Vincent Dedienne) unter Verschluss. Und der sieht, anders als sie, Rosen nur als ein Geschäft an.

Man könnte sich diesen Film gut im Stile einer Komödie wie Grasgeflüster oder anderen, ähnlich angelegten Geschichten denken. Doch Pierre Pinaud versteht sein Handwerk und schafft es, der eigentlich uralten Geschichte des Kampfes von David gegen Goliath neue Nuancen abzugewinnen. Und das zeigt sich vor allem auf der emotionalen Ebene dieses Films, der inszenatorisch wenige Risiken eingeht und der mitunter so ausgiebig in Landschaften und Detailaufnahmen der edlen Blumen schwelgt, dass man sich manchmal wünscht, das Geruchskino habe sich in der Vergangenheit nicht als Sackgasse erwiesen.

Mit der Zeit nämlich kristallisiert sich heraus, dass Madame Vernet und Fred einander spiegeln und dass das ihre Beziehung wesentlich bestimmt: Fred wurde einst von seinen Eltern vernachlässigt und verstoßen und geriet so auf die schiefe Bahn, während umgekehrt ihr Verhältnis zu ihrem Vater auch 15 Jahre nach dem Tod immer noch von einer so starken Bindung beherrscht wird, dass sie sich aus der Umklammerung und der daraus entwachsenden Verbindung kaum befreien kann. Zudem, so deutet es sich zumindest an — überhaupt lässt der Film erstaunlich nuanciert viel Platz für Andeutungen und buchstabiert nicht jede Emotion bis zum Ende aus — entwickelt sich mit der Zeit tatsächlich fast so etwas wie ein zwar distanziertes, aber dennoch aufrichtiges Mutter-Sohn-Verhältnis zwischen den beiden, schließlich füllen sie jede/r für sich beim jeweils anderen eine schmerzliche Lücke: Fred ist der Sohn, den Madame Vernet niemals hatte und erfährt bei ihr jene Wertschätzung, die er nie kannte. Am Ende trennen sich zwar ihre Wege wieder (oder vielleicht auch nicht), was aber bleibt, ist ein festes und stabiles Band und das Wissen, dass man jederzeit wieder zurückkehren kann.

Letztendlich erzählt der Film neben dem Hauptplot der wundersamen und verzwickten Rettung der Rosengärtnerei auch auf verschiedene Weisen davon, was wir auf den Weg des Lebens mitbekommen haben als Aufgabe, Erbe und auch Bürde — und wie wir uns davon befreien können: durch gegenseitige Unterstützung, Wertschatzung und die Förderung von Talenten, die wir so vielleicht gar nicht in unserem Gegenüber erkannt hätten.

Der Rosengarten von Madame Vernet (2020)

Eve führt eine traditionsreiche Gärtnerei im französischen Burgund. Ihr Vater, ein begnadeter Rosenmeister, hat sie von Kindheit an in die edle Kunst der Rosenzüchtung eingeführt. Sie ist eine wahre Blumenkönigin und seit dem Tod des Vaters herrscht sie allein über die blühenden Rosenfelder und das bis unter die Decke mit Duftproben angefüllte Landhaus. Doch schon acht Jahre ist es her, seit Eves Rosenschöpfungen aus Cremeweiß mit der begehrten „Goldenen Rose“ ausgezeichnet wurden und das Geschäft florierte. Nun ist die internationale Großzüchterei ihres Konkurrenten Constantin Lamarzelle der neue Stern am Rosenhimmel und Eves Blumenparadies von der Pleite bedroht. Unverhoffte Hilfe kommt ausgerechnet von drei durch ein Resozialisierungsprogramm neu eingestellte Mitarbeiter: Samir, Nadège und Fred. Sie haben zwar von Botanik keine Ahnung, kennen sich aber in Sachen Diebstahl und Einbruch bestens aus. Und so hecken sie einen Plan aus. 

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Martin Zopick · 23.08.2022

Renommierte Rosenzüchterin Madame Vernet (Caterine Frot) gerät in finanzielle Krise wegen erfolgloser Neuzüchtungen. Drei Arbeitslose, Fred, Nadège, sowie Samir sollen ihr helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Die drei Loser hatten mit Rosen noch nie etwas am Hut. So kommen sie auch nicht auf die Erfolgsspur.
Der Tonfall ist durchweg gereizt. Witz und Geist sind im Urlaub und haben die Komik gleich mitgenommen. Ein lieblos runtergekurbelter Streifen, den die unverwüstliche Catherine Frot über Wasser hält. Es droht eine feindliche Übernahme durch die Konkurrenz (Vincent Dedienne). Doch kurz zuvor rettet ein Lourdes–Effekt die Firma vor der Unselbständigkeit. Wer hätte das gedacht?! Nadège (Marie Petiot) findet nämlich zufällig eine neue Rosenkreuzung auf der Farm von Madame Vernet. Und die schlägt alles, was es auf dem Markt gibt, bei weitem. Und so hagelt es wieder Preise und die Welt ist in Ordnung. (F.F.E.) Vorhersehbares Ende.
Tränenreiches Auseinandergehen der Gruppe, obwohl es jetzt gar keinen Grund mehr dafür gibt. Fred (Melan Omerta) findet noch seine Eltern als zusätzlicher sozialer Nebeneffekt. Selbst für einen Sommerfilm zu wenig Sonne.

Felix Alt · 02.09.2021

Durchaus witzig, eine harmlose aber unterhaltsame Komödie mit tollen Bildern. Mit etwas Mühe kann man auch gesellschaftskritische Töne heraushören. Niemand erwartet hier Dramaturgie oder große Spannung!
#kinopremieren

Güru · 19.08.2021

Ein Film den die Welt nicht braucht.
Eine Aneinanderreihung von Klischees. Ohne Spannung Witz Dramaturgie. Zeitverschwendung.