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 In seiner Buchverfilmung „Auf dem Weg“ zeigt Denis Imbert seinen Hauptdarsteller Jean Dujardin bei einer ambitionierten Wanderung durch Frankreich.

Auf dem Weg (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Bei sich ankommen

Wenn sich Figuren in Erzählungen auf Reisen begeben, ist bekanntermaßen der Weg das Ziel. Die Motivation ihres Unterwegsseins kann dabei variieren: Mal wollen sie ihrem alten Leben entfliehen, mal sind sie auf der Suche nach Antworten, nach einem Menschen aus ihrer Vergangenheit oder zumindest nach dessen Spuren. In Geschichten, die sich bei der Fortbewegungsmethode auf das Wandern konzentrieren, steht zumeist die Selbstreflexion und der besonnene Dialog mit der Natur im Mittelpunkt.

Dies ist auch bei Auf dem Weg der Fall. Der französische Regisseur und (Co-)Drehbuchautor Denis Imbert adaptiert hier den autobiografisch gefärbten Bestseller Auf versunkenen Wegen des Schriftstellers Sylvain Tesson. Geschildert wird darin, wie der Autor und Abenteurer Pierre (Jean Dujardin) Frankreich zu Fuß durchquert, indem er vom Süden in der Provence bis zur Küste der Normandie insgesamt 1300 km auf weitgehend verborgenen Pfaden zurücklegt.

Umso bemerkenswerter ist diese Tour, da Pierre erst kurz zuvor nach einem alkoholisierten Balkonsturz aus dem Koma erwacht ist und sehr schwere Verletzungen davongetragen hat. „Acht Meter reichten, um 50 Jahre zu altern“, meint der Protagonist an einer Stelle via Voice-over. Das Werk offenbart den tragischen Hintergrund der Figur in einer verschachtelten Narration. Die Bilder und Eindrücke der langen Wanderung wechseln sich ab mit Einblicken in die Zeit kurz vor und nach dem Unfall.

Die Kameraarbeit von Imbert und Magali Silvestre de Sacy erfasst die raue Schönheit der Landschaft, vermeidet indes eine Idealisierung. „Ich liebe die Natur, aber wollte auf keinen Fall einen Film drehen, der eine Postkartenidylle bedient und der wie ein Werbefilm für das Fremdenverkehrsamt von Larzac wirkt“, erklärt der Regisseur in einem Interview. Dies ist ihm gelungen – nicht zuletzt dadurch, dass er uns die Stille im Freien spüren lässt, statt mit allzu aufdringlicher Musik unnötigen Kitsch zu erzeugen. Die Montage hebt den Kontrast zwischen dem einstigen wilden und lauten Partyleben von Pierre und der ruhigen Natur, in der er sich nun bewegt, durch abrupte Szenenwechsel noch hervor.

Der Oscar-Preisträger Jean Dujardin (The Artist) lässt mit seiner verschlossenen Interpretation des Wanderers an einen klassischen Westernhelden wie John Wayne in Der Schwarze Falke (1956) denken. Als Pierre von einer Frau gefragt wird, ob er einen Schlafplatz suche, entgegnet er: „Ich muss weiter.“ Für jeweils einen Teil des Weges schließen sich etwa sein bester Freund Arnaud (Jonathan Zaccaï) und seine jüngere Schwester Céline (Izïa Higelin) an – doch in erster Linie wählt Pierre ganz bewusst die Einsamkeit, um sich intensiv mit seinen Gedanken auseinandersetzen zu können. Auf dem Weg wird dabei nicht zu einem belehrenden Film, der uns Erkenntnisse aufzuzwingen versucht, sondern zu einer bedachten Schilderung einer persönlichen Erfahrung.

Auf dem Weg (2023)

Nach einer wilden Party stürzt der Schriftsteller und Forscher Pierre (Jean Dujardin) mehrere Stockwerke in die Tiefe und fällt zunächst in ein tiefes Koma. Als er aus diesem erwacht, schwört er, Frankreich zu Fuß zu durchqueren. Es ist der Auftakt zu einer Reise, die ihn auch wieder zu sich selbst bringt.

 
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