Criminal Activities

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Eine Entführung außer Kontrolle

Allein John Travolta ist ein wichtiges Indiz für den Ton, den die Gangsterkomödie Criminal Activies anschlägt. Seit Pulp Fiction weist seine Beteiligung auf die Art „schwarzhumorige Gangsterkomödie“ hin, die man fast schon wieder tot geglaubt hat. Aber Criminal Activies knüpft offensiv an das bekannte Muster an, nach dem eine verbrechensunerfahrene Gruppe in Kontakt mit dem kriminellen Milieu gerät und sich dadurch allerhand blutige Szenen entwickeln.
Hier treffen sich der selbstverliebte Schnösel Zach (Michael Pitt), der bodenständige Arbeitertyp Warren (Christopher Abbott), der Spaßmacher Bryce (Rob Brown) und der wohlhabende, nerdige Außenseiter Noah (Dan Stevens) nach der Beerdigung eines gemeinsamen Schulkameraden in einer Kneipe. Sie tauschen alte und neue Geschichten aus, dann rauchen sie in einem Auto noch einen Joint zusammen. Bryce bringt das Gespräch auf eine einmalige Chance: Mit 200 000 Dollar könnten sie aufgrund eines Insider-Tipps an der Börse Gewinn machen. Alle sind scharf auf die Gelegenheit, Noah behauptet, er könne das nötige Startkapital besorgen. Aber dann zerplatzt der Traum vom Reichtum und die Männer erfahren, dass sich Noah das Geld bei dem örtlichen Gangsterboss Eddie (John Travolta) geliehen hat, der es innerhalb kürzester Zeit zurückhaben will. Als sie nicht zahlen können, bietet er ihnen eine andere Möglichkeit an: Sie sollen den Neffen eines Mafiabosses kidnappen, der wiederum Eddies Nichte entführt hat. Ein lebensgefährliches Unterfangen – aber das dilettantische Quartett hat keine andere Wahl. Also entführen sie in einer sehr lustigen Sequenz Marques (Edi Gathegi), der allerdings schnell erkennt, dass er es mit Amateuren zu tun hat – und beginnt, sie gegeneinander auszuspielen.

Allein schon durch die Handlung werden bei Criminal Activies Erinnerungen an bekannte Vorläufer der 1990er und 2000er Jahre wie Suicide Kings wach. Insgesamt lehnt sich der Film jedoch im Humor und der Erzählweise weniger an Pulp Fiction als an die Elmore-Leonard-Verfilmungen Get Shorty und Be cool an – natürlich beide mit John Travolta. Allerdings setzt Jackie Earle Haley in seinem Debüt als Regisseur nicht nur auf die vermeintlich ‚pulpige‘ Verbindung von Gewalt und lockeren Sprüchen, sondern er inszeniert den Film mit stilistischem Bewusstsein für das Genre, ohne in bloße Imitation zu verfallen. Vielmehr überdreht er immer wieder die bekannten Elemente und sorgt mit einer Nebengeschichte über ein Kindheitserlebnis eines der Handlanger von Eddie (von Haley selbst gespielt) für eine sehr amüsant-böse Zwischennote mit bissiger Pointe. Zudem bringt Dan Stevens eine womöglich weniger beabsichtigte Referenz: Er ist hierzulande als Matthew Crawley aus Downton Abbey bekannt und nun in einer ganz anderen Rolle zu sehen, die beweist, dass er mehr kann als das Herz einer spröden Engländerin zu gewinnen. Aus dem Ensemble ragt indes Edi Gathegi heraus, der als eloquenter Gangsterboss-Neffe allen anderen Anwesenden die Show stiehlt.

Deshalb ist dieser Film fraglos weitaus unterhaltsamer als viele Tarantino-Klone – zumal er die Situationen konsequent zu Ende denkt und mit einem finalen Twist aufwartet, der nicht unvorhersehbar, aber durchaus zufriedenstellend ist. Tatsächlich gibt es einen weiteren Hinweis, dass Crimial Activies nicht einfach ein weiterer Abklatsch von Tarantino ist: Angeblich stammt das Drehbuch von dem 1977 verstorbenen Dichter Robert Lowell und wurde von Regisseur Haley bearbeitet. Sollte das tatsächlich stimmen, wäre es über 15 Jahre vor Reservoir Dogs ein für die 1970er Jahre sehr progressives Drehbuch gewesen. Aus heutiger Sicht revolutioniert Criminal Activies das Genre der Gangsterkomödie nicht – ist aber allemal ein unterhaltsamer Film.

Criminal Activities

Allein John Travolta ist ein wichtiges Indiz für den Ton, den die Gangsterkomödie „Criminal Activies“ anschlägt. Seit „Pulp Fiction“ weist seine Beteiligung auf die Art „schwarzhumorige Gangsterkomödie“ hin, die man fast schon wieder tot geglaubt hat. Aber „Criminal Activies“ knüpft offensiv an das bekannte Muster an, nach dem eine verbrechensunerfahrene Gruppe in Kontakt mit dem kriminellen Milieu gerät und sich dadurch allerhand blutige Szenen entwickeln.
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